Fiese Finsterlinge
das Resultat ihres unsäglichen Treibens. Ganze Abschnitte der metallenen Umzäunung stürzten unvermittelt ein oder lösten sich auf wie Zuckerwürfel im Regen; jedes Mal stand Neebor in seinem zunehmend ungeschützten Garten fassungslos davor, ehe er zu einem Abschnitt weitereilte, der noch stand.
»Ihr könnt vielleicht meinen Zaun kaputt machen«, brüllte er niemand Bestimmten an, im Glauben, der Feind verberge sich irgendwo auf der Straße, »aber ihr besiegt mich nicht ohne Kampf!«
Nur eine einzige Wellblechplatte stand noch, als er schließlich seine lange Schrotflinte holte, sie aufklappte und zwei Patronen in den Doppellauf schob.
»Kommt, holt’s euch«, rief er und klappte die Flinte wieder zu. Er legte sich den Kolben an die Schulter und den Doppellauf auf die letzte noch stehende Wellblechplatte.
Und dann kamen sie. Ungesehen krabbelten sie zur Flinte hinauf wie ein Ameisenschwarm und schlugen ihre mikroskopisch kleinen Zähnchen in das polierte Metall. Neebor hielt noch auf der Straße nach einem Angreifer Ausschau, als der Doppellauf einfach abbrach.
Schutzlos rannte der Alte zur Garage. Auf dem Weg dorthin zerbröselte seine metallene Gürtelschnalle, und seine Hose rutschte ihm zu den Knien herab, so dass er plötzlich wie ein Pinguin durch die Gegend watschelte. Sein Brillengestell löste sich auf, und mit einem Mal sah er alles, was mehr als zwei Meter entfernt war, nur noch als verschwommene Fläche.
Taumelnd erreichte er den Chevy, seinen ganzen Stolz,
und tastete nach dem Türgriff. Der Wagen war uralt, und er hatte gehört, wie die Kinder sich darüber lustig machten, aber er hatte den Wagen immer liebevoll gepflegt, hatte alle fünftausend Kilometer das Öl gewechselt und den Wagen jedes Wochenende gewaschen und gewachst. Plötzlich hielt er den abgefallenen Türgriff in der Hand. Doch er hatte noch Glück, denn im nächsten Moment fiel die ganze Tür heraus. Er keuchte erschrocken und stieß einen leisen, traurigen Seufzer aus, aber es gelang ihm zumindest, noch in den Wagen zu steigen und den Schlüssel in die Zündung zu stecken.
Rumpelnd erwachte der Chevy zum Leben, und Neebor schaltete in den Rückwärtsgang und setzte zur Straße zurück, während ein Teil nach dem anderen vom Wagen abfiel und die Einfahrt verunstaltete. Klappernd plumpste der Außenspiegel zu Boden. Die vordere Stoßstange wurde quietschend mitgeschleift, dann schlug sie auf den Asphalt. Er konnte die Angreifer noch immer nicht sehen, aber inzwischen hatte er das Gefühl, dass nicht sie den Zerfall seines Wellblechzauns verursacht hatten – nein, die Angreifer selbst waren der Zerfall. Es gab aber nichts, was er dagegen tun konnte. Die Einzelteile des Autos lösten sich nun so schnell auf, dass das Wagendach bereits zu Staub zerfallen war, als es einstürzte und ihm auf den Kopf fiel.
Als er das Ende seiner Straße auf dem Queen-Anne-Hügel erreichte, waren vom Chevy nur das Chassis, der Fahrersitz und die Reifen übrig. Eine Spur rostzerfressener Trümmer führte vom Haus bis dorthin, wo der Wagen auf den Hang zurollte, der steil zur Stadt hinabführte. Als
Neebor ihn erreichte, merkte er, dass die Bremsen seines geliebten Chevy nicht mehr vorhanden waren, dann sausten er selbst, das Chassis und die Reifen den Hang hinunter.
6. Kapitel
Ankunft im Plastikcamp
N ate wurde mit dem Gesicht nach unten über die seltsame Plastikinsel geschleppt; jeweils ein Insulaner hielt einen Arm oder ein Bein. Eine Weile war der Untergrund körnig, so wie am Strand, aber dann wich der »Plastiksand« einer glatten glänzenden Oberfläche. Dort, wo der Boden dick und fest war, erschien er milchfarben, und Nate hatte keine Vorstellung, wie weit er wohl in den Ozean hinabreichte. An den dünneren Stellen war der Boden dagegen fast durchsichtig, und Nate konnte die verschwommenen Umrisse der Fische erkennen, die keine fünfzehn Zentimeter unter den Füßen seiner Häscher im Müll umherschwammen, der im Ozean trieb.
»Ich möchte wissen, wo wir sind und wo wir hingehen«, beschwerte er sich, aber er konnte den Hals nicht weit genug anheben, um in die Gesichter der Insulaner zu schauen.
»Lass es einfach geschehen«, sagte das hübsche Mädchen. Sie trug sein linkes Bein. »Es ist der beste Weg, sich bei uns zu akklimatisieren.«
»Ich will mich aber nicht akklimatisieren. Ich will wissen, wo ich bin und warum ihr mich überwältigt habt und verschleppt.«
»Was erwartest du denn?«, erwiderte sie. »Du lässt dich
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