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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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ihn in ihr Büro.
    „Nehmen Sie Platz, Herr Wenz!“ Mit einer einladenden Geste zeigt sie auf den Stuhl vor ihrem Computer. Er kommt ihrer Bitte nach, setzt sich und fragt: „Und was nun? Soll ich die Augen schließen?“ Tatjana lacht erneut auf: „Im Gegenteil, ganz weit aufreißen!“ Dann setzt sie sich auf seinen Schoß, greift nach der Maus und öffnet den Ordner mit den Bildern. Mit ein paar Klicks zaubert sie eine Diashow auf den Bildschirm. Während ein Bild nach dem anderen auf dem Monitor erscheint, versucht sie das Geschehene in Worte zu fassen und Jochen erhält eine wirre Zusammenfassung der Ereignisse. Tatjana plappert aufgeregt, ihr Blick klebt am Bildschirm. Erst als ihre Ausführungen beendet sind, sieht sie auf, erwartet eine Reaktion von ihm. Doch Jochen bleibt stumm und sein Gesichtsausdruck ist komisch. Traurig und verzweifelt, von Freude keine Spur. Schließlich öffnet er doch noch den Mund und heraus kommt nur eine einzige Frage: „Sind da Bilder drauf, die nach ihrem Verschwinden gemacht wurden?“
    Nach ihrem Verschwinden … Jochen bringt es nicht mal fertig, Lauras Namen auszusprechen. Als Tatjana verneint, schiebt er sie wortlos von seinem Schoß und steht auf. Seine Augen füllen sich mit Tränen. Er würdigt die Fotos keines weiteren Blickes, dreht sich um und verlässt den Raum. Schlagartig verfliegt auch Tatjanas Freude. Niedergeschlagen schaut sie Jochen hinterher und spürt, wie sich auch in ihr wieder das bekannte Gefühl der Hoffnungslosigkeit breit macht: Sie bleibt noch einen Moment wie versteinert sitzen. Seine Reaktion macht sie fassungslos, wütend, traurig – sie kann gar nicht genau definieren, was sie alles in ihr auslöst. Dann steht sie auf und geht ihm hinterher.
    Sie findet Jochen in Lauras Zimmer, auf ihrem Bett sitzend. Er hat den Kopf in den Händen vergraben, schaut auf, als er hört wie sie eintritt. So verzweifelt hat sie seinen Blick noch nie gesehen, nicht mal, als die Angst um Laura noch ganz frisch war und noch bevor er den Mund öffnet ahnt sie schon, dass sie auf keinen Fall hören möchte, was er zu sagen hat. Sie kann es in seinen Augen lesen, in der abwehrenden Haltung, die er einnimmt, als sie zu ihm gehen und ihn in den Arm nehmen will.
    „Nicht!“, wehrt er sie ab. Es folgt ein Moment des sprachlosen Schweigens, bevor er mit dem Kopf schüttelt, wenig um etwas zu verneinen, mehr um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
    „Tatjana, ich kann nicht mehr!“ Mit diesem einen Satz sagt er eigentlich schon alles und sie hört, wie das Blut in ihren Ohren zu rauschen beginnt, während er fortfährt: „Es tut mir leid! Du weißt, ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich. Aber ich kann so nicht mehr weiterleben!“
    Tatjanas Beine fühlen sich auf einmal an, als wären sie aus Gummi und könnten sie unmöglich weiter tragen. Während in ihrem Inneren eine Welt zusammenstürzt, lässt sie sich kraftlos auf den Teppich vor Lauras Bett sinken. Jochen ist ihre Familie – alles, was davon übrig blieb. Sie kann sich ein Leben ohne ihn doch gar nicht vorstellen! Am liebsten würde sie flehen: „Geh nicht!“ Doch sie tut es nicht, denn sie hat die Gewissheit, dass es sinnlos wäre. Nicht einmal in all den Jahren, in nicht einem Streit, hatte Jochen damit gedroht, sie zu verlassen. Nun sprach er es ganz offen aus. Tatjana weiß, er hat seine Entscheidung getroffen. Darum sagt sie, mit leiser, tonloser Stimme: „Wenn das so ist, dann mach, dass du hier rauskommst!“
    Sie bleibt einfach sitzen, während Jochen hinüber ins Schlafzimmer geht. Eine Viertelstunde später sitzt sie immer noch da.
    „Tatjana…“ Jochen steht mit einer gepackten Tasche im Türrahmen. Mit versteinerter Miene blickt sie zu ihm auf, sagt kein Wort.
    Hilflos würgt er noch hervor: „Gib mir bitte ein paar Tage Zeit! Ruf mich auch nicht an, bitte! Ich muss einfach Abstand finden, einen klaren Kopf bekommen! Vielleicht habe ich auch wieder die Kraft, wenn ich etwas zur Ruhe komme. Es ist wohl am besten, wenn ich erst mal in ein Hotel ziehe. Ich kann wirklich nicht mehr, aber ich verspreche dir, ich werde dich anrufen und wir können über alles sprechen, wenn ich ein bisschen Kraft getankt habe…“
    Tatjana bleibt stumm, nickt nur. Jochen wartet noch einen Moment, bevor er seine Tasche noch ein wenig fester packt und sich umdreht. Erst als sie unten die Haustür ins Schloss fallen hört, löst sich ihre innere und äußere Starre. Sie zittert unkontrolliert und während ihre

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