Fieses Karma
Ruf. Er ist jetzt der »Witwentröster«, und man kann davon ausgehen, dass seine Eltern kaum mehr unser guter Junge sagen, wenn sie über ihn reden.
Nachdem wir den größten Schaden angerichtet hatten, beschlossen wir, Seths Online-Profil und das dazugehörige E-Mail-Postfach zu löschen. Um sicherzugehen, dass das Geheimnis seines Niedergangs für immer genau das bleibt – ein Geheimnis. Selbst wenn jetzt noch eine der Frauen die Singlebörse erwähnen sollte und er sich auf die Suche nach seinem Profil machen würde, gäbe es keine Spuren mehr.
Außer dem neuen Anhänger an unseren Armbändern. Auch wenn es höchst unwahrscheinlich ist, dass irgendjemand diese beiden Dinge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, in Verbindung bringen würde. Wir haben einen Anhänger ausgesucht, den viele Mädchen in unserem Alter tragen, einen Absolventenhut. Nicht weil wir in ein paar Monaten solche Hüte tragen werden, sondern weil Seth Taylor in unserer Nachstellung der Reifeprüfung mit solchem Erfolg die Hauptrolle gespielt hat.
Der Beweis
kommt per E-Mail
Am nächsten Freitag bin ich wieder in der Bücherei und gebe Spencer Nachhilfe in Französisch. Ich zähle die Minuten, bis ich endlich nach Hause gehen kann.
Es ist ein besonders harter Tag für mich, weil Mason heute Geburtstag hat und ich das ganze letzte Jahr über eine große Party zu seinem achtzehnten Geburtstag geplant habe. Ich hatte schon die Location, die Deko, die Musik ausgesucht – einfach alles! Als Thema hatte ich Politik ausgewählt, da er Schulsprecher ist und sich total für Politikwissenschaft interessiert und weil man mit achtzehn endlich als erwachsen gilt und wählen darf.
Ich hatte gedacht, es sei eine tolle Idee. Doch wenn man den Gerüchten in den Schulgängen glauben darf, schmeißt Heather ihm heute Abend eine heiße, exklusive Party mit dem Thema »Hollywood« inklusive Limousinen, teuren Geschenken für die Gäste und Live-Band. Und sogar ich muss zugeben, dass das zehn Mal besser klingt als die Party, die ich geplant hatte. Aber bei der Vorstellung, dass Mason seinen großen Abend mit einer so perfekten und schönen Frau wie Heather Campbell verbringt und in ihrer perfekten, schönen mediterranen Villa Gott weiß was tut, zieht sich mein Herz zusammen. Und es ist nicht gerade hilfreich, dass in ihrem Gesicht noch kein einziger Pickel sprießt… Okay, ich habe mir geschworen, über so was nicht nachzudenken.
»Maddy?« Spencer reißt mich aus meinen Gedanken und schon bin ich wieder bei unserem heutigen Thema, den Konditionalsätzen. Zum Beispiel: Ich würde einkaufen gehen, wenn ich Geld hätte. Oder: Ich wäre nicht hier, wenn ich Mr Wilson zugehört hätte ….
»Ja?«, frage ich zurück, als wäre ich nicht sicher, warum er meinen Namen sagt, während ich neben ihm sitze.
Spencer lacht. »Du hast eben so ausgesehen, als wärst du mit deinen Gedanken ganz woanders.«
Ich schüttele entschieden den Kopf. »Nein, nein, ich bin voll und ganz bei der Sache.«
»Ich vermute, du findest das Zeug genauso aufregend wie ich.«
»Tut mir leid«, sage ich schließlich. »Ich bin ganz Ohr.«
Und als könnte er Gedanken lesen, fragt er plötzlich: »Masons Geburtstag?«
Ich hebe abrupt den Kopf. »Was?« Ich bemühe mich, beiläufig zu klingen.
»Hast du gerade an Masons Geburtstagsparty heute Abend gedacht?«, hakt Spencer nach.
Jetzt frage ich mich ernsthaft, ob er vielleicht doch einer dieser seltenen Menschen ist, die Gedanken lesen können. Und falls ja, dann habe ich echt ein Problem, denn ich habe schon mehr als einmal gedacht, wie bescheuert es ist, diesem Typ Nachhilfe geben zu müssen. Andererseits: Wenn er wirklich Gedanken lesen könnte, dann würde er jetzt wohl auch wissen, was ich gerade denke. Und dann könnte ich ihn ansehen und er würde die Augenbrauen hochziehen und nicken, wie um zu sagen: »Ja, ich bin ein Freak; ich kann deine Gedanken lesen.«
Aber wenn er seine übersinnliche Begabung für sich behalten möchte, dann würde er jetzt nicht nicken, weil ich sonst ja wüsste, dass er meine Gedanken gelesen hat.
Gott, ist das verwirrend! Na ja, selbst wenn er Gedanken lesen kann, werde ich nicht einfach zugeben, dass er richtig geraten hat. Also sage ich einfach in äußerst defensivem Ton: »Nein. Warum denkst du das?«
Spencer zuckt mit den Schultern. »Du hast so geistesabwesend ausgesehen. Und ich weiß, dass die Party heute Abend steigt, weil Jenna die ganze Woche über nichts anderes geredet
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