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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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»Ah, wie befreiend!«
    »Wie lange warst du da drin?« erkundigte sich Nicholas.
    Der Mann senkte seine Arme wieder, als enttäusche ihn diese Frage. »Kam mir vor wie eine Ewigkeit.«
    »Wie hast du dann die Sprache gelernt?« fragte Adrian.
    Der Mann runzelte die Stirn, hob das Kinn ein wenig und fragte, an Nicholas gewandt: »Kannst du diesem Mann nicht den Mund verbieten?«
    »Er ist mein Freund«, antwortete Nicholas. »Und seine Frage ist berechtigt. Eben hast du noch in der Alten Inselsprache gesprochen. Jetzt sprichst du meine Sprache.«
    Der Mann seufzte und strich sich eine Strähne seines weißblonden Haars hinter das Ohr. »Schon wieder Fragen«, sagte er. »Na gut. Sprache ist überall. Hat man euch das nicht beigebracht? Sie ist eine unsichtbare Matrix, genauso wie die Macht an diesem Ort hier. Man kann sie einfach aus der Luft ziehen.«
    »Und so schnell lernen?« fragte Adrian ungläubig.
    Der Mann warf einen Blick über die Schulter. »Läßt du diesen Burschen für dich sprechen?«
    »Er spricht für sich selbst«, sagte Nicholas. »Aber ich teile seine Ansichten.«
    »Sie wird aufgesaugt«, fuhr der Mann fort. »So wie alles hier.«
    »Aufgesaugt?« wiederholte Nicholas fragend. Er hatte die Sprache noch nie als etwas betrachtet, das man aufsaugt. So betrachtet, saugten Kinder sie auf, nur lange nicht so schnell wie dieser Mann, dieses eigenartige Wesen.
    »Hier ist alles ganz anders«, sagte der Mann und seufzte erneut. Er befühlte seine Hände, seine Arme und sein Gesicht. »Das fühlt sich so gut an.«
    »Was bist du?« fragte Adrian.
    »Ist denn alles verloren?« fragte der Mann verärgert. »Wie kannst du nicht wissen, was und wer ich bin? Gerade du solltest mich erkennen.« Den letzten Satz hatte er wieder an Nicholas gerichtet.
    »Du scheinst mich mit jemandem zu verwechseln«, bremste ihn Nicholas.
    »Du bist Coulter«, sagte der Mann.
    Nicholas fuhr zusammen. Woher wußte dieser seltsame Mensch von Coulter? Wie konnte er ihn, Nicholas, für Coulter halten?
    »Nein«, sagte Nicholas. »Coulter ist draußen.«
    Die Augen des Mannes verengten sich. »Wenn du nicht Coulter bist, dann bist du Alexander.«
    Ein Schauer lief Nicholas über den Rücken. »Nein«, sagte er. »Ich bin Alexanders Sohn.«
    »Wohlan«, sagte der Mann. »Das ist die Erklärung. Also hat er die Ermahnung, daß es nicht klug ist, Kinder zu haben, doch nicht ernstgenommen.«
    »Ich glaube, ihr redet nicht vom selben Volk«, warf Adrian leise ein.
    Nicholas war der gleichen Ansicht. Er schluckte. »Ich bin Nicholas V., König der Blauen Insel, Sohn Alexanders XVI., Sohn von Dimitri, Sohn von Sebastian, Sohn von Konstantin XII.«
    Der Mann starrte ihn ehrfürchtig an. »Aber du bist aus Coulters Linie?«
    »Der Roca-Linie«, sagte Adrian.
    Der Mann schien sich selbst für einen Moment zu vergessen, blickte Adrian an und murmelte dann etwas in der Alten Inselsprache. Es endete mit dem Wort »Roca«, soviel konnte Nicholas verstehen.
    Der Mann faßt sich ungläubig an den Kopf. »Es kann doch nicht so viel Zeit vergangen sein.«
    »Wieviel Zeit?« fragte Nicholas.
    »Ich habe Coulter geholfen, diese Höhle zu finden. Wir haben sie hergerichtet. Das müßt ihr doch wissen!«
    Nicholas schüttelte den Kopf. »Von den meisten Dingen hier wissen wir nicht, was sie bedeuten. Wir wissen auch nicht, was du bist.«
    Der Mann lächelte, aber das Lächeln war traurig. »Ich bin eine alte Seele«, sagte er und verschwand.
    Nicholas griff nach ihm, aber seine Faust schloß sich im Nichts. Seine Finger glitten über die Glasscherben, die in seiner Handfläche steckten. Bis zu diesem Augenblick hatte er den Schmerz gar nicht gespürt.
    Leise fluchend hielt er die verletzte Hand behutsam mit der anderen vor die Brust. Adrian betastete vorsichtig sein Gesicht.
    »Das hätten wir verstehen müssen«, sagte er gedankenvoll.
    Nicholas nickte, aber er wollte sich noch nicht geschlagen geben. Er sah auf. »Komm zurück! Wir brauchen deine Hilfe.«
    Keine Antwort. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er hatte das Gefühl, als lausche jemand. Dieser Mann oder jemand anderes. War dieser Ort genauso voller Menschen wie voller Edelsteine? Menschen, die tot waren und doch wieder nicht, Menschen, die nach Belieben verschwinden konnten und sich trotzdem anfühlten, als wären sie am Leben?
    »Bitte«, flehte Nicholas.
    Adrian schüttelte den Kopf. »Er wird nicht zurückkommen«, sagte er und ging in die Hocke. Ein heilgebliebenes Stück des Glaskopfes,

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