Fey 09: Die roten Klippen
uns vor herannahenden Inselbewohnern oder sonstigen Veränderungen, die sich plötzlich während des Kampfes abzeichnen. Die Tiere, die am Boden bleiben, bewachen Pässe und Straßen und hindern jeden daran, in das Gebiet einzudringen oder zu fliehen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
»Ja, Herrin!« brüllten die Truppen wie ein Mann zurück.
»Wer ist die Kommandantin dieser Truppe?«
»Du, Herrin!«
»Gut«, sagte Licia. »Nachdem das geklärt ist, will ich nur noch eines hinzufügen.«
Es handelte sich um das Wichtigste, das, was diese Truppen hier beinahe vergessen hätten. Licia würde dafür sorgen, daß es nicht noch ein zweites Mal geschah.
»Ihr seid Fey!« rief sie und fühlte die Kraft des Rufes in ihrer Kehle. »Was ihr auch seht, was ihr auch fühlt, was euch auch zustoßen mag, ihr werdet immer Fey sein. Wir sind Krieger. Wir kämpfen auf Leben und Tod. Auch dann, wenn wir uns mächtigeren Feinden gegenübersehen. Auch dann, wenn wir es mit Zauberkraft zu tun haben, die sich von der unseren unterscheidet.«
Sie musterte ihre Soldaten eindringlich, um sicherzugehen, daß ihre Worte nicht ungehört verhallten. »Sollte ich noch einmal einen Fey so reagieren sehen, wie ihr heute reagiert habt, dann werde ich diesen Fey mit eigenen Händen töten und dafür sorgen, daß er und seine Familie für alle Zeiten zu Versagern erklärt werden. Verstanden?«
»Jawohl, Herrin!« Die Kämpfer klangen unterwürfig.
»Ausgezeichnet!« brüllte Licia. »Und jetzt nehmt die Kampfaufstellung ein. Ich führe euch zum Hügelkamm. Von dort aus greifen wir die Stadt im Tal an. Rugad möchte die Blutklippen sichern und bis zum Einbruch der Nacht in Händen der Fey wissen. Ich beabsichtige, diesen Befehl auszuführen, koste es, was es wolle.«
Sie trat von ihrem Platz zurück und baute sich vor Ay’Le auf. »Du wirst mir nie mehr widersprechen und nie wieder ohne meine Erlaubnis das Wort an diese Truppe richten.«
»Du hast einen niedrigeren Rang als ich«, entgegnete Ay’Le.
»Nicht mehr«, gab Licia zurück. »Ich übernehme das Kommando, das dir im Namen des Imperiums der Fey übertragen wurde. Du hast dich selbst und dein Reich heute entehrt. Das kann ich nicht zulassen.«
»Du bist nichts als eine kleine Führerin der Infanterie«, sagte Ay’Le.
»Die nicht die Nerven verliert, wenn es um unbekannte Magie geht«, versetzte Licia. »Du bleibst hier und hältst den Mund. Solltest du auch nur den kleinsten Versuch unternehmen, die Kontrolle über die Truppen zu bekommen, mußt du sterben.«
»Warum bringst du mich nicht auf der Stelle um?« fragte Ay’Le.
»Vielleicht kann ich deine Beredsamkeit noch brauchen«, antwortete Licia. »Sie wird dich entweder retten oder umbringen. Es liegt ganz bei dir.«
»Willst du mich Rugad als Versagerin melden?«
»Nur, wenn du mir nicht zuhörst«, erwiderte Licia. »Wenn du mit mir zusammenarbeitest, könnte ich den Zwischenfall unter Umständen aus meinem Gedächtnis streichen.«
»Was ist mit den anderen?« Ay’Le nickte in Richtung Truppe.
»Die werden tun, was man ihnen befiehlt«, beschied Licia. »Wie steht es mit dir?«
Ay’Le sah sie einen Augenblick lang durchdringend an und nickte dann.
»Gut«, sagte Licia. Dann wandte sie Ay’Le den Rücken zu und bereitete sich für die Schlacht vor. Rugad wollte die Klippen bis heute abend in den Händen der Fey wissen, und Licia würde tun, was sie konnte, um dem Wunsch des Schwarzen Königs nachzukommen.
Sie war eine Fey, und die Fey waren allen anderen Völkern dieser Erde überlegen.
Das würde sie heute beweisen.
11
Rugad starrte, die Hände auf dem Rücken übereinandergelegt, auf das Feuer, das in einigen Meilen Entfernung immer noch unkontrolliert brannte. Die aufgeworfene Glasscheibe verzerrte die Sicht. Rugad hatte das Gefühl, als winkten ihm die Flammen zu, als loderten sie gerade so weit auf, um ihn sehen zu können.
Es würde so lange lodern, bis die gesamte Magie verbrannt war, und das würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Tage, vielleicht sogar Wochen, je nachdem, wieviel Beutel man dort gelagert hatte und wie frisch die konservierten Hautstreifen gewesen waren. Wollte man Schlüsse aus der Heftigkeit der ersten Woge ziehen, so mußten es viele Beutel mit vielen frischen Hautstreifen gewesen sein.
Rugad hoffte, daß das Feuer mittlerweile alle Beutel vernichtet hatte. Als kleiner Junge hatte er schon einmal das gleiche erlebt, und damals war ein zweiter Stapel
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