Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
Vom Netzwerk:
Menschen, und dann war da noch dieser eigenartige Wind.
    Licia fröstelte erneut und machte sich auf den Weg zu ihren Truppen.
    Der Grasteppich war dicht und von einem grünlichen Blau. Noch nie zuvor hatte sie solches Gras gesehen. Aber schließlich hatte sie auch noch nie rote Berge oder einen Fluß gesehen, der wie Blut aussah. Diese Gegend hatte wirklich etwas Besonderes.
    Licia überquerte tief in die Erde eingesunkene Felsbrocken und folgte den Windungen des Hügelkamms, bis sie die Straße erreicht hatte, die in das Tal führte. Bis jetzt hatten die Inselbewohner die Truppen der Fey noch nicht entdeckt. Darin lag immer die größte Gefahr für eine große Armee, die dadurch den Vorteil der Überraschung einbüßte.
    Noch bevor sie die Truppen sah, hörte Licia das leise Stimmengewirr und runzelte ob dieses undisziplinierten Verhaltens die Stirn. Die Soldaten hätten sich nicht unterhalten dürfen, sondern schweigend auf ihre Rückkehr warten müssen.
    Jetzt bog sie in die Talmulde ein. Oben auf den Hängen, die das Tal von allen Seiten umschlossen, standen Späher, während die Soldaten unten auf der kleinen Wiese warteten. Die Späher verhielten sich untadelig. Licia hatte die erstklassig ausgebildeten Leute selbst ausgewählt. Soweit sie erkennen konnte, waren es Fußsoldaten, kleinere Tierreiter und einige Befehlshaber, die sich aus der vorgeschriebenen Wartestellung gelöst hatten und sich ungeniert unterhielten. Die Infanterie stand in feierlicher Stille und beobachtete die anderen mit Gesichtern, in denen sich Sorge und Verachtung mischten. Licias Magen zog sich zusammen.
    An Disziplin hatte es den Fey noch nie gemangelt.
    Niemals.
    Sie eilte den Abhang hinunter und hielt Ausschau nach Ay’Le. Endlich entdeckte sie die Hexerin, die mit geschlossenen Augen an einem Felsen lehnte und die Hände gegen den Leib drückte.
    Licia marschierte direkt auf sie zu. »Bezeichnest du das als Truppenführung? Was ist los mit dir? Ich konnte unsere Leute schon vom Hügelkamm aus hören.«
    Ay’Le war nicht so groß wie Licia und wirkte durch ihre vornübergebeugte Haltung jetzt sogar noch kleiner. Ihr Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst, das Gesicht war aschfahl. Sie starrte Licia mit weit aufgerissenen Augen an. »Hast du es nicht gespürt?« hauchte sie. Dann blinzelte sie, als habe sich der Nebel in ihrem Kopf plötzlich gelichtet. »Nein, natürlich nicht. Du gehörst ja zur Infanterie.«
    »Was gespürt?« fragte Licia barsch, obwohl sie recht gut wußte, worüber Ay’Le sprach.
    »Die Woge, diese magische Welle. Sie war plötzlich da, und …«
    »Ich habe sie sehr wohl gespürt«, schnitt ihr Licia das Wort ab. »Ich bin eine Visionärin zweiten Ranges, falls du das vergessen haben solltest. Es war störend. Aber nicht mehr. Kein Grund für diese Disziplinlosigkeit.«
    Ay’Le machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand. »Es tat höllisch weh«, sagte sie. »Ich habe es im ganzen Körper gespürt.«
    Licia packte Ay’Les Hand und drückte sie auf dem Felsen so weit nach hinten, daß die Hexerin aufschrie. »Wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt, dann wirst du bald mehr Schmerzen haben als in deinem ganzen bisherigen Leben. Ich bin versucht, dich bei Rugad als Versagerin zu melden, aber das würde jetzt zuviel Zeit in Anspruch nehmen. Wir haben hier etwas zu erledigen.«
    Ay’Le schüttelte den Kopf. »Ich …«
    Licia drückte Ay’Les Hand noch weiter nach hinten. Die Unterlippe der anderen Frau zitterte. »Du reißt dich jetzt zusammen und bringst deine berühmten Hexenkünste zur Anwendung, um deine Truppen zur Ordnung zu rufen. Meine Infanterie steht tadellos.«
    »Deine Truppen besitzen keinerlei Magie«, entgegnete Ay’Le. »Das spüre ich. Ich weiß nicht, ob mir noch etwas von meinen Hexenkräften geblieben ist.«
    Licia ließ Ay’Les Arm los. Ay’Le schrie leise auf und drückte den Arm vorsichtig gegen den Unterleib. Sie stand reglos.
    Licia spuckte direkt neben Ay’Les Stiefeln auf den Boden. »Kein Wunder, daß Boteen deine Aufgabe übernommen hat. Du bist es nicht wert, eine Fey genannt zu werden.«
    Sie ließ Ay’Le bei dem Felsen stehen, umrundete ihn und stand den Truppen gegenüber.
    Noch niemals in all ihren Jahren als Befehlshaberin hatte sie ein so chaotisches Durcheinander gesehen. Es war, als stünde sie nicht den Truppen der Fey, sondern einer Armee von Inselbewohnern gegenüber. Der größte Teil der Fußsoldaten hatte die Hände unter die Achselhöhlen gesteckt, meist ein

Weitere Kostenlose Bücher