FIDER (German Edition)
seinem Taschenmesser Kerben geschnitzt hat. Ein Stück vor der Stellung hat er einen zweiten Ast mit nur einer Kerbe platziert. Wenn er nun das Rohr seines Gewehrs in der Kerbe des zweiten Astes auflegt, kann er das Griffstück genau auf dem ersten Ast ablegen und dort in den Kerben buchstäblich einrasten lassen. Jede Kerbe richtet die Waffe auf einen bestimmten Bereich aus. Vinnie hat diese einfache, aber effektive Bodenziellafette zwar bewundert, jedoch selbst auf den Einsatz verzichtet.
Nun spähen beide Männer angestrengt den Hügel hinab. Es ist zwecklos. Wolken haben si ch vor den Mond geschoben und den Soldaten jede Sicht geraubt.
»Sackdunkel«, flüstert Petursson. »Es ist aber auch eine verdammte Sauerei: Da schleppen wir die teuersten Aufnahmegeräte an unseren Helmen herum, haben aber kein Geld für ein Nachtsichtgerät.«
»Vielleicht klart es über Nacht noch auf.« Vinnie klingt wenig zuversichtlich. »Ich wäre eher dafür gewesen, die Sache hier aufzugeben. Ich glaube nicht, dass wir hier noch irgendetwas ausrichten können.«
Petursson schnaubt. »Na, du machst mir vielleicht Spaß. Hier sind Soldaten verschwunden, Vinnie. Komplett, mit allen Waffen und aller Ausrüstung. Und wir sind die einzigen, die herausfinden können, was mit den Leuten passiert ist. Wir können nicht einfach von hier verschwinden. Das geht nicht. Und das müssen wir nun aushalten.« Petursson lacht leise. »Und überhaupt – hast du dir mal überlegt, was wir jetzt machen würden, wenn wir noch bei der Volksarmee wären? Das einzige, womit wir dort zu kämpfen hätten, wären korrupte Vorgesetzte und besoffene Untergebene. Dagegen ist das hier doch etwas völlig anderes, oder?«
Vinnie scheint diese Ansicht nicht zu teilen. »Mag ja sein. Aber das, was wir hier machen, ist gefährlich. Ich meine, das ist richtig gefährlich. Das ist keine Spielerei oder so.«
»Nein, ist es nicht. Aber verdammt nochmal, das ist unser Job. Wir liegen hier in perfekt gesicherten Stellungen. Wir haben vor uns genug Bandstacheldraht, um diesen scheiß Planeten zweimal damit zu umwickeln. Wir haben mehrere hundert Bodenleuchtkörper da draußen. Vinnie, wenn wir hier nicht sicher sind, dann sind wir es nirgendwo. Ich meine, das kann man doch auch ein bisschen genießen, oder?«
Bevor Vinnie antworten kann, nahen Schritte im Rundgraben. Vinnie dreht sich um, ohne einen Laut zu erzeugen.
»Halt! Parole: Mike.«
»Hotel.« Datso schlüpft in den Kampfstand, ohne die Antwort abzuwarten. »Mann, diese Mike-Hotel-Geschichte nervt vielleicht. Irgendwann knallt mich noch einer von euch Hirnis ab, weil er mich für den Schwarzen Mann hält.«
»Aber nicht doch«, sagt Vinnie. »Ich warte doch immer erstmal ab. Vielleicht ist der Schwarze Mann ja ein ganz schnuckeliger Einer.«
»Quatschkopf. Also, passt auf: Wie ihr euch die Nacht einteilt, ist mir schnuppe, aber einer von euch muss immer wach sein, klar? Einer ruht, der andere pa sst auf. Und ich habe noch die letzten Neuigkeiten aus dem Führerbunker: Morgen kommt das Gerödel vom zweiten Zug endlich an. Unser Spieß fährt im Konvoi mit und hat Verpflegung dabei. Diesmal will der Spieß selbst die Sachen an die Männer verteilen, damit ein Saboteur keine Chance hat. Das ganze Zeug ist schon von handverlesenen Leuten verladen worden. Wenn also irgendwas stinkt, dann haben wir nicht so viele Verdächtige. Und noch was: Die haben die Relaisstation wieder einigermaßen hingekriegt. Allerdings muss immer jemand dabei bleiben und irgendetwas festhalten, damit gefunkt werden kann. Komplizierte Geschichte. Die Miliz hat dafür einen Fuzzi abgestellt, der nun zweimal am Tag für uns das Männchen machen darf. Auf diese Weise hat der Hauptmann erfahren, dass Oberst Daelius morgen einen Termin beim Brigadekommando hat. Der will nun doch noch versuchen, reguläre Truppen hierher zu bekommen. Also warten wir ab. Vielleicht kriegen wir Verstärkung oder werden komplett abgelöst. Es geht sogar das Gerücht um, in unserer Kaserne sei schon der nächste Schwung Rekruten eingerückt. Sollen angeblich noch alles Füchse sein, noch kein Jahr bei der VA. Da werden die uns als Hilfsausbilder brauchen.«
Datso atmet kurz durch.
»Ich hab' noch etwas, ganz speziell für euch beide: Ich habe mir die Kameraden Betzendorff, Leisinger und Begerow nochmal zur Brust genommen. Die drei glauben tatsächlich, die Geschichte mit der Buttersäure sei eure Idee gewesen. Ich habe den Burschen ein paar passende Worte dazu
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