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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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brennenden Holzscheite und die glühenden Kohlen, die weit verstreut wurden, den kochendheißen Dampf, der aufwallte, die Wolken des weißen Todes, die das Schiff einhüllten, die Wände, die sich nach außen wölbten, rissen und in Flammen aufgingen, die Körper, die durch die Luft segelten, brennend oder halbgar gesotten, die aufreißenden Schornsteine, die dann umkippten, die Schreie, den Dampfer, der sich auf die Seite legte und im Fluß versank; zischend und knisternd und summend, die verkohlten Leichen, die auf dem Bauch inmitten des ganzen Abfalls und der Trümmer abtrieben, den großen Seitenraddampfer, der auseinanderbrach und nichts zurückließ als verkohltes Holz und einen Schornstein, der schief aus dem Wasser ragte. In dem Traum, in dem die Kessel explodierten, lautete der aufgemalte Name immer noch Fiebertraum .
    Es wäre einfach, wußte Abner Marsh sicher. Eine Frachtsendung nach New Orleans; sie würden keinen Verdacht schöpfen. Fässer voller Sprengstoff, achtlos in nächster Nähe der rotglühenden Öfen und gefährlichen Hochdruckkessel aufgestapelt. Er könnte es irgendwie bewerkstelligen, und das wäre dann das Ende von Julian und seinen Gefährten der Nacht. Eine Zündkapsel, eine Zeitschaltuhr, es wäre möglich.
    Abner Marsh schloß die Augen. Als er sie wieder aufschlug, war der brennende Dampfer verschwunden, war der Lärm der Schreie und der explodierenden Kessel verstummt, und die Nacht war wieder still. »Das ist nicht möglich«, sagte er laut zu sich selbst, »Joshua ist noch an Bord. Joshua.« Und auch noch andere, hoffte er: Whitey Blake, Karl Framm, Hairy Mike Dunne und seine Schauerleute. Und da war seine Lady selbst, an die er denken mußte, seine Fiebertraum . Marsh hatte eine Vision von einer ruhigen Flußbiegung an einem Abend wie diesem und von zwei großen Dampfern, die nebeneinander herstampften, die Qualmwolken hinter ihnen langgezogen und abgeflacht von ihrer Geschwindigkeit, mit Flammen, die aus den Schornsteinen schlugen, und Rädern, die sich wie wahnsinnig drehten. Während sie näher und näher kamen, schob ein Schiff sich etwas weiter vor, ein wenig nur, dann mehr und mehr, bis das Boot eine ganze Länge Vorsprung hatte. Das Schiff baute seinen Vorsprung ständig aus, als sie außer Sicht gerieten, und Marsh sah die Namen, die auf den Radkästen standen, und der führende Dampfer war die Fiebertraum , deren Flaggen und Wimpel fröhlich flatterten, während sie zügig und ruhig flußaufwärts zog, und hinter ihr kam die Eclipse , die sogar in der Niederlage strahlenden Glanz verbreitete. Ich werde es schaffen, schwor Abner Marsh sich.
    Die Mannschaft der Eli Reynolds war um Mitternacht fast vollständig wieder aufs Schiff zurückgekehrt. Marsh verfolgte, wie sie nach und nach von Vicksburg herunterkamen, und hörte, wie Cat Grove das Holzfassen im Mondschein mit einer Reihe kurzer, knapper Befehle leitete. Stunden später kräuselten sich die ersten Qualmwolken aus den Schornsteinen des Dampfers himmelwärts, als der Maschinist die Öfen anheizte. Bis zur Morgendämmerung war noch eine Stunde Zeit. Dann erschienen auch Yoerger und Grove auf dem Sturmdeck mit eigenen Sesseln und einer Kanne Kaffee. Sie ließen sich schweigend neben Marsh nieder und schenkten ihm ebenfalls eine Tasse ein. Der Kaffee war heiß und schwarz. Er trank ihn dankbar.
    »Wissen Sie, Cap’n Marsh«, begann Yoerger nach einiger Zeit. Sein längliches Gesicht war grau vor Müdigkeit. »Meinen Sie nicht, es wäre an der Zeit, daß Sie uns endlich reinen Wein einschenken, was eigentlich los ist?«
    »Seit wir nach St. Louis zurückgekommen sind«, fügte Cat Grove hinzu, »reden Sie von nichts anderem als davon, Ihr Schiff zurückzubekommen. Morgen finden Sie es vielleicht. Was dann? Viel haben Sie uns nicht erzählt, Cap’n, außer daß Sie nicht die Absicht haben, die Polizei hinzuziehen. Warum nicht, wenn Ihr Schiff doch gestohlen wurde?«
    »Aus dem gleichen Grund, warum ich es Ihnen nicht erzählt habe, Mister Grove. Sie würden meine Geschichte nicht mal eine Minute lang glauben.«
    »Die Mannschaft ist neugierig«, sagte Grove. »Ich bin es auch.«
    »Das alles geht Sie überhaupt nichts an«, sagte Marsh. »Mir gehört dieser Dampfer, oder nicht? Sie arbeiten für mich und die anderen ebenfalls. Befolgen Sie nur meine Befehle.«
    »Cap’n Marsh«, sagte Yoerger, »dieses alte Mädchen und ich sind nun schon seit einigen Jahren auf dem Fluß unterwegs. Sie gaben Sie mir, als Sie Ihren

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