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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Nicholas herab, als hätten sie ihn noch nie zuvor gesehen. Leen beobachtete die Szene von den Stufen aus, wie ein Verbindungsstück von der Gruppe hier auf dem Boden zu Fledderer, der vermutlich draußen Wache stand.
    Als Nicholas den Mund öffnete, um etwas zu sagen, spürte er, wie ihm das ganze Wasser, das er getrunken hatte, hochkam. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich zur Seite drehen. Es schoß so schnell aus ihm hervor, daß es in einem Schwall gegen den Sockel des Brunnens klatschte. Noch bevor er sich von dem Schrecken erholt hatte und sprechen konnte, war das Wasser im Felsen versickert.
    Es sah fast so aus, als hätte es das Wasser nie gegeben.
    Sie hatten ihm nicht nur die Macht des Wassers verweigert, sondern auch dessen Stärkung.
    Er ließ sich wieder auf den Rücken fallen und wischte sich mit dem Handrücken der heilen Hand über den Mund. Er hatte keinen schlechten Geschmack im Mund, ganz im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten, bei denen er sich hatte übergeben müssen. Auf seiner Zunge war überhaupt kein Geschmack.
    Man hätte beinahe glauben können, es sei überhaupt nichts geschehen, wäre er nicht ohnmächtig gewesen, dann wieder aufgewacht, und hätte er nicht eben das viele Wasser ausgespien.
    Coulter hatte die Hände von Nicholas’ Schultern heruntergenommen.
    »Geht es dir gut, Papa?« fragte Arianna leise.
    Er nickte. Sein Hals schmerzte furchtbar, aber immerhin war ihm dieses Gefühl wenigstens noch vertraut. Er ließ sich beim Aufsetzen helfen und legte dann den Kopf auf die Knie, um gegen den Schwindel anzukämpfen. Länger als eigentlich nötig blieb er so sitzen.
    Er mußte nachdenken. Er wollte jetzt nicht noch mehr Fragen beantworten müssen, als er sich ohnehin schon selbst stellte.
    Der Brunnen verlieh einem Fey-Kräfte, die Nicholas’ Familie zwar besessen, aber nie genutzt hatte. Genau wie die Familie des zweiten Sohnes, die dem Wahnsinn verfallen war. Was war geschehen, als das Wasser sie durchdrungen hatte? Waren sie plötzlich alle so wie Coulter geworden?
    War das vielleicht eine Möglichkeit für ihn, den Kampf gegen die Fey aufzunehmen?
    Sollte er Leen trinken lassen? Und Fledderer, dessen Wunsch, Zauberkraft zu besitzen, damit endlich in Erfüllung gehen konnte? Und Adrian? Sollte er zulassen, daß Coulter seine Kräfte vermehrte, selbst wenn es ihn womöglich umbrachte?
    Oder sollte er ihnen gar nichts davon sagen?
    Hatte er überhaupt das Recht, diese Entscheidung zu treffen, oder nur sie selbst?
    Er preßte die Knie gegen die Wangen, und der Druck verhalf ihm wieder zu vollem Bewußtsein. Er konnte seine Gedanken ordnen, und das gab ihm die Zuversicht, daß er die Klarheit, die er brauchte, auch finden würde.
    Wenn er sie trinken ließ, dann mußte er auch zulassen, daß sie die Kräfte einsetzten. Und wenn sie diese Kräfte einsetzten, würden sie letztendlich auch den Verstand verlieren.
    Seltsam, daß er noch nicht einmal erwogen hatte, seine Kinder trinken zu lassen. Er wußte, daß die Wesen, die er gesehen hatte, die Kräfte, die Vorfahren, die Rechte Hand Gottes, ohnehin eine Entscheidung treffen würden. Sie würden entscheiden, ob sie bereits bestehende Kräfte vermehrten oder nicht. Bestehende Kräfte, die anscheinend im Gegensatz zu seinen eigenen auch genutzt wurden.
    Deswegen hatte das Wasser ihn verlassen. Weil irgend etwas darin Menschen verändern konnte. Und die Verwandlung geschah nicht in dieser Generation selbst, sondern in einer der nachfolgenden.
    Vor Jahrhunderten war das mit den Fey geschehen. Alle ihre Völker hatten das Wasser freudig empfangen, aber sie hatten auf verschiedene Art von ihren Kräften Gebrauch gemacht. War das der Grund für ihre Rücksichtslosigkeit und Gefühlskälte? Für ihre wahnsinnige Kriegslust und das Verlangen, die Welt um jeden Preis zu erobern?
    Sogar Jewel war so gewesen. Selbst an dem Tag, an dem sie gestorben war, war Nicholas nicht sicher gewesen, ob sie ihn für einen Fey-Sieg verraten hätte. Sie hatten darüber gesprochen, kurz bevor sie die Krönungshalle betreten hatten.
    Das Allerseltsamste daran war, daß er wußte, daß sie ihn liebte.
    »Nicholas.« Jewel war jetzt neben ihm. Er spürte ihre Anwesenheit, die sanfte, unverkennbare Berührung auf seinem Rücken. Er spürte die Wärme, die von ihr ausging. Etwas an diesem Ort hatte sie zu ihm zurückgebracht. Etwas an diesem Ort hatte sein ganzes Leben verändert.
    »Nicholas.« In ihrer Stimme lag Besorgnis.
    »Papa?«
    Er wollte sich nicht

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