Fia die Betoerende
Sie sich da sicher sein?“ fragte Tunbridge, und seine weit aufgerissenen Augen in dem ausgezehrten Gesicht waren kein schöner Anblick.
„Sie nehmen doch nicht allen Ernstes an, dass ich mich für meine Informationen allein auf Ihre Berichte verlasse, oder?“ Er wartete eine Antwort nicht ab. „Ich habe die Angelegenheit näher untersucht. Fia hat beinahe eintausend Pfund in verschiedene Unternehmungen investiert seit Bartons Ankunft in London. Außerdem, wenn sie eine Affäre hätten, würde Fia schwerlich ihre Bereitwilligkeit, sich mit ihnen einzulassen, allen Männern in der ganzen Stadt unter die Nase reiben, nicht wahr?“
Tunbridges Züge erstarrten. Der Narr hatte immer noch Gefühle für Fia, auch wenn an seiner Miene deutlich abzulesen war, dass sie nicht länger romantischer Natur waren. „Sie vielleicht schon.“
„Vielleicht schon, wenn Sie ihr Geliebter wären, Tunbridge“, räumte Carr trocken ein. „Ich bezweifle dennoch, dass sie mit einem Mann wie Barton versuchen würde, derart Schindluder zu treiben.“ Und unvernünftig wäre es obendrein, wenn Fia sich ein für alle Mal gesellschaftlich unmöglich machen würde.
Carr überlegte weiter. Er war Fia früher am Abend begegnet, auf der Terrasse. Es hatte ihn überrascht, zu entdecken, dass die Lippen unterhalb der Silbermaske bebten und ihre Schultern und ihr Hals mit Zornesröte überzogen waren. Seine Tochter, deren Gesichtsausdruck gewöhnlich ähnlich leicht zu lesen war wie der chinesischer Schauspieler, sah aus, als schnaubte sie vor Wut.
Ein paar Minuten später hatte Thomas Donne mit verschlossener Miene den Rasen auf der Rückseite des Gebäudes überquert. Hatte der hoch gewachsene Schotte seiner kleinen Fia eine Abfuhr erteilt? Oh wenn er doch nur da gewesen wäre, das mit anzusehen!
Carr schaute auf und bemerkte, dass sich Tunbridges erbärmliche Gestalt immer noch neben ihm befand. „Und?“ fuhr er ihn verärgert an. Kriecher waren gut und schön, keine Frage, aber jemanden wie Tunbridge aufs Glatteis zu führen verlor irgendwann seinen Reiz. „Sie haben gesagt, was Sie zu sagen hatten. Wenn Sie keine weiteren Informationen von zweckdienlicher Natur für mich haben, dürfen Sie sich entfernen.“
Tunbridge machte eine knappe Verbeugung und ging fort. Carr, dessen ganze Aufmerksamkeit schon wieder seinem Spiegelbild galt, runzelte die Stirn. „Tunbridge!“ rief er.
Der hagere Mann blieb auf der Türschwelle stehen. „Ja, Mylord?“
„Sie glauben doch auch nicht, dass das Rosa ein Fehler war, oder?“
Auf der dem anderen abgewandten Seite ballte Tunbridge seine Hand zur Faust. „Nein, Mylord. Die Farbe schmeichelt Ihnen.“
Carr nickte ungeduldig und nahm das Kompliment wie eine nicht weiter erwähnenswerte Selbstverständlichkeit entgegen. „Das dachte ich ursprünglich auch. Aber jetzt gehen Sie. Ich will nicht, dass die Leute mich dabei ertappen, wie ich mit jemandem wie Ihnen Umgang pflege.“
Ohne darauf etwas zu erwidern, schritt Tunbridge davon und überließ den Earl wieder der Betrachtung seines Spiegelbildes.
Vielleicht war es an der Zeit, zu den Festlichkeiten zurückzukehren. Da waren immer noch genug Menschen zu treffen, Geheimnisse zu erlauschen, Informationen zu sammeln. Carr setzte ein charmantes Lächeln auf, zog sein spitzenbesetztes rosa Kostüm zurecht, ließ seinen Fächer aus Straußenfedern aufschnappen und stolzierte aus dem Raum.
7. KAPITEL
Thomas trat in das grelle Sonnenlicht des frühen Nachmittags hinaus und schlug sich mit den Papieren, die er in der Hand hielt, gegen das Bein. Um seinen Mund lagen immer noch die grimmigen Falten, die sich während seiner Unterhaltung mit Sir Ffolkes, einem der Seniorpartner der Lloyd's Insurance Company, dort eingegraben hatten. Er hatte den Mann vor zwei Tagen beim Verlassen des Maskenballes der Portmanns getroffen. Sir Ffolkes hatte die Gelegenheit genutzt und Thomas zu einem „informellen Gespräch“ in sein Büro gebeten. Seine Neugierde war durch Sir Ffolkes ernste Miene geweckt worden - er kannte den Mann nur oberflächlich, hatte ihn aber stets als anständig und ausgeglichen eingeschätzt - und so war er der Bitte nachgekommen.
Die Informationen, die er in der letzten halben Stunde erhalten hatte, waren die Mühe wert gewesen. Es hatte ihn erzürnt, dass die Gerüchte um James Barton so weit gedrungen waren und so ernst genommen wurden. Thomas hatte Sir Ffolkes beteuert, dass Barton sich nicht des Versicherungsbetruges schuldig
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