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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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folgte ihnen nach oben. Ihre Enden waren um die Klauen von fünfundzwanzig Falkenreitern geschlungen. Die Reiter flogen auf die Blutklippen zu, offensichtlich ohne die Strömungen rings um sie herum wahrzunehmen. Rugad fühlte die Magie fast so deutlich, als sei er in einen Fluß getaucht worden, dessen Sog ihn überwältigen würde, wenn er nicht dagegen ankämpfte.
    Noch nie zuvor hatte er etwas Derartiges empfunden, obwohl sein Vater ihm einst ein ähnliches Erlebnis geschildert hatte – damals in den Eccrasischen Bergen.
    Wider seinen Willen verspürte er eine gewisse Erregung. Ein Ort der Macht. Der zweite Ort der Macht. Sobald er ihm gehörte, konnte er in aller Ruhe nach dem dritten suchen. Dann war er in der Lage, das magische Dreieck zu errichten, und damit würde ihm die gesammelte Macht, die geballte Magie dieser Welt unterstehen.
    Er lächelte und verstärkte seinen Griff um die Seile.
    Die Falkenreiter trugen ihn hoch über dem Cardidas dahin. Hier, so weit im Osten, hatte der Fluß die Farbe der Berge angenommen. Von Rugads Warte aus sah es aus, als flögen er und seine Falkenreiter über einem Fluß aus Blut.
    Die Vorstellung faszinierte ihn. Er hatte schon so manchen Fluß aus Blut gesehen, aus echtem Blut, das auf dem Schlachtfeld geflossen war. Aber noch nie hatte er so einen Fluß gesehen, so rot, daß er rosafarben schäumte.
    Sein Blick wanderte zu den Blutklippen. Obwohl ihn die Falkenreiter in so großer Höhe über dem Talboden transportierten, daß ihn die Inselbewohner nicht sehen und somit nicht versuchen konnten, mit ihren Pfeilen zu töten, erhoben sich die Berge noch weitaus höher. Ihre Gipfel bohrten sich hoch über ihm in den Himmel. Hier oben war die Luft kalt, kälter, als er erwartet hatte. Zum Glück hatte er die gleiche Kleidung angelegt wie damals, als er von seinem Schiff aus über die Schneeberge im Süden geflogen worden war. Jedes Kleidungsstück, vom Mantel bis zu den Stiefeln, war mit Domestikenzauber gegen Nässe und Kälte belegt.
    Die frostige Luft machte ihm nichts aus, aber er sorgte sich um seine Falkenreiter. Er hatte darauf bestanden, daß die kleinen Fey auf den Rücken der Falken Kleidung trugen, und sie hatten sich bitter darüber beschwert. Die ganze Angelegenheit hatte ihren Aufbruch verzögert, denn die Kleider konnten erst angezogen werden, nachdem sich die Reiter in ihre Falkengestalt verwandelt hatten, aber Rugad wollte nicht, daß auch nur einer von ihnen Erfrierungen erlitt. Im Gegensatz zu dem Flug über die Schneeberge, einem einfachen Flug zu einem vorher ausgekundschafteten Landeplatz, könnte diese Reise weitaus längere Zeit in Anspruch nehmen. Er wollte das gesamte Gelände rings um den Ort der Macht erkunden.
    Er wollte wissen, was Nicholas vorhatte und über welche Ressourcen er, abgesehen vom Ort der Macht selbst, verfügte – falls ihm überhaupt welche zur Verfügung standen.
    Kendrad hatte vorgeschlagen, Rugad solle geflügelte Kundschafter in das Gebiet schicken und auf ihre Berichte warten. Ihrer Meinung nach war das unauffälliger und ungefährlicher; nicht nur für ihn, sondern für das gesamte Heer. Er hatte ihr geduldig zugehört, sich sodann umgedreht und Befehl gegeben, ihm die Falkenreiter und seinen Transportsitz zu bringen.
    Kendrad, die ihn schon lange kannte, hatte nur gelächelt.
    Sie wußte, daß er seine Entscheidungen immer nach seinem Instinkt traf, und sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, ihm gegenüber nicht auf ihrer Meinung zu beharren.
    Licia hingegen hatte erschrocken ausgesehen, als er verkündet hatte, er wolle das Gelände rings um den Berg selbst erkunden. Sie hatte den Mund geöffnet – zweifellos, um eine Gegenmeinung zu äußern –, ihn dann jedoch rasch wieder zugeklappt, als hätte sie sich dazu entschlossen, ihre Meinung doch lieber für sich zu behalten. Sie war noch nicht an ihn gewöhnt.
    Bei dem Gedanken an sie mußte er lächeln. Sie hatte das Zeug zu einer großen Anführerin. Besonders imponierte ihm die Art und Weise, auf die sie sich ihrer Widersacherin Ay’Le entledigt hatte. Inzwischen hatte er die Geschichte schon mehrere Male gehört, einmal von ihr und wiederholt von den Tierreitern.
    Sie wußte, wie man Befehle erteilte.
    Möglicherweise war sie mit einer größeren Fähigkeit für Visionen gesegnet, als sie sich selbst zuschrieb. Die Visionen stellten sich immer erst mit dem Alter ein. Die ihren hatten vielleicht unbedeutend begonnen, aber sie konnten noch wesentlich stärker werden.

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