Fieses Karma
Pharmaindustrie. Es sieht aus wie eine altmodische Schüssel (das ist der Mörser) mit einem abgerundeten Mixstab (der Stößel). Auf der Seite der Schüssel stehen die Buchstaben Rx . Angie sagt, dass sie den ganzen Tag über dieses Symbol zu sehen kriegt, weil es über der Apothekenabteilung in Mr Millers Drugstore hängt.
Nach dem Abend, an dem wir in Heathers Badezimmer Apothekerinnen gespielt haben, ergibt das wohl Sinn. Witzig, dass wir tatsächlich genau dieses Symbol als Anhänger finden. Vermutlich gibt es eine Menge Apotheker, die Bettelarmbänder tragen. Sobald ich es mir an mein Armband hänge, fürchte ich, es könnte Blicke auf sich ziehen, weil es für einen Teenie ungewöhnlich ist, so etwas zu tragen.
Und genau das geschieht auch am übernächsten Dienstag, als ich Spencer wieder einmal Nachhilfe gebe – diesmal bei ihm zu Hause im Esszimmer statt wie sonst in der Schulbücherei. »Warum hast du an deinem Armband ein Apothekersymbol?«, will er wissen.
Ich stelle mich dumm. »Hä?«
Spencer streckt die Hand danach aus und berührt den silbernen Anhänger, der an meinem Armband baumelt. »Ist das nicht das Apothekerzeichen?«
Ich betrachte den Anhänger und für einen Augenblick denke ich nur daran, wie nahe seine Fingerspitzen meinem Handgelenk sind. Was total lächerlich ist, weil ich an Spencer Cooper kein bisschen interessiert bin, vor allem nach dem, was er Jenna letzte Woche angetan hat. Nicht dass ich Jenna besonders mögen würde oder so, aber trotzdem war das nicht nett. Und außerdem … na ja, ich bin einfach nicht an ihm interessiert, basta. Daher sollte es mich kaltlassen, dass seine Haut in diesem Moment nur wenige Millimeter von meiner entfernt ist.
So unauffällig wie möglich ziehe ich mein Handgelenk weg und greife mit einer theatralischen Bewegung nach meinem Kugelschreiber. Er soll nicht merken, dass ich mich absichtlich seiner Berührung entzogen habe. Dann sage ich: »Ach, der hier? Hmm, ja. Ich weiß nicht genau, warum ich ihn habe.«
Cool. Echt cool, Madison.
Spencer sieht mich komisch an und fragt: »Was meinst du damit, dass du es nicht weißt? Hast du ihn nicht selbst angehängt? Oder hat dir etwa die böse Anhängerhexe aufgelauert?«
Gut, ich kann mit seinem Sarkasmus im Augenblick nichts anfangen. Vor allem, da ich gerade versuche, mich aus dem Schlamassel herauszuwinden, ohne dauerhafte Schäden zu hinterlassen.
Ich kratze mich am Kopf, auch wenn er gar nicht juckt, doch aus irgendeinem Grund tun Leute das angeblich, wenn sie sich spontan eine glaubhafte Story einfallen lassen. Ich werde die Erste sein, die unterschreiben kann, dass das nicht funktioniert.
»Ja«, sage ich etwas grob. »Klar habe ich ihn rangehängt. Ich weiß nur nicht, was er bedeutet.«
Spencer nickt misstrauisch. Entweder glaubt er, ich lüge ihn an, oder er hält mich für total verrückt. Im Moment weiß ich nicht, was mir lieber ist. Vielleicht lässt er die Sache einfach auf sich beruhen und vergisst mich und meine blöden Anhänger. Um ihn abzulenken, zeige ich auf das Französischbuch, das vor uns auf dem Tisch liegt. »Na, verstehst du jetzt, wie man ein Pronomen einsetzt?«
Aber natürlich lässt er die Sache nicht auf sich beruhen. Das Einsetzen von Pronomen und auch sonst alles im Französischbuch ist ihm egal. Er ist allein daran interessiert, das Geheimnis des unerklärlichen Anhängers zu lüften. Als wäre er Sherlock Holmes und das Aufdecken der Geschichte, die hinter einem merkwürdigen Anhänger steckt, sein nächster großer Fall.
Was für ein Idiot.
»Ich wundere mich nur, weil du in jeder Nachhilfestunde einen neuen Anhänger an deinem Armband hast. Hat du den Apothekeranhänger geschenkt bekommen?«
Ich nicke bedächtig. »Ja.« Es klingt mir nach der richtigen Antwort, auch wenn ich es nicht erklären kann.
Spencer wirft mir noch einen seiner seltsamen Blicke zu. »Und derjenige, der ihn dir geschenkt hat, hat nicht gesagt, warum?«
Ich streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr und starre auf die Buchseite. »Mhm. Genauso ist es.«
Spencer klopft mit dem Kugelschreiber auf sein Notizbuch. »Okay. Das ist zwar irgendwie komisch, aber was soll’s.«
Als er sich endlich dem aufgeklappten Buch auf dem Tisch zuwendet, stoße ich fast einen Seufzer der Erleichterung aus. Doch seine Aufmerksamkeit schweift schon bald wieder ab. Nur wenige Sekunden später sieht er mich erneut an. Oh Mann, jetzt fängt er schon wieder damit an , denke ich. Aber stattdessen fragt
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