Fiasko
technologischen Basis, einer Art Explosion, unbeabsichtigten Klimastörungen bei der Beförderung des Wassers in den Kosmos oder einem zivilisatorischen Chaos mit unbekannten Ursachen. In keiner dieser Hypothesen ließen sich alle beobachteten Phänomene so unterbringen, daß sie ein geschlossenes Ganzes bildeten. Daher gab der von Ter Horab vor dem Abstieg in den Hades abgesetzte Funkspruch den Kundschaftern die Vollmacht, völlig selbständig zu handeln und — falls sie es für richtig hielten — sämtliche festgelegten Programmvarianten außer Kraft zu setzen.
VII
Auf Fang
Im Aphel der Zeta, weit von den größten Planeten entfernt, führte Steergard das Raumschiff auf eine elliptische Bahn, damit die Astrophysiker erste Beobachtungen der Quinta anstellen konnten. Wie immer in solchen Systemen, trieben durch den Raum die Überreste alter Kometen, die bei vielen Durchgängen durch die Sonnennähe ihre Gasschweife verloren hatten sowie zerrissen und zu Blöcken erstarrt waren. Unter diesen verstreuten Brocken von Gestein und verdichtetem Staub bemerkte GOD in 4000 Kilometern Entfernung ein Objekt, das einem Meteor ganz unähnlich war. Im Radar zeigte es eine metallische Reflexion.
Für einen Magnetitbrocken mit hohem Eisengehalt hatte es eine zu regelmäßige Form. Es erinnerte an einen Falter mit kurzem, dickem Hinterleib und Stummelflügeln. Vier Grad wärmer als vereistes Gestein, rotierte es nicht um sich selbst, wie es sich für einen Meteor oder das Bruchstück eines Kometenkerns gehört hätte, sondern zog ohne Spur eines Antriebs gleichmäßig seine Bahn. GOD betrachtete es in allen Spektralbereichen, bis er die Ursache dieser Stabilität entdeckte: einen schwachen Argonausstoß, einen spärlichen und daher kaum sichtbaren Strahl. Es konnte sich um eine Sonde oder ein kleines Raumschiff handeln.
„Diesen Falter fangen wir uns“, entschied Steergard. Der HERMES ging auf Verfolgungskurs und setzte, dem Gejagten auf eine knappe Meile nahe gekommen, eine Rakete mit Greifern aus. Über dem Rücken des sonderbaren Falters öffnete das Fanggerät die Klauen und schlug sie ihm in die Seiten. Wehrlos wie in einem Schraubstock, schien sich das Gebilde ergeben zu haben, aber nach einem Augenblick stieg seine Temperatur an, und der nach hinten ausströmende Gasstrahl wurde dichter.
Der Monitor, der bisher die Übereinstimmung des Fangprogramms mit dessen tatsächlichem Verlauf angezeigt hatte, sprühte Fragezeichen.
„Die Energieabsorber einschalten?“ fragte GOD. „Nein“, wehrte Steergard ab. Er sah auf das Bolometer. Der Fang erhitzte sich weiter. Dreihundert, vierhundert, fünfhundert Grad Kelvin. Der Schub hingegen nahm nur unbedeutend zu. Die Temperaturkurve zuckte und knickte um. Der Gefangene erkaltete.
„Was für ein Antrieb?“ fragte der Kommandant. Er bekam keine Antwort, alle im Steuerraum Anwesenden wandten den Blick vom Bildempfänger auf die seitlichen Monitore, die andere Emissionen als Eicht anzeigten. Es flimmerte nur der bolometrische. „Radioaktivität Null?“
„Jawohl“, bestätigte GOD dem Kommandanten. „Das Ausströmen läßt nach. Was machen wir?“
„Nichts. Warten.“ Sie flogen lange.
„Nehmen wir das an Bord?“ fragte schließlich El Salam. „Vielleicht sollte es erst durchstrahlt werden?“
„Schade um die Mühe. Er ist fertig — der Schub ist runter, und erkaltet ist er auch. GOD, zeig ihn mal aus der Nähe.“
Durch das Elektronenauge eines Greifers sahen sie eine schwarze Kruste, von ungezählten angefressenen Stellen übersät wie mit Pocken. „Entern?“ fragte GOD.
„Noch nicht. Gib ihm mal ein paar Schläge. Aber mit Maßen.“
Zwischen den langarmigen Zangen schob sich eine dicke, vorn abgerundete Stange hervor und stieß methodisch gegen den Rumpf. Schuppig löste sich die Asche.
„Er kann einen Zünder haben, der nicht auf Stoß reagiert“, meinte Polassar. „Ich würde ihn doch durchstrahlen…“
„Gut.“ Steergard erklärte sich unerwartet einverstanden. „GOD, spinographiere ihn.“
Zwei spindelförmige Sonden schössen aus dem Bug auf den Falter zu, um ihn m ihre Mitte zu nehmen. In die oberen Monitore im Steuerraum kam Leben, sie zeigten verschlungene Streifen, Bänder und Schatten. Gleichzeitig leuchteten an den Bildschirmrändern die Symbole der Elemente auf: Kohlenstoff, Wasserstoff, Silizium, Mangan, Chrom… Als diese Reihen
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