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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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stellte er fest, daß er sich geirrt hatte. Sie klang wie er, denn er selbst hatte genau dieses Argument gegenüber seinem Vater vorgebracht, als er sich dazu entschlossen hatte, Jewel zu heiraten. Auch das war nur ein halber Sieg gewesen, denn auf diese Weise hatten die Fey dauerhaften Zutritt zu der Insel erhalten. Es bedeutete zwar, daß sie nie wieder weggehen würden, doch sie hatten die Insel noch nicht endgültig erobert. Auch seine beiden wundervollen Kinder waren immerhin Teil dieses halben Sieges für ihn. Und jetzt, wo der Schwarze König den Großteil der Insel beherrschte, war er hier gelandet, in dieser Höhle.
    »Ein halber Sieg ist besser als gar keiner«, sagte er mehr zu sich selbst.
    »Es hat mit dem Brunnen zu tun, nicht wahr?« stellte Jewel fest. »Das ist mehr als nur heiliges Gift.«
    Er seufzte und wandte sich ihr zu. Er mußte sehr auf seine Worte achten, denn er wollte nicht, daß die anderen alles erfuhren.
    Gabe fing an zu übersetzen, aber Nicholas hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    »Diese Quelle hat besondere Fähigkeiten, oder?« fragte sie. »Sie kann große Macht verleihen.«
    Er antwortete immer noch nicht, denn er wußte nicht, wie.
    »Nicholas, wenn du etwas erfahren hast, das dir so viel Macht verleiht, wie du sagst, dann mußt du es nutzen.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Das hier ist ein Ort der Macht, und du hast herausgefunden, woher sie kommt, oder etwa nicht?«
    »Ich muß überhaupt nichts«, entgegnete Nicholas.
    »Willst du diesen Krieg nicht gewinnen?« fragte Jewel.
    Er nickte.
    »Dann mußt du auch um jeden Preis gewinnen wollen, sonst bringt dich mein Großvater um. Er sucht nach deiner schwächsten Stelle, um dich genau da anzugreifen.«
    Nicholas machte ein besorgtes Gesicht. »Ich dachte, wir hätten gerade darüber geredet, was es heißt, um jeden Preis zu gewinnen. Es ist keine akzeptable Lösung.«
    »Nicholas, Krieg ist Krieg. Du mußt jedes Mittel, das du hast, einsetzen, ganz besonders gegen die Fey. Du mußt das Risiko eingehen.«
    »Ich gehe das Risiko ja ein«, sagte er leise. »Gerade du solltest das begreifen.«
    Die anderen, die Jewel ja nicht hören konnten, wurden unruhig, denn Nicholas’ Worte verwirrten sie.
    »Nein, das tust du nicht«, widersprach sie ihm. »Das ganze Gerede über Herz und Geist und Mitleid und sich mit einem halben Sieg zufriedenzugeben ist falsch, Nicholas. Du mußt alles ins Feld führen oder du verlierst.«
    »Wenn ich alles ins Feld führe, verliere ich.«
    »Du hast unrecht.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das verstehst du nicht.«
    Gabe beobachtete sie genau mit seinen stechenden blauen Augen. Nicholas wünschte, der Junge hätte nichts davon mitbekommen.
    »Dann erkläre es mir«, forderte sie.
    »Das kann ich nicht.« Die Worte blieben ihm fast wie ein Kloß im Hals stecken. »Du bist eine Fey.«
    Jewel ging einen Schritt zurück. »Bis jetzt ist das noch nie ein Problem gewesen.«
    »Es ist schon immer etwas zwischen uns gewesen. Aber wir wurden noch nie auf die Probe gestellt.«
    »Nicholas«, beschwor sie ihn, »du riskierst alles, weil du die Möglichkeiten, die du hast, nicht ausschöpfst.«
    »Das stimmt«, sagte er. »Ich riskiere alles.«
    Sie holte tief Luft und setzte zum Sprechen an. Dann hielt sie jedoch inne, denn sie hatte einen merkwürdigen Unterton in seiner Stimme herausgehört.
    »Du hast doch gesagt, man kann keinen Sieg erringen, ohne ein großes Risiko einzugehen«, fuhr er fort.
    »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Doch, das hast du«, entgegnete er. »Wir haben nur ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein Risiko ist.«
    Sie schüttelte den Kopf und seufzte. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Nicholas, wenn du große Macht hast, dann mußt du sie auch nutzen!«
    »Würdest du es denn tun?« fragte er.
    »Ja«, antwortete sie.
    »Würde dein Großvater das auch tun?«
    Sie hielt inne, weil sie merkte, daß er sie in eine Falle gelockt hatte.
    »Er weiß, daß es hier einen Ort der Macht gibt, nicht wahr?« fragte Nicholas.
    »Wenn er es noch nicht weiß, dann wird er es bald erfahren«, antwortete sie.
    »Und wenn er einen solchen Ort in seinem Besitz hätte, dann würde er nicht zögern, alle seine Möglichkeiten auszunutzen.«
    »Nicholas, es ist genauso, als hättest du einen Bogen und keine Pfeile. Ohne diese Möglichkeiten ist so ein Ort völlig nutzlos.«
    »Alle Möglichkeiten«, sagte er.
    Sie starrte ihn verständnislos an.
    »Nicht war?«

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