Fia die Betoerende
missratenen Sohn und wandte sich wieder der Betrachtung seines Spiegelbildes zu. Da war auch noch die ärgerliche Tatsache, dass es ein paar andere Leute gab, die das gleiche Kostüm wie er gewählt hatten. Und dabei war er sich ganz sicher gewesen, dass dieses Kostüm einmalig war. Genau genommen war er sich immer noch ganz sicher, dass es das ursprünglich auch gewesen war, und wenn er später in sein Stadthaus zurückkehrte, würde er eine kleine Unterhaltung mit seinem derzeitigen Kammerdiener führen müssen, darüber, wie unerlässlich Diskretion für seine Diener war. Hoffentlich würde der Bursche das überleben, um daraus zu lernen. Neue Kammerdiener abzurichten war eine so überaus ermüdende Aufgabe.
„Lord Carr.“ Ein anderes Gesicht gesellte sich zu dem seinen im Spiegel. Ein ausgezehrter Spanier mit einem albernen, unechten Ziegenbart und einem völlig abscheulichen schwarzen Samtwams war neben ihn getreten.
„Was ist, Tunbridge?“
„Sie ist hier.“
Das wusste er bereits. „Finden Sie, dass mein Teint ungleichmäßig aussieht, oder liegt das nur an diesen billigen Kerzen, die Portmann benutzt?“
Tunbridge wurde rot, und Carr lächelte. Wie Tunbridge seine Stellung als Speichellecker verabscheute. Der arme Narr konnte einem fast Leid tun, denn auch wenn er begriffen haben musste, dass je mehr sein Hass auf ihn wuchs, es ihm desto größeren Spaß bereitete, ihn zu quälen, so konnte er seinen Abscheu dennoch nicht verhehlen.
„Nun? Eine ehrliche Antwort. Sie wissen doch, wie sehr ich auf Ihre Ehrlichkeit angewiesen bin“, schnurrte Carr.
„Die Kerzen, Sir. Zweifelsohne.“
„Hm. Wie ich es mir dachte.“ Carr drehte sich um und fixierte sein Opfer, nachdem er sich mit einem raschen Blick überzeugt hatte, dass sie allein waren. „Was haben Sie über Barton und seine Beziehung zu meiner Tochter in Erfahrung gebracht?“
„Der Mann hat bei seinen letzten zwei Fahrten Pech gehabt, beide Schiffe gelten als verschollen. Eine Schweizer Gesellschaft hatte das erste versichert. Bislang ist es mir nicht möglich gewesen, herauszufinden, ob er die Versicherungsleistung eingefordert hat. Das zweite Schiff war hier in London versichert, und da hat Barton eindeutig seinen Schaden ersetzt bekommen. Er hat ein neues Schiff gekauft und wirft mit Geld um sich. Das meiste gibt er für Lady Fia | aus.“
Carrs Mund verzog sich zu einem zärtlichen Lächeln. „Wie geschäftstüchtig von ihr, aber leider auch so sinnlos. “ „Sir?“
„Himmel, es ist augenscheinlich, nicht wahr?“ Offensichtlich nicht. Was für ein Einfaltspinsel Tunbridge doch war! Er stand da und runzelte verwirrt die Stirn. „Sie haben eine Affäre, und sie nimmt, was sie kriegen kann?“ „Nein, nein. Sie müssen denken, Mann- Was wissen Sie von Fia? Und ich meine jetzt nicht, dass Sie einst die Vermessenheit besaßen zu glauben, sie würde je eine Heirat mit Ihnen in Erwägung ziehen oder besser gesagt, ich hätte dem je zugestimmt.“
Tunbridge antwortete nicht. Sein Gesicht. . . nun, das hatte eindeutig einen fleckigen Teint. Carr betrachtete wieder sein eigenes Spiegelbild, aber als er Tunbridges vor Verblüffung erschlaffte Gesichtszüge neben seinem eigenen königlichen Antlitz entdeckte, seufzte er und wandte sich resigniert der Aufgabe zu, einmal mehr einem geringeren Geist zu erläutern, was völlig sonnenklar war.
„Sie sind kein Liebespaar. Sie sind Geschäftspartner.“
„ Geschäftspartner? “
„Ja, Sie Dummkopf. Oh, er macht ihr den Hof, keine Frage, aber Fia ist schließlich meine Tochter. Würde sie sich damit zufrieden geben, an einem reich gedeckten Tisch zu sitzen und auf die Knochen zu warten, die dieser . . . dieser Kolonist ihr zuwirft, wenn sie die ganze Festtafel haben könnte?“ Bei der Vorstellung schnaubte er abfällig. „Wohl kaum.“ „Aber“, begann Tunbridge zu stammeln, „wenn sie seine Geschäftspartnerin ist, warum überschüttet er sie dann mit all diesen Geschenken?“
Carr starrte Tunbridge ungläubig an. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er das erklären musste. Als Tunbridge seine Stirn angestrengt und dennoch vergeblich in Falten legte, gab er auf. „Sie nimmt seine Geschenke entgegen, während sie zur gleichen Zeit ihren Anteil der Versicherungssumme einstreicht. Auf diese Weise erhält sie mehr als die Hälfte, die ihr zustünde.“ In seinen Augen stand echte Zuneigung. „Sie ist ein gerissenes kleines Biest, was?“ „Woher wissen Sie das? Wie können
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