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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Wiederkehr des Roca war Matthias wahnsinnig geworden. Er war als Leitfigur der aufkeimenden Religion abgesetzt worden, ebenso wie seine Kinder, denn man nahm an, daß diese Form des Wahnsinns erblich sei.
    Auch der Roca war dieser Meinung gewesen. Nicht aufgrund der Abstammung, sondern wegen der Art, wie sie mit den Zauberkräften umgingen, die er in der Höhle entdeckt hatte. Zumal in Alexanders Familie nie jemand den Verstand verloren hatte, es in Matthias’ Familie hingegen nur allzu oft geschehen war.
    Ein Mann kann nicht die Macht Gottes innehaben, hatte der Roca geschrieben. Sie würde ihn unweigerlich vernichten.
    Und der Roca ordnete an, daß alle, die Spuren jener Macht aufwiesen, getötet werden sollten. Der Eingang zur Höhle des Roca wurde verschlossen, aber dabei blieb es nicht. Immer wieder suchten und fanden vom Forschungsdrang Beseelte die Höhle, und so war sie mehrfach geöffnet worden. Schließlich brachten die Weisen die Heiligen Schwerter zur Warnung an, und der Weg dahin ging verloren. Die meisten, die sie betreten hatten, waren nicht wiedergekommen, die anderen von den Weisen getötet worden.
    Die Weisen hatten den Auftrag, die Mächte, die der Roca auf der Insel freigesetzt hatte, zu vernichten. Sie befolgten seinen Plan. Eine Generation nach der anderen wurde beseitigt und dabei auch Unschuldige getötet.
    Wir sollten darauf hoffen, daß der Tag nie kommt, an dem meine Nachfahren, die Kinder meiner Kinder, Alexander und Matthias, wieder über diese Insel herrschen, hatte der Roca in den Ungeschriebenen Worten gesagt. Wir sollten darauf hoffen, daß wir, indem wir diesen Fluch jetzt beenden, unsere Heimat retten.
    Matthias hatte sich immer noch nicht von der Stelle gerührt. Pausho sah ihn an und schüttelte den Kopf. Hätte sie wissen müssen, daß sich die Worte des Roca bewahrheiteten, als Matthias dem Tabernakel vorstand und Alexander das Land regierte? Damals war es ihr unwahrscheinlich vorgekommen. Dem ersten Alexander waren fünfzehn dieses Namens gefolgt, und es hatte zahllose Nachfolger von Matthias gegeben, besonders im Tabernakel. Sie hatte nie daran geglaubt, daß die Nachkommen, von denen der Roca gesprochen hatte, so leicht zu erkennen waren, daß sie so sehr Teil der Gegenwart sein könnten.
    Und jetzt war es zu spät. Matthias war hier. Aber er herrschte nicht mehr. Jetzt herrschten die Fey, diese seltsamen, mordlüsternen Wesen, die heute morgen Constantia überfallen hatten, über die Insel. Die Nachkommen von Alexander, Nicholas und seine Kinder, waren entthront worden, und die Insel kannte keinen Frieden mehr.
    Der Augenblick, vor dem sie der Roca gewarnt hatte, war also bereits Vergangenheit.
    Und sie hatte es zugelassen.
    Sie stieß einen leisen Klagelaut aus und lehnte sich zurück.
    Jetzt stand ein Nachfahre des Roca im Gewölbe. An einem Ort, den der Roca einst für seine Söhne erbaut, ihnen dann aber auf alle Zeiten den Zutritt verboten hatte. Matthias erfuhr nun sämtliche Geheimnisse, all das, was den Inselbewohnern außerhalb der Blutklippen verlorengegangen war.
    Und sie ließ es zu, weil sie keine andere Wahl hatte. Genauso, wie sie keine Wahl gehabt hatte, als sie zulassen mußte, daß die Weisen ihre neugeborene Tochter auf den Berg trugen und sie dort nackt und schreiend in der Kälte zurückließen.
    Welcher gütige Gott ließ zu, daß eine Frau ein solches Leben führen mußte?
    Sie kannte die Antwort bereits. Sie war ihr schon unzählige Male aufgesagt worden, und sie war überall in den Schriften des Roca zu finden. Gott war nicht gütig. Nur das Wunschdenken der Menschen ließ ihn dazu werden.
    Gott war Gott, zugleich gut und böse, stark und schwach und mächtig. Mächtig war er immer.
    Und großzügig.
    Gewillt, seine Macht zu teilen.
    Mit jedem, der bereit war, den Preis dafür zu zahlen.

 
7
     
     
    Er roch die Rotkappe schon, bevor er sie sah.
    Rugad verharrte auf seinem Posten am Fenster, das von der Decke bis zum Boden reichte, und dachte über die Zusammensetzung und die Ursprünge der Magie der Inselbewohner nach, als ihn plötzlich dieser Geruch, diese bestimmte Mischung aus Zerfall und Verwesung überwältigte, welche die Rotkappen stets begleitete. Sie wuschen sich nur selten, weil sie anscheinend keinen Sinn darin sahen, und so war dieser Gestank eindeutig zuzuordnen.
    Rugad drehte sich um.
    Die Rotkappe stand mit der Wache an der Tür, die zur Großen Empfangshalle führte. Die Kappe war ein Mann in Rugads Alter, mit dreckverkrustetem

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