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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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einer späteren Ernte und mit wesentlich weniger intensivem Geschmack.
    Er fragte sich, ob die Schale die Blätter brauchte, damit der Zauber wirkte. So, wie die Gefäße, die ohne Weihwasser nutzlos waren.
    Er stellte die Schale wieder ab. Dann seufzte er und ließ den Blick wieder über die Regale wandern. Die kleinen Fläschchen mit der rötlichen Flüssigkeit machten ihn nervös. Je näher er ihnen kam, desto mehr sahen sie wie Blut aus.
    Er fühlte sich noch nicht dazu bereit, die Juwelen zu berühren, deren Glanz noch nicht erloschen war. Es schien, als habe das Licht der Kugel sie für immer verschönert.
    Er ging weiter zurück, an den Wandteppichen vorbei. Hier war die Luft feuchter und kühler, fast wie in einer Höhle. In einer Ecke waren ein paar Puppen an die Wand gelehnt. Er bückte sich nach ihnen. Sie schienen aus Glas gefertigt zu sein, doch dieses Glas wies keinen Mangel auf wie das der Kugeln. Es war klar und vollendet geformt. Er konnte jedoch nicht sagen, ob die Figürchen Frauen oder Männer darstellten. Sie waren sehr klein, etwa eine Handspanne groß. Und sie paßten zu keinem religiösen Ritual, das er kannte.
    Er hob die nächstbeste Puppe auf und fragte sich, ob wohl ein Kind sie vor Jahrhunderten hier hatte liegenlassen. Urplötzlich bewegte sich die Puppe in seiner Hand. Sie blinzelte mit den Augen und lächelte ihn an.
    Überrascht ließ er sie fallen. Sie schrie auf, zumindest kam es ihm so vor. Blitzschnell reagierend fing er sie auf, bevor sie auf dem Steinboden aufschlug.
    Die Puppe wäre sonst zersprungen, und alles, was er durch sie hätte erfahren können, wäre verloren gewesen.
    Die winzige Hand der Figur umklammerte seinen kleinen Finger.
    Sein Mund war ganz trocken. »Was bist du?«
    Sie antwortete nicht. Aber ihr Mund, der noch einen Moment zuvor durchscheinendes Glas gewesen war, hatte nun die Farbe von hellem Gold, wie sonnengebräunte Haut. Ihre Lippen waren rosig, die Nase wohlgeformt und die Augen so blau wie seine eigenen. Sie hatte blondes Haar und runde Wangen.
    Der Mund bewegte sich. Sie sagte etwas, aber er hörte nichts.
    Jetzt erst bemerkte er, daß das, was er sah, dahinter lag, und nicht Teil des Glases selbst war. Es war in dem Glas gefangen, so wie die armen Seelen in den Fey-Lampen.
    Nur strahlte dieses Wesen kein Licht aus. Es strahlte gar nichts aus, schien jedoch zumindest ein Minimum an Kontrolle über sein Glasgefängnis zu haben.
    Adrian war leise hinter ihn getreten. Nicholas fühlte seine Anwesenheit eher, als daß er ihn hörte.
    »Was ist das?« fragte Adrian.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Nicholas. Es drehte sich in seiner Hand, um ihn anzusehen. Hörte ihn das Ding, obwohl er es nicht hören konnte?
    Auch das wußte er nicht.
    »Was bist du?« fragte er erneut.
    Es schaute ihn eine Weile feierlich an, ließ dann seinen kleinen Finger los und deutete auf die mit der roten Flüssigkeit gefüllten Fläschchen. Nicholas blickte Adrian an. »Bist du ein Teil davon?«
    Es schüttelte den Kopf und deutete weiter, als verstünden sie bloß nicht recht.
    Adrian ging auf die Fläschchen zu. Das Wesen in der Puppe nickte. Adrian faßte einen Krug so vorsichtig an, als befürchtete er, der Krug könne ihn beißen.
    Nichts geschah. Das Wesen beobachtete alles genau. Adrian hielt die kleine Flasche in der Hand und sah Nicholas an, der mit den Schultern zuckte. Das Wesen gestikulierte, er solle sie herüberbringen.
    Nicholas war nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Aber schließlich hatten er und Adrian darin übereingestimmt, alles zu versuchen.
    Adrian brachte das Fläschchen herbei. Es schien keine Verbindung zu der Glaspuppe in Nicholas’ Hand zu haben. Das Glas der Flasche war genau wie das der Kugeln unrein, dick, fast rauh. Das Fläschchen war mit einem Glasstöpsel verschlossen, um den jemand zusätzlich eine Wachsschicht angebracht hatte.
    Adrian schüttelte es. Die rote Flüssigkeit darin hatte einen schwarzen Satz, wie halb geronnenes Blut.
    Nicholas schluckte schwer. Er nahm Adrian die Flasche ab und erwartete irgendwie, daß sie in Licht explodierte, so wie zuvor die Kugel.
    Nichts geschah.
    Außer daß das Wesen in seiner Hand nach dem Fläschchen griff, das fast so groß war wie es selbst.
    Das Wesen stand auf Nicholas’ Handfläche. Die Glasfüße waren warm, aber ob es seine eigene Wärme war oder die dieser merkwürdigen Kreatur, vermochte er nicht zu sagen. Es stemmte sich zwischen Zeigefinger und Daumen gegen seine Faust, langte

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