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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Cap’n«, sagte Grove.
    Abner Marsh wandte sich wieder an die Detektive. »Meine Herren, ich glaube nicht, daß ich Sie noch länger brauche«, sagte er. »Aber sollten Sie per Zufall den Dampfer entdecken, dann wissen Sie ja, wie Sie mich erreichen können. Ich werde dafür sorgen, daß Sie angemessen bezahlt werden.« Er stand auf. »Wenn Sie jetzt bitte mitkommen würden ins Büro des Zahlmeisters, dann gebe ich Ihnen den Rest, den ich Ihnen noch schulde.«
    Den übrigen Tag verbrachte man vor Anker liegend in Vicksburg. Marsh hatte soeben sein Abendessen beendet - eine Platte Brathuhn, das nicht ganz durchgegart war, und labbrige Kartoffeln -, als Cat Grove sich einen Stuhl heranzog und sich mit einem Stück Papier in der Hand setzte. »Sie haben zwar fast den ganzen Tag dafür gebraucht, Cap’n, doch sie haben es geschafft«, sagte Grove. »Aber es gibt wirklich zu viele Schiffe. Es müssen so um die dreißig gewesen sein, die sie überhaupt nicht kannten. Ich bin selbst die Zeitungen durchgegangen und habe die Anzeigen studiert und mich informiert, was dort über die Schiffsgröße steht, wer die Schiffe besitzt und so weiter. Einige Namen kannte ich und konnte außerdem eine ganze Reihe Heckraddampfer und zu kleine Schiffe gleich von der Liste streichen.«
    »Und wie viele sind übriggeblieben?«
    »Nur vier«, sagte Grove. »Vier große Seitenraddampfer, von denen niemand je etwas gehört hat.« Er reichte Abner Marsh die Liste. Die Namen waren in säuberlichen Blockbuchstaben untereinander aufgeschrieben.
    B. SCHROEDER
    QUEEN CITY
    OZYMANDIAS
    F. D. HECKINGER
    Marsh studierte den Zettel lange und mit gerunzelter Stirn. Einer der angegebenen Namen hätte eine ganz spezielle Bedeutung für ihn haben müssen, das wußte er, aber er konnte es nicht entscheiden, und hätte sein Leben davon abgehangen.
    »Ergibt das für Sie einen Sinn, Cap’n?«
    »Die B. Schroeder ist es ganz bestimmt nicht.« sagte Marsh plötzlich. »Die bauten sie zur gleichen Zeit in New Albany, als sie auch an der Fiebertraum arbeiteten.« Er kratzte sich am Kopf.
    »Das letzte Schiff«, sagte Grove und wies auf den Namen. »Sehen Sie sich doch nur mal die Initialen an, Cap’n. F. D. Wie bei Fiebertraum , vielleicht.«
    »Schon möglich«, meinte Marsh. Er sagte sich die Namen laut vor. » F. D. Heckinger. Queen City. Ozy. . . « Das war ein schweres Wort. Er war froh, daß er es nicht buchstabieren mußte. »Ozyman-die-ass.«
    Dann erkannte Abner Marshs Verstand, sein langsamer, umständlicher Geist, der niemals etwas vergaß, die Antwort vor seinen Augen, und sie kam ihm vor wie ein Stück Treibholz, das der Fluß plötzlich ans Ufer gespült hatte. Er hatte sich schon einmal mit diesem Wort herumgeschlagen, vor kurzem erst, lange war es nicht her, als er nämlich in einem Buch blätterte. »Moment«, sagte er zu Grove. Er erhob sich und verließ mit eiligen Schritten die Kabine. Die Bücher lagen in der untersten Schublade seiner Kommode.
    »Was ist das?« fragte Grove, als Marsh zurückkam.
    »Verdammte Gedichte«, sagte Marsh. Er blätterte den Byron-Band durch, fand nichts, nahm sich dann den Shelley vor. Und dort war es. Er überflog es schnell, lehnte sich zurück, dachte stirnrunzelnd nach und las es erneut.
    »Cap’n Marsh?« Grove machte sich bemerkbar. »Hören Sie sich das mal an!« forderte Marsh ihn auf. Er las laut:
    »Mein Name Ozymandias ist, König aller Könige:
    Betrachtet meine Werke, ihr Mächt’gen und die Not!«
    Nichts sonst besteht. Gestrandet liegt es dort
    Das ries’ge Wrack so grenzenlos und tot
    Von ew’gem Sand umwogt an diesem öden Ort.
    »Was ist das?«
    »Ein Gedicht«, sagte Abner Marsh. »Es ist ein gottverdammtes Gedicht.« »Aber was bedeutet es?« »Es bedeutet«, sagte Marsh, während er das Buch zuklappte, »daß Joshua verzweifelt ist und sich besiegt fühlt. Sie würden es sowieso nicht verstehen, Mister Grove. Wichtig ist jetzt nur, daß wir nach einem Dampfschiff mit dem Namen Ozymandias suchen.«
    Grove holte ein weiteres Stück Papier hervor. »Ich habe ein paar Punkte aus den Zeitungen abgeschrieben«, erklärte er und versuchte seine eigene Schrift zu entziffern. »Mal sehen, diese Ozy. . . Ozy. . . wie immer die heißt, operiert von Natchez aus. Als Eigner wird ein J. Anthony genannt.«
    »Anthony«, sagte Marsh. »Verdammt, Joshuas zweiter Name lautet Anton. Sagten Sie Natchez?«
    »Ja, von Natchez nach New Orleans, Cap’n.«
    »Wir bleiben über Nacht hier. Morgen in aller

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