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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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schluckte, und schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen.
    Adrian packte ihn an den Handgelenken, um ihn davon abzuhalten, noch mehr zu trinken, aber Nicholas hörte nicht auf. Er konnte es nicht mehr …
    Die schwarzen Flecken wurden größer, er ließ die Hände fallen. Er brauchte Luft. Er brauchte …
    Er griff nach Adrian, griff zu …
    Dann fühlte er, wie er wegglitt.

 
6
     
     
    Pausho hockte im Gewölbe mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Boden, den Kopf in die linke Hand gestützt. Sie fühlt sich nach den Ereignissen des Morgens immer noch ein wenig schwindlig. Obwohl sie nicht genau wußte, warum, spürte sie die Erschöpfung erst jetzt. Sie vermutete, daß es mit Matthias zu tun hatte.
    Und mit dem goldenen Glanz.
    Der ganze Raum erstrahlte. Matthias schien es nicht zu merken, obwohl das Strahlen, das vom Altar ausging, sogar noch zunahm. Er hielt ihn an beiden Seiten umklammert, außer wenn er die Hand hob, um eine Seite umzublättern.
    Matthias sah niedergeschlagen aus, obwohl er noch nichts gefunden haben konnte. Jedenfalls nichts, was diesen Gesichtsausdruck hätte rechtfertigen können – mit Ausnahme der Tatsache vielleicht, daß sie ihm die Wahrheit erzählt hatte. Sie hatte die Worte bewahrt. Die richtigen Worte.
    Sie ließ seufzend die Hand sinken, aber Matthias schien es nicht einmal zu bemerken. Er war völlig in die Worte versunken, die er mit sorgfältiger Betonung in der Alten Inselsprache rezitierte.
    Das Strahlen wurde immer intensiver.
    Sie hätte es gerne verflucht, aber sie hielt den Spruch, den sie hatte aufsagen wollen, zurück und schüttelte den Kopf. Sie hatte vollständig versagt, und mit ihr ihre ganze Sippe.
    Allein die Tatsache, daß Matthias noch am Leben war, bewies das.
    Tränen traten ihr in die Augen. Sie stand auf und tastete blind nach der Tür. Sie wollte nicht hier warten. Sie konnte es nicht, aber sie mußte. Es war ihre Pflicht.
    Matthias war keiner der Weisen, selbst wenn er Roca-Blut in sich hatte. Also konnte er nicht ohne Aufsicht hierbleiben.
    Bei allem anderen hatte sie versagt. Sich selbst gegenüber und auch ihrer ungetauften Tochter gegenüber. Dieses Mal durfte sie nicht auch noch scheitern.
    Sie holte ein Kissen von der Wand ganz hinten, legte es auf den Boden und ließ sich darauf nieder. Das goldene Licht war schier unerträglich. So etwas hatte sie weder gesehen, noch hatte sie erwartet, jemals so etwas zu sehen. Ja, sie hatte nicht einmal daran geglaubt, daß so etwas überhaupt möglich war.
    Sie lehnte den Kopf an die Wand und überlegte, was sie den anderen erzählen sollte. Sie fragte sich, ob man ihnen gestehen konnte, daß Generationen von Weisen versagt hatten. Waren auch sie schon, genau wie sie selbst, daran gescheitert, daß sie die Regeln nur ein bißchen zurechtgebogen und den Berg für sich hatten wählen lassen?
    Natürlich hatte der Berg gewählt. Er hatte einen der Seinen auserwählt, einen Nachkommen des Roca ausgesucht. Sie fragte sich, wie viele andere noch draußen waren, wie viele sie hatte leben lassen, weil ihnen der Berg, als sie noch Kinder gewesen waren, geholfen hatte zu überleben.
    Sie trug nichts von diesem Blut in sich, sonst hätte ihre eigene Tochter überlebt. Aber darüber durfte sie nicht nachdenken, nicht jetzt. Nicht so viele Jahrzehnte später, da sich ohnehin nichts mehr dran ändern ließ. Aber es brach ihr das Herz, genau wie damals.
    Ihr werdet mein Blut daran erkennen, daß, sobald seine Haut diese Schranke berührt, alle Dinge in ein goldenes Licht getaucht werden, das daraus hervorgeht.
    Erlaubt meinem Blut nicht zu leben.
    Die Weisen hatten seit der Wiederkehr des Roca mit dieser Ermahnung gelebt. Er hatte gesehen, was die Macht aus seinen Söhnen gemacht hatte, nachdem er jahrzehntelang weg gewesen war. Der älteste, Alexander, hatte die sanfteren Mächte benutzt, Überzeugungskraft und Wärme, eine Art Kameraderie, wo zuvor nichts dergleichen existiert hatte. Er war weiter auf diesem Pfad gewandelt, genauso wie seine Kinder und deren Kinder nach ihm.
    Man sagte, Nicholas sei der Charmanteste unter ihnen. Er eroberte die Herzen seiner Feinde im Sturm, ohne auch nur ein einziges Wort zu sprechen.
    Aber der jüngere Sohn des Roca, Matthias, hatte all das getan, was Alexander gemieden hatte. Er hatte jede Macht ausprobiert, weiterentwickelt und Wege gefunden, sie dauerhaft zu machen. Er hatte sie kodiert, ritualisiert und ihnen bei den Inselbewohnern Glaubhaftigkeit verschafft. Noch vor der

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