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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Kabine gleich neben Julian«, sagte Jeffers, »aber ich bezweifle, daß er sich dort aufhält. Zuletzt sah ich ihn, als er in der Hauptkabine herumschlich und so tat, als gehöre das Schiff ihm, und die ganze Zeit spielte er mit seinem Messer herum. Wir hatten einen kleinen Zusammenstoß. Sie würden nicht glauben, was er getan hat - er stieß sein Messer in eine Ihrer eleganten Säulen, als wäre es ein abgestorbener Baum. Ich riet ihm, damit aufzuhören, sonst würde ich dafür sorgen, daß Hairy Mike ihn über Bord wirft, und er gehorchte, aber er schaute mich dabei recht böse an. Ich denke, mit dem wird es noch Ärger geben.«
    »Was meinen Sie, ist er noch in den Hauptkabine?« »Nun, ich habe geschlafen, aber er war dort, als ich das letzte Mal nachsah, da schlief er in einem Sessel.« »Ziehen Sie sich an«, bat Abner Marsh ihn, »und zwar dalli! Und dann kommen Sie runter in Ihr Büro, ich erwarte Sie dort.«
    »Klar doch, Cap’n«, meinte Jeffers etwas verwirrt.
    »Und bringen Sie Ihren Stockdegen mit«, sagte Marsh noch zu ihm, ehe er hinausging und die Tür hinter sich schloß.
    Weniger als zehn Minuten später saßen er und Jeffers und Hairy Mike Dunne zusammen im Büro des Zahlmeisters. »Seid mal still und hört zu«, begann Marsh, »was jetzt kommt, klingt ziemlich verrückt, aber ihr beide kennt mich seit Jahren, und ihr wißt, daß ich nicht blöd bin, und ich laufe auch nicht herum und erzähle wilde Geschichten wie Mister Framm. Es ist die gottverdammte Wahrheit, das schwöre ich, und der nächste verfluchte Kessel soll unter meinem Hintern explodieren, wenn ich lüge.«
    Abner Marsh holte tief Luft und fing mit seiner Geschichte an. Er erzählte ihnen alles in einem einzigen wilden Redestrom und unterbrach seine Schilderung nur ein einziges Mal, als die Dampfpfeife des Schiffs ihn zum Schweigen brachte und das Deck zu vibrieren begann.
    »Wir legen ab«, meldete Hairy Mike. »Wir dampfen flußaufwärts, wie Sie verlangt haben.«
    »Gut«, sagte Marsh und fuhr mit seinem Bericht fort, während die Fiebertraum sich von dem New-Orleans-Pier löste, die großen Schaufelräder die Laufrichtung änderten und das Schiff sich unter einer heißen klaren Sonne auf den Mississippi hinausschob.
    Als Marsh seine Schilderung beendet hatte, machte Jonathon Jeffers ein nachdenkliches Gesicht. »Nun«, meinte er, »faszinierend. Vielleicht hätten wir die Polizei rufen sollen.«
    Hairy Mike Dunne schnaubte. »Das glauben Sie doch selbst nicht. Auf dem Fluß regelt man seine Probleme selbst.« Er hob zur Bekräftigung seinen Knüppel.
    Abner Marsh pflichtete ihm bei. »Dies hier ist mein Dampfschiff, und ich hole keine Fremden zu Hilfe, Mister Jeffers.« Das war so Sitte auf dem Strom; es machte weniger Probleme, einen Störenfried zusammenzuschlagen und ihn über Bord zu werfen oder ihn den Schaufelrädern zu überlassen, die ihn schon beseitigten. Der alte Fluß bewahrte seine Geheimnisse. »Vor allem habe ich mit der Polizei von New Orleans nichts im Sinn. Die kümmern sich doch nicht um ein schwarzes Sklavenbaby, und außerdem hätten wir nicht mal eine Leiche vorzuweisen. Die sind ja selbst eine Bande von Gaunern, und sie hätten uns kein Wort geglaubt. Und selbst wenn, was dann? Sie kämen auch nur mit ihren Knüppeln und Pistolen, und die sind gegen Julian und seine Bande überhaupt nichts wert.«
    »Demnach müssen wir selbst sehen, wie wir zurechtkommen«, sagte Jeffers. »Und wie?«
    »Ich rufe die Jungs zusammen, und dann bringen wir sie alle um«, schlug Hairy Mike aufgeräumt vor.
    »Nein«, sagte Abner Marsh, »Joshua kann die anderen in Schach halten, glaube ich. Das hat er schon früher getan. Er hat versucht, das Richtige zu tun, zu verhindern, was gestern abend hier passierte, nur war Julian für ihn zu stark. Wir müssen zusehen, daß wir Julian noch vor Einbruch der Dunkelheit loswerden.«
    »Das dürfte doch nicht so schwierig sein«, bot Hairy Mike sich an.
    Abner Marshs Gesicht verfinsterte sich. »Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte er. »Das hier ist nicht so wie in den Geschichten. Sie sind bei Tag nicht hilflos. Sie schlafen nur. Und wenn man sie weckt, dann sind sie furchtbar stark und furchtbar schnell, und es ist schwierig, sie zu bezwingen. Das Ganze muß richtig geplant werden. Ich glaube, daß wir drei das schaffen können, es hat keinen Sinn, auch noch andere mit hineinzuziehen. Falls irgend etwas schiefgeht, dann schaffen wir jeden vor Einbruch der Dunkelheit von

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