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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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knurrte Marsh. »Nun, ich hab’ bisher noch nie einem Vampir zugehört, demnach sind wir quitt. Fangen Sie an. Ihr getreuer Bulle lauscht.«

KAPITEL VIERZEHN
 
Von Zeiten fern und dunkel
     
     
    D ann hören Sie zu, Abner, aber zuerst meine Bedingungen. Ich wünsche keine Unterbrechungen. Ich wünsche keine empörten Ausbrüche, keine Urteile, keine Fragen. Jedenfalls nicht, bevor ich meinen Bericht beendet habe. Vieles von dem, was ich zu berichten habe, werden Sie schlimm und grauenvoll finden, davor warne ich Sie, aber wenn Sie mir in Ruhe vom Anfang bis zum Ende zuhören, dann verstehen Sie vielleicht. Sie haben mich einen Mörder, einen Vampir genannt, und in gewissem Sinn bin ich das auch. Aber auch Sie haben getötet, Sie haben es selbst zugegeben. Sie glauben, daß Ihre Taten durch die Umstände gerechtfertigt sind. Ich tue es auch. Wenn schon nicht gerechtfertigt, so gelten doch in jedem Fall mildernde Umstände. Hören Sie sich alles an, was ich zu sagen habe, ehe Sie mich und meine Rasse verdammen.
    Lassen Sie mich mit mir selbst beginnen, mit meinem eigenen Leben, und dann erzähle ich Ihnen den Rest, wie ich ihn habe in Erfahrung bringen können.
    Sie haben nach meinem Alter gefragt. Ich bin jung, Abner, nach den Maßstäben meiner Rasse habe ich die Schwelle zum Erwachsensein gerade erst überschritten. Ich wurde im Jahr 1785 in der französischen Provinz geboren. Meine Mutter habe ich nie gesehen, aus Gründen, auf die ich später noch eingehen will. Mein Vater war von niederem Adel. Das heißt, er versah sich selbst mit einem Titel, als er sich in der französischen Gesellschaft bewegte. Er hielt sich schon seit einigen Generationen in Frankreich auf, daher erfreute er sich eines hohen Ansehens, obgleich er betonte, daß er aus Osteuropa stammte. Er war wohlhabend und verfügte über etwas Landbesitz. Er erklärte seine Langlebigkeit durch einen Trick um 1760, indem er als sein eigener Sohn auftrat und sein eigener Nachfolger wurde.
    Sie sehen also, daß ich etwa 72 Jahre alt bin, und ich hatte tatsächlich das Vergnügen, Lord Byron persönlich kennenzulernen. Das geschah jedoch einige Zeit später.
    Mein Vater war genauso wie ich. Desgleichen zwei unserer Bediensteten, zwei, die nicht im eigentlichen Sinn Diener waren, sondern eher Gefährten. Die drei Erwachsenen meiner Rasse lehrten mich Sprachen, Manieren, die Geheimnisse der Welt . . . und Vorsicht. Ich schlief bei Tag, ging nur nachts hinaus, lernte es, mich vor der Dämmerung in acht zu nehmen, so wie die Kinder Ihrer Rasse die Vorsicht vor dem Feuer lernen, nachdem sie sich daran verbrannt haben. Ich sei anders als die anderen, wurde mir erklärt, ich sei überlegen und habe nichts mit ihnen gemein, ich sei ein Herr, ein Meister. Ich dürfe jedoch nicht über diese Unterschiede reden, sonst weckte ich beim Vieh Angst und würde getötet. Ich müsse so tun, als wäre meine Tageseinteilung von mir willkürlich gewählt, weil es mir so lieber sei. Ich mußte die Ausdrucksformen des Katholizismus erlernen und genau beachten, und ich mußte sogar bei bestimmten Mitternachtsmessen in unserer Privatkapelle die Kommunion empfangen. Ich mußte - nun, ich will es dabei bewenden lassen. Sie müssen sich bewußt machen, Abner, daß ich nur ein Kind war. Sicherlich hätte ich im Laufe der Zeit noch mehr lernen können, vielleicht hätte ich sogar angefangen, die mir Nahestehenden und das Leben, das wir führten, zu verstehen, wenn alles so weitergegangen wäre. Sicherlich wäre ich dann ein ganz anderer geworden.
    Im Jahr 1789 jedoch veränderten die Feuer der Revolution mein Leben von Grund auf. Als das Schreckensregiment ausbrach, wurden wir gefangengenommen. Trotz all seiner Vorsichtsmaßnahmen, seiner Kapellen und Spiegel hatte mein Vater Verdacht erregt durch seine nächtlichen Gewohnheiten, sein Alleinsein, seinen geheimnisvollen Reichtum. Unsere Diener - unsere menschlichen Diener wohlgemerkt - denunzierten ihn als Hexenmeister, als Satanisten, als einen Anhänger des Marquis de Sade. Und außerdem bezeichnete er sich selbst als Aristokraten, was sowieso das schlimmste Vergehen war.
    Seine beiden Gefährten, die von der Umwelt nur als Hauspersonal betrachtet wurden, konnten entweichen, aber mein Vater und ich wurden eingekerkert.
    So jung ich auch damals war, so habe ich doch eine sehr lebendige Erinnerung an die Zelle, in der wir eingesperrt waren. Sie war kalt und feucht, alles nur rauhes Gestein, mit einer mächtigen Tür aus Eisen, so dick

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