Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
Ferne, als sähe sie dort ihr Schicksal.
Als sei es ihr Schicksal, sich für den Heiligen Herrn zu opfern.
Sie merkte nicht einmal, daß Denl Matthias hinter ihrem Rücken wegschleppte.
Als Denl sich mit seiner Last den Schwertern näherte, kam Tri zu ihm und faßte den Heiligen Herrn bei den Füßen.
»Wir müssen ihn hier wegbringen«, ächzte Denl.
Tri nickte. Jetzt, wo er mit anfaßte, war es plötzlich einfacher, den Heiligen Herrn zu tragen. Matthias’ Körper schwang hin und her, während sie dem Rand der Plattform zustrebten.
Jakib kam mühsam auf die Füße. Ein letztes Mal betrachtete er fassungslos die alte Frau, dann folgte er seinen Gefährten.
Die Augen des Heiligen Herrn waren immer noch verschleiert, die Abdrücke auf seinem Hals purpurrot. Er war übel zugerichtet.
Denl trat an den Rand des Plateaus und betrachtete prüfend den steil abfallenden Pfad. Den Heiligen Herrn auf diese Weise bergab zu tragen würde schwierig sein.
Vielleicht sogar unmöglich.
»Halt«, befahl Denl.
Niemand folgte ihnen. Die alte Frau stand immer noch auf derselben Stelle. Falls sich wirklich noch andere Fey in der Höhle befanden, wie der Heilige Herr vermutet hatte, waren sie jedenfalls nicht herausgekommen.
Denl reckte den Hals und musterte die Umgebung.
Niemand.
Außer einem verwirrt aussehenden Mann am Rand des ausgetretenen Pfades. Er war klein und blond und kam Denl entfernt bekannt vor. Er trug eine Frau über der Schulter. Eine große, schlanke Frau mit dunkler Haut und dunklem Haar.
Eine Fey.
Der Mann blickte zu der alten Frau hinüber und in die Luft hinter ihr, und sein Gesicht wurde kalkweiß, als sähe er ein Gespenst.
Dann wandte er langsam den Kopf, bis sein Blick auf den Heiligen Herrn fiel.
»Nein!« schrie der Mann so laut, daß es zwischen den Felswänden widerhallte.
In seinem Schrei lag so viel Qual, daß Denl erschrak.
Nein!
Der Mann hetzte über den flachen Felspfad, während die Arme der Frau heftig gegen seinen Rücken schlugen.
»Wir müssen uns beeilen«, warnte Denl.
Er würde sich den Heiligen Herrn über die Schulter legen, wie er es bei dem anderen Mann gesehen hatte.
»Gib her!« sagte er. »Ich trag ihn.«
Er drehte den Heiligen Herrn um und hievte ihn sich auf den Rücken. Matthias war schwerer und größer, als Denl erwartet hatte.
»So trag ich ihn das erste Stück. Danach müßt ihr zwei mir helfen«, verkündete Denl. »Tri, du gehst zuerst und guckst, ob die Luft rein ist.«
Der Heilige Herr bewegte sich schwach. Denl packte ihn fester mit einer Hand. »Du rührst dich nich«, sagte er leise. »Ich halt dich. Wir bringen dich hier raus.«
Der Heilige Herr erwiderte nichts, aber sein Körper entspannte sich wieder.
»Jakib«, befahl Denl. »Du gehst als letzter und paßt auf, daß uns niemand folgt.«
Jakib nickte, obwohl es ihn offenbar überraschte, daß Denl ihm Befehle erteilte. Keiner von Denis Gefährten schien sich über den Ernst der Lage im klaren zu sein.
Der Heilige Herr wäre beinahe gestorben.
Er war ihre letzte Verbindung zum Rocaanismus.
Er wußte viele Dinge, die kein anderer wußte. Das hatte er Marly selbst erklärt, und Denl hatte es gehört.
Außerdem war da noch der Vorfall von gestern abend, als der brennende Junge den Heiligen Herrn herausgefordert hatte, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Hätte der Heilige Herr schon da seine Fähigkeiten gekannt, wären sie vielleicht nie in dieses Schlamassel geraten.
Wenn Denl Matthias erst einmal nach Constantia in Sicherheit gebracht hatte, würde er mit ihm darüber reden.
Vielleicht konnte der Heilige Herr sie alle vor den Fey retten.
Auch wenn er eben an diesem mit religiösen Symbolen vollgestopften Ort fast gestorben wäre.
Irgend etwas hatte ihn beinahe umgebracht.
Waren die Fey daran schuld?
Aber warum hatte die alte Frau dann versucht, den Heiligen Herrn zu retten?
Warum hatte sie seinen Platz eingenommen?
»Schnell!« drängte jetzt auch Tri.
Denl holte tief Luft und trat den Abstieg an. Die Seite tat ihm weh. Für Fragen hatte er jetzt keine Zeit.
Das Leben des Heiligen Herrn lag in seiner Hand.
Er würde alles tun, um ihn zu retten.
34
Nicholas glaubte zu träumen. Eine Feyfrau stand im Eingang einer Höhle, die Hände um Matthias’ Kehle gepreßt.
Eine Fey, die aussah wie Arianna … wie Jewel … erwürgte Matthias.
Dann rannte die Schamanin so schnell über die Steinplatten, daß sie drei Nicholas unbekannte Inselbewohner umwarf, und riß
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