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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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trat ein. O’Sullivan stand auf und kam hinter seinem Schreibtisch hervor. Er trug denselben Anzug, den er schon vor vierundzwanzig Stunden angehabt hatte, als Cathryn ihm zum ersten Mal begegnet war. Auch das Hemd war dasselbe, denn Cathryn erinnerte sich an den kleinen Kaffeefleck rechts neben dem dunkelblauen Schlips. Nur schwer konnte sie sich vorstellen, wie dieser so sanft wirkende Mann zu der Gewalt fähig sein sollte, die ihm sein Beruf mit Sicherheit gelegentlich abverlangte.
    »Möchten Sie sich nicht setzen?« fragte O’Sullivan. »Ich nehme Ihnen den Mantel ab.«
    »Danke, bemühen Sie sich nicht«, erwiderte Cathryn. »Ich werde Ihre Zeit nur kurz in Anspruch nehmen.«
    O’Sullivans Büro sah aus wie die Kulisse für ein Fernsehmelodram. An den rissigen Wänden hingen die obligatorischen Fotos von einigen ernst blickenden Männern aus der Polizeihierarchie. Neben der Tür hing eine große Pinwand, an die unzählige Fahndungsplakate und Fotos geheftet waren. Auf dem Schreibtisch lagen Stöße von Briefen und Umschlägen, dazwischen standen leere Suppendosen, in denen O’Sullivan seine Stifte und Filzschreiber verwahrte, eine alte Schreibmaschine und das Bild einer pausbäckigen, rothaarigen Frau mit fünf rothaarigen kleinen Mädchen.
    O’Sullivan setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und verschränkte die Hände über dem Bauch. Mit ausdruckslosemBlick sah er Cathryn an. Cathryn hätte gerne gewußt, was in dem Kopf des Mannes vorging.
    »Um es kurz zu machen«, begann sie unsicher. Ihr Selbstvertrauen war bereits merklich gesunken. »Ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, daß ich die Klage gegen meinen Mann zurückziehe.«
    In O’Sullivans Miene war nicht die kleinste Veränderung zu erkennen.
    Cathryn sah einen Moment zur Seite. Das Gespräch verlief schon nicht mehr so, wie sie es geplant hatte. »Mit anderen Worten«, fügte sie hinzu, »ich möchte die Vormundschaft für das Kind nicht mehr.«
    O’Sullivan sah sie immer noch schweigend an, was Cathryns Angst noch größer werden ließ.
    »Es ist nicht so, daß ich mich nicht um meine Stieftochter sorgen würde«, fuhr Cathryn rasch fort. »Aber mein Mann ist ihr leiblicher Vater und außerdem ist er Arzt. Deshalb glaube ich, daß er selbst am besten in der Lage ist, über die richtige Behandlung für das Kind zu entscheiden.«
    »Wo ist Ihr Mann?« fragte O’Sullivan.
    Cathryn blinzelte nervös. Die Frage hatte geklungen, als ob O’Sullivan ihr bis jetzt gar nicht zugehört hatte. Dann wurde ihr siedendheiß bewußt, daß sie nicht so lange mit der Antwort zögern durfte. »Das weiß ich nicht«, sagte sie schnell. Cathryn hatte das Gefühl, daß sie alles andere als überzeugend geklungen hatte.
    Plötzlich stieß sich O’Sullivan von der Stuhllehne ab und beugte sich über den Schreibtisch. »Ich denke, es ist an der Zeit, daß ich Sie von einigen Dingen in Kenntnis setze, Mrs. Martel. Auch wenn das Vormundschaftsverfahren von Ihnen persönlich in Gang gesetzt worden ist, können Sie es nicht einseitig vor der Anhörung außer Vollzug setzen. Der Richter, der Ihnen vorübergehend die alleinige Vormundschaft übertragen hat, hat gleichzeitig einen Vormund ad litim benannt. Er heißt Robert Taber. Wie denkt denn Mr. Taber über die Klage gegen Ihren Mann, um Michelle Martel sobald wie möglich ins Krankenhaus zurückzubringen?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Cathryn kläglich. Mit diesen Komplikationen hatte sie nicht gerechnet.
    »Bis jetzt mußte ich davon ausgehen«, fuhr O’Sullivan fort, »daß das Leben des Kindes in Gefahr ist, wenn es nicht so schnell wie möglich wieder seine besondere Behandlung im Krankenhaus bekommt.«
    Cathryn schwieg.
    »Es scheint mir offensichtlich, daß Sie mit Ihrem Mann gesprochen haben.«
    »Ich habe mit ihm gesprochen«, gab Cathryn zu, »und dem Kind geht es gut.«
    »Und wie steht es mit der medizinischen Versorgung Ihrer Tochter?«
    »Mein Mann ist Arzt«, sagte Cathryn, als ob der Hinweis auf Charles’ Beruf die Frage O’Sullivans beantwortete.
    »Das mag sein, Mrs. Martel, aber das Gericht wird nur mit einer allgemein anerkannten Behandlungsmethode einverstanden sein.«
    Cathryn nahm ihren ganzen Mut zusammen und stand auf. »Ich glaube, ich gehe jetzt besser.«
    »Vielleicht sollten Sie mir besser sagen, wo Ihr Mann ist, Mrs. Martel.«
    »Das möchte ich Ihnen lieber nicht sagen«, antwortete Cathryn. Sie versuchte erst gar nicht so zu tun, als ob sie nicht wüßte, wo Charles

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