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Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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verflüchtigt, in dem er ihrer bedurft hätte.
    Hier oben spürte er die Höhle und die von ihr ausgehende Magie wesentlich deutlicher als auf der anderen Seite des Flusses. Sie rief ihn noch immer zu sich und vermittelte ihm das Gefühl einer Heimat, die er niemals gehabt hatte, ein Gefühl, gebraucht zu werden, das Gefühl einer Wichtigkeit, das, wie er wußte, nicht echt sein konnte.
    Er fragte sich, ob er es ebenso heftig empfunden hätte, wäre er nicht so schwach gewesen, aber er zweifelte daran, daß es einen großen Unterschied gemacht hätte.
    Threem blieb an einer besonders engen, von Felsbrocken und knorrigem Gestrüpp gesäumten Stelle stehen. »Hier muß ich dich leider bitten, kurz abzusteigen. Der Pfad geht hier in Stufen über, uralte, geborstene Stufen, und ich traue mich nicht, auf diese Weise weiterzuklettern.«
    »Hast du schon eine betreten?« fragte Boteen. Seine Stimme kam ihm selbst sehr matt vor.
    »Ja«, erwiderte Threem. »Irgendwie seltsam hier oben, was?«
    Boteen antwortete nicht. Er schwang sich von Threems Rücken, torkelte ein wenig und wäre beinahe gestürzt. Threem beobachtete ihn.
    »Du bist wohl noch nicht ganz auf der Höhe? Schaffst du die Stufen?«
    »Ja«, sagte Boteen. Es war egal, wie es ihm ging. Er mußte das hier sehen, mußte in Erfahrung bringen, ob sie tatsächlich das große Los gezogen hatten.
    Er hielt sich an einem Felsen fest, spürte seine Kälte unter den Fingern. Der Stein war rot, und dort, wo seine Finger ihn berührt hatten, wurde die Färbung intensiver. Boteen runzelte die Stirn. Er wußte etwas darüber, konnte sich jedoch an nichts Genaues erinnern. Sein Verstand war nicht so klar, wie er hätte sein sollen.
    Neben ihm verwandelte sich Threem in seine Fey-Gestalt. Das Pferd schrumpfte und ging in seinem Bauch auf. Die vier Beine verschwanden, an ihrer Stelle blieben nur noch zwei. Threem war nackt, schien es aber nicht zu bemerken. Boteen wußte nicht, wie die Tierreiter das machten, wie sie der Witterung und der gesellschaftlichen Ablehnung trotzten und einfach nackt blieben, ganz egal, was sie auch taten. Vielleicht kamen sie sich niemals nackt vor, so wie man Tiere in ihrer natürlichen Gestalt auch nicht als nackt empfindet.
    »Laß mich vorangehen«, schlug Threem vor.
    »Nein«, erwiderte Boteen. Er wollte nicht, daß Threem jemandem oder etwas dort oben einen Schrecken einjagte. »Ich bin noch nicht so recht im Lot, um da allein hinaufzugehen.«
    Threem verstand sofort, was er damit meinte, und nickte. Wenn Boteen ausrutschte, würde er ihn auffangen.
    Boteen machte sich an den Aufstieg. Threems Beschreibung der Stufen erwies sich als zutreffend. Sie waren sehr flach und überall gebrochen; für kleine Füße, Fey-Füße, einigermaßen zu bewältigen, aber unmöglich für ein Pferd, schon gar nicht für ein Pferd, das sozusagen zwei Reiter trug.
    Er brachte langsam eine Stufe nach der anderen hinter sich, benutzte Steine und Felswände als Handlauf und atmete gleichmäßig, um das Schwindelgefühl zu bekämpfen.
    Er verabscheute diese Schwäche und haßte die Tatsache, daß er seinen Körper nicht unter Kontrolle hatte. Er kam sich ungeschützt vor, ausgerechnet in einem der wichtigsten Augenblicke seines Lebens.
    Er näherte sich einem Ort der Macht.
    Oben angekommen, fand er sich auf einem kleinen Plateau wieder, das er zunächst für natürlich hielt. Erst nachdem er genauer hingesehen hatte, fiel ihm auf, daß hier Stein an Stein gefügt worden war, und zwar vor so langer Zeit, daß inzwischen die Steine selbst gebrochen waren. Ein Teil des Mörtels war zerfallen und hatte überall eine dünne Staubschicht hinterlassen.
    In diesem Staub zeichneten sich Fußspuren ab, und ein anderer Abschnitt der Fläche war saubergefegt worden.
    Erst vor kurzem mußten sich ziemlich viele Leute hier oben aufgehalten haben.
    Direkt vor sich erblickte Boteen einen Höhleneingang. Er war rund und natürlich und überhaupt nicht geheimnisvoll. Threem packte ihn am Arm, als bedürfte er einer Stütze, nicht Boteen. Auch der Pferdereiter starrte auf die Höhle.
    Was sie beide zurückhielt, war nicht die Höhle, auch nicht die von Menschenhand geschaffene Ebene, auf der sie standen – sondern die Schwerter.
    Inselschwerter, groß wie Bäume, ragten aus dem Fels heraus. Zwei von ihnen wiesen von der Decke mit den Spitzen nach unten. Zwei weitere steckten mit den Spitzen seitlich im Höhleneingang. Ihre Griffe schienen darauf zu warten, in die Hand genommen zu

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