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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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des Höhleneingangs zwischen den Felsen. Sie untersuchte die Edelsteine. Sie war hochgewachsen, schlank und hielt sich wie eine Soldatin, keineswegs wie eine Rotkappe. Außerdem war sie noch jung.
    Wahrscheinlich eine Infanteristin.
    Sie betrachtete die Schwertgriffe, betastete die Edelsteine, an die sie herankam, und ging dann über das Plateau bis zu dessen Rand.
    Sie war eine von den Versagern.
    Er fragte sich, weshalb sie das Flügelschlagen der Falkenreiter nicht wahrnahm und auch die ungewöhnlichen Bewegungen nicht, die sie machten. Glücklicherweise fiel ihr riesiger Schatten westlich von ihr auf den Hang, aber früher oder später mußte sie ihn entdecken.
    Sie spähte über den Rand.
    Sie beobachtete die Truppen.
    Aus dieser Höhe verfügte Nicholas über einen wunderbaren Vorteil. Er konnte alles sehen, was sich auf ihn zubewegte, egal aus welcher Richtung. Es war eine hervorragende Verteidigungsstellung und, in den richtigen Händen, auch die perfekte Ausgangsposition für einen Angriff. Säße Rugad umzingelt dort oben, er wäre in der Lage, diese Stellung jahrelang zu halten und sie vielleicht sogar auszubauen.
    Nicholas war kein so guter Krieger wie er, konnte es unmöglich sein. Ihm fehlten Übung und Erfahrung. Andernfalls würde seine Versagerin nicht nur nach unten, sondern auch nach oben schauen.
    Rugad zerrte an den Seilen. Er befand sich momentan selbst nicht in der besten Position. Liebend gerne hätte er den Tragesitz dazu benutzt, sich den Ort der Macht noch näher anzusehen, aber dieses Risiko wagte er nicht einzugehen. Er benötigte seine ganze Kraft, um Krieg gegen Nicholas zu führen. Die Schlacht um die Stadt konnte er getrost Kendrad und Licia überlassen.
    Rugad würde die Höhle einnehmen.
    Während ihn die Falkenreiter wieder höher trugen, wurde er sich dessen bewußt, daß seine kleine Reise ihm zwar einige Antworten beschert, aber auch neue Fragen aufgeworfen hatte.
    Warum hatte der junge Gabe ein Schattenland errichtet? Hatten sie nicht vor, am Ort der Macht zu bleiben? Die Versagerin schien keine Angst vor dem Höhleneingang gehabt zu haben. Wenn sich Rugad nicht sehr täuschte, war sie sogar aus der Höhle gekommen.
    Worin bestand also der Nutzen eines Schattenlandes? Zur Verteidigung? Als Täuschung? Zum Schutz?
    Wogegen?
    Gegen ihn?
    Durch die Errichtung eines Schattenlandes lockte man die Fey am leichtesten auf die eigene Fährte. Und das hier war das erste, das der junge Gabe auf seiner Reise geschaffen hatte.
    Das konnte kein Zufall sein.
    Rugad würde seinen Leuten sagen, sie sollten das Schattenland im Auge behalten, es aber nicht angreifen. Sie mußten bei ihrem Angriff auf den Ort der Macht umsichtig vorgehen. Sie durften keine Fey töten – zumindest keine Fey, die unter Umständen mit ihm verwandt waren. Sie durften sich lediglich um die Inselbewohner kümmern.
    Die Falkenreiter schwenkten nach Süden, über den Cardidas und in das Tal hinein, in dem sich seine Fey-Armeen zum Kampf rüsteten. Als die Falken drehten, warf Rugad noch einen letzten Blick auf Ort der Macht zurück, und mit einem Mal stieg ein eigenartiger Gedanke in ihm auf.
    Die Fey besaßen einen Ort der Macht.
    Die Inselbewohner besaßen einen Ort der Macht.
    Beide verfügten über magische Fähigkeiten, die offensichtlich von diesen Orten herrührten.
    Die Fey hatten ein Verbot, dem zufolge sich nicht Blut gegen Blut richten durfte.
    Die Inselbewohner auch?
    War dieses Verbot so universell wie der Erwerb magischer Fähigkeiten? Scheuten die Inselbewohner deshalb vor dem Kampf zurück, war bei ihnen deshalb Krieg so gut wie unmöglich? War das der Grund dafür, daß sich dieses Volk seiner Religion und ihren strengen Traditionen unterwarf?
    Hatten sie, ebenso wie die Fey, in ihrer Vergangenheit die furchtbare Macht des Blutes erfahren?
    Und wenn ja – erinnerten sie sich noch daran?

 
21
     
     
    Arianna stand am Höhleneingang und sah zu, wie Leen die Juwelen begutachtete, bevor sie zum Rand des Plateaus ging, um von dort aus die Truppenbewegungen zu verfolgen. Es gab viel zu tun, wie ihr Vater nicht müde wurde zu sagen, aber er war nicht bereit, Arianna etwas davon tun zu lassen. Auch Gabe erlaubte er das nicht.
    Sie kam sich vor wie ein Preis, um den die Leute kämpften, ein Objekt, das dem Sieger als Gewinn winkte.
    Sie wurde immer unruhiger, und daß ihr das durchaus bewußt war, ärgerte sie um so mehr. Die Worte ihrer Mutter erwiesen sich als wahr. Sie hatte gesagt, am schlimmsten würde

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