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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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du hast wieder Fieber.« Cathryns Stimme hatte einen mitfühlenden Klang. »Fühlst du dich krank?«
    »Nein«, antwortete Michelle hastig. Sie wollte nicht wieder krank sein. Sie wollte nicht wieder zu Hause bleiben müssen und in der Schule fehlen. Sie wollte aufstehen und den Orangensaft zubereiten, wie sie es immer getan hatte.
    »Auf alle Fälle müssen wir deine Temperatur messen«, sagte Cathryn. Sie ging in das Bad nebenan. Als sie zurückkehrte, schüttelte sie mehrmals das Thermometer und sah immer wieder prüfend auf die Quecksilbersäule. »Es dauert ja nur ein paar Minuten, dann wissen wir es wenigstens genau.« Sie steckte Michelle das Thermometer in den Mund. »Unter die Zunge. Ich komme zurück, wenn ich deine Brüder geweckt habe.«
    Die Zimmertür schloß sich, und sofort nahm Michelle das Thermometer wieder aus dem Mund. Selbst in der kurzen Zeit war das Quecksilber auf 37,2 Grad geklettert. Sie hatte Fieber, und sie wußte es. Ihre Beine schmerzten, und im Magen hatte sie ein flaues Gefühl. Michelle steckte das Thermometer wieder in den Mund. Von ihrem Bett aus konnte sie aus dem Fenster sehen, auf ihr Spielhaus, das Charles für sie aus einem alten Verschlag gebaut hatte. Als sie den frischgefallenen Schnee auf dem Dach des Hauses sah, durchfuhr sie ein Frösteln. Michelle sehnte sich nach dem Frühling und nach den gemächlichen Tagen, die sie in ihrem verwunschenen Häuschen verbringen konnte. Nur sie und ihr Vater.
     
    Als die Tür geöffnet wurde, war der fünfzehnjährige Jean Paul schon wach. Er saß aufgestützt in seinem Bett und las in seinem Physikbuch. Auf dem Regal hinter seinem Kopf stand ein kleines Uhrenradio und spielte einen Softrock. Er trug einen dunkelroten Pyjama mit einer blauen Paspel, ein Weihnachtsgeschenk von Cathryn.
    »Du hast noch zwanzig Minuten Zeit«, sagte Cathryn aufmunternd.
    »Danke, Mom«, antwortete Jean Paul lächelnd.
    Cathryn blieb stehen und schaute zurück zu dem Jungen. Ein warmes Gefühl durchströmte sie. Am liebsten wäre sie jetzt zu ihm hingelaufen, um ihn in die Arme zu schließen. Aber sie widerstand dem inneren Wunsch. Sie hatte gelernt, daß alle Martels etwas zurückhaltend waren, wenn es um körperliche Berührung ging. Anfangs war es ihr schwergefallen, damit zurechtzukommen. Cathryn war im italienischen North End von Boston aufgewachsen, wo man sich bei jeder Gelegenheit anfaßte und in den Arm nahm. Cathryn fühlte sich als hundertprozentige Italienerin, obwohl ihr Vater Lette gewesen war. Er hatte die Familie verlassen, als Cathryn zwölf war, und sie war ohne seinen Einfluß groß geworden. »Bis zum Frühstück«, sagte sie.
    Jean Paul wußte, daß Cathryn es gern hatte, wenn er sie Mom nannte, und er tat es gern. Es war ein so geringer Preis für die Wärme und die Aufmerksamkeit, mit denen sie ihn dafür verwöhnte. Jean Paul war von einem überbeschäftigten Vater großgezogen worden, und immer hatte er sich im Schatten seines älteren Bruders Chuck gefühlt und seiner unwiderstehlichen kleinen Schwester Michelle. Dann war Cathryn gekommen, die Aufregungen der Hochzeit, und schließlich hatte Cathryn die drei Kinder ihres Mannes adoptiert. Jean Paul hätte sie auch ›Großmutter‹ genannt, wenn sie es gewollt hätte. Er glaubte, daß er Cathryn genauso gern hatte wie seine richtige Mutter; auch wenn er sich kaum noch an sie erinnern konnte. Er war sechs Jahre alt gewesen, als sie starb.
     
    Mühsam öffnete Chuck die Augen, als er die erste Berührung von Cathryns Hand spürte. Aber er behielt den Kopf unter dem Kissen und tat, als schliefe er noch. Er wußte, daß er nur zu warten brauchte, dann würde sie ihn noch einmal berühren, nur ein kleines bißchen heftiger. Er behielt recht, dochdiesmal schüttelten zwei Hände seiner Schulter, bevor das Kissen endgültig weggezogen wurde. Chuck war achtzehn Jahre alt, und seit genau einem halben Jahr besuchte er die Northeastern University. Es lief nicht gerade gut für ihn, und er fürchtete schon die anstehenden Semesterabschlußprüfungen. Sie würden in einer Katastrophe enden. Und zwar in sämtlichen Fächern – bis auf Psychologie.
    »Noch fünfzehn Minuten«, sagte Cathryn. »Dein Vater will heute früh im Labor sein.«
    »Scheiße«, zischte Chuck im Flüsterton.
    »Charles, Junior!« Cathryn tat, als sei sie schockiert.
    »Ich steh’ nicht auf.« Chuck riß Cathryn das Kissen aus den Händen und begrub seinen Kopf darunter.
    »O ja, du wirst sehr wohl aufstehen«, sagte

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