Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
mehr. Abgesehen von dem vertrauten Zirpen der Grillen und dem schwachen Rauschen des Getreides in der Brise war das Feld ganz still. Wie zuvor sondierte Luke erst die Strecke, die vor ihm lag, bevor er sich wieder umdrehte.
Nichts.
Nur das Gelächter der Fey vor dem Haus.
Luke holte tief Luft und schlich weiter. Als er an dem Heuballen vorbeikam, musterte er ihn prüfend. Kein Halm war geknickt. Hätte sich ein Fey darin versteckt, wäre Luke bestimmt etwas aufgefallen.
Bis jetzt war alles in Ordnung.
Je näher er der Scheune kam, desto mehr verlor er die Fey vor dem Haus aus dem Blickfeld. Trotzdem hörte er sie noch lachen und reden. Anscheinend fühlten sie sich absolut sicher. Fledderer hatte erzählt, daß die meisten Fey während der Wache schwiegen, außer wenn sie völlig überzeugt waren, daß ihnen keine Gefahr drohte.
Luke grinste.
Die Fey hatten ja keine Ahnung.
Er erreichte den Rand des Feldes.
Die beiden Wachposten vor der Scheune dagegen unterhielten sich nicht. Sie standen mit straff aufrechten Körpern nebeneinander und starrten mit leerem Blick vor sich hin. Hätte Luke es nicht besser gewußt, hätte er gedacht, sie schliefen im Stehen.
Aber er wußte nicht, ob sie schwiegen, weil sie seine Anwesenheit bemerkt hatten, oder weil ihnen nichts anderes übrigblieb. Das Scheunentor war riesig, und sie hätten schreien müssen, um sich zu unterhalten.
Luke grinste wieder.
Fey waren nun einmal keine Bauern. Sonst hätten sie gewußt, daß es ein Dutzend Wege gab, heimlich eine Scheune zu betreten. Menschen und Tiere mußten dazu nicht unbedingt die Vordertür benutzen.
Luke schlich sich zur Seite des Gebäudes. Hier war das Holz in ausgesprochen gutem Zustand, und Luke biß sich nervös auf die Unterlippe. Er hoffte, daß Antoni die Scheune nicht etwa kürzlich instand gesetzt hatte. Dann mußte Luke sich ein anderes Schlupfloch suchen.
An der Rückwand der Scheune fand er endlich, was er suchte: ein verfaultes, schon zur Hälfte herausgebrochenes Brett. Luke fragte sich, ob ein Tier das getan hatte und wenn ja, welches. Diese Art von Scheune bot höchstens Füchsen oder noch kleineren Tieren Unterschlupf. Die Hühnerställe und Gärten befanden sich auf der anderen Seite des Hauses.
Pferde waren eigentlich zu groß, um das Interesse von Raubtieren zu erwecken.
Unter dem verfaulten Brett hatte jemand ein kleines Loch gebuddelt. Luke konnte sich nur seitlich hindurchzwängen. Er blickte sich ein letztes Mal nach allen Seiten um, und als er nichts Bedenkliches sah, schlüpfte er in das Loch.
Während er hineinglitt, nahm er einen schwachen Hundegeruch wahr. Fellbüschel hatten sich an dem Brett über ihm verfangen und kitzelten ihn an der Nase, als er sich darunter hindurchwand. Seine Schultern paßten problemlos in den Gang, aber während er weiterkroch, schlug sein Bein gegen die Holzwand der Scheune. Es war schwierig, sich zugleich abzustoßen und vorwärtszukriechen.
Endlich im Inneren der Scheune angelangt, setzte sich Luke einen Augenblick hin, um wieder zu Atem zu kommen. Es war stockfinster. Er mußte warten, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
In der Scheune roch es merkwürdig, anders als in den anderen Scheunen, die Luke kannte. Die meisten rochen nach Pferd, wenn der Bauer das Glück hatte, eines zu besitzen, nach Kühen, wenn er Viehzucht betrieb, oder nach Heu und Getreide, wenn er die Scheune als Lagerraum für die Ernte benutzte.
Auch im Inneren der Scheune fiel Luke wieder der schwache Hundegeruch auf, aber er wurde von dem dumpferen Geruch überlagert, der Luke an die ersten Tage der Fey-Invasion erinnerte.
Fäulnis.
Die Scheune roch nach verwesendem Fleisch.
Luke schauderte.
Langsam stand er auf und wünschte sich, besser sehen zu können. Sein Gehör schien noch feiner zu sein als sonst. Jetzt hörte er die Fey vor dem Haus nicht mehr reden, aber immer noch die Grillen und die anderen Geräusche im Feld. In der Scheune selbst war kein Laut zu vernehmen.
Luke spürte die Anwesenheit der Wachen am anderen Ende des Gebäudes.
Hoffentlich spürten nicht auch sie seine Anwesenheit.
Sein Kopf stieß gegen etwas Hartes, und plötzlich war die Scheune lichtdurchflutet. Ein scharfer Schmerz schoß ihm durch den Hinterkopf in die Schläfe. Er preßte eine Hand gegen den Schädel, während er sich taumelnd umdrehte.
In der Höhe seines Kopfes schaukelte eine Feylampe. Sie bestand aus einem Holzgerüst mit Glasscheiben und einem geflochtenen Aufhänger
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