Fiesta
Erleuchtung. Ist es nicht mystisch? Eines Tages wird man hier eine Tafel aufstellen wie in Lourdes. Willst du’s wissen, Robert? Ich werd’s dir sagen. Es ist so einfach. Komisch, daß ich vorher nie daran gedacht habe. Weißt du, Robert wollte immer eine Mätresse haben, und wenn er mich nicht heiratet, dann hat er eben eine gehabt. ‹Sie war länger als zwei Jahre seine Mätresse.› Hörst du’s? Und wenn er mich heiraten würde, wie er immer versprochen hat, wäre das das Ende aller Romantik. Na, bin ich nicht helle, daß ich daran gedacht habe? Außerdem stimmt’s. Sieh ihn an und sag, ob ich nicht recht habe. Wo willst du hin, Jake?»
«Ich muß gehen, muß Harvey Stone noch eine Sekunde sprechen.»
Cohn sah auf, als ich hineinging. Sein Gesicht war weiß. Warum saß er da? Warum steckte er das alles ein?
Als ich an der Bar stand und hinaussah, konnte ich die beiden durch das Fenster sehen. Frances redete weiter auf ihn ein und sah ihn jedesmal, wenn sie «Nicht wahr, Robert?» fragte, mit einem strahlenden Lächeln an. Aber vielleicht sagte sie das jetzt auch nicht mehr. Vielleicht sagte sie jetzt etwas anderes. Ich sagte dem Mixer, daß ich nichts trinken wolle, und ging zum Seitenausgang hinaus. Als ich hinausging, sah ich zurück und sah sie durch die beiden dicken Glasscheiben dasitzen. Sie redete noch immer. Ich ging eine Seitenstraße hinunter bis zum Boulevard Raspail. Ein Taxi kam; ich stieg ein und gab dem Chauffeur die Adresse meiner Wohnung.
7
Als ich die Treppe hinaufging, klopfte die Concierge an die Türscheibe ihrer Loge, und als ich wartete, kam sie heraus. Sie hatte ein paar Briefe und ein Telegramm für mich.
«Hier ist Ihre Post. Außerdem war eine Dame hier, die Sie besuchen wollte.»
«Hat sie eine Karte dagelassen?»
«Nein. Sie war mit einem Herrn. Dieselbe, die gestern nacht hier gewesen ist. Ich finde sie doch sehr nett.»
«War sie mit einem meiner Freunde?»
«Ich weiß nicht. Er war noch nie hier. Er war sehr groß. Sehr, sehr groß. Sie war sehr nett. Sehr, sehr nett. Gestern nacht, na, da war sie vielleicht – » Sie legte ihren Kopf in eine Hand und wiegte ihn hin und her. «Ich rede absolut offen mit Ihnen, Monsieur Barnes. Gestern nacht fand ich sie nicht so gentille. Gestern nacht hab ich anders über sie gedacht. Aber hören Sie nur auf mich und was ich Ihnen sage. Sie ist trés, trés gentille. Sie ist aus sehr guter Familie. Das sieht man gleich.»
«Haben sie irgendwas hinterlassen?»
«Ja, sie wollten in einer Stunde wiederkommen.»
«Schicken Sie sie bitte rauf, wenn sie da sind.»
«Ja, Monsieur Barnes. Und die Dame, die Dame, die ist was Feines. Vielleicht verschroben, aber quelqu’une, quelqu’une.»
Bevor die Concierge Concierge geworden war, hatte sie eine Konzession gehabt, auf einem Pariser Rennplatz Getränke zu verkaufen. Ihre Lebensarbeit lag in der pelouse, aber sie hatte immer ein Auge auf die Leute der pesage gehabt, und sie war wahnsinnig stolz darauf, mir zu sagen, welche meiner Gäste gut erzogen, welche aus feiner Familie und welche sportsmen waren, ein französisches Wort, mit der Betonung auf men. Das einzig Schlimme war, daß sie den Leuten, die nicht in eine dieser drei Kategorien fielen, beinahe sicher sagte, daß chez Barnes niemand zu Hause sei. Einer meiner Freunde, ein außergewöhnlich unterernährt aussehender Maler, den Madame Duzinell offenbar weder für wohlerzogen noch aus guter Familie, noch für einen sportsman hielt, schrieb mir einen Brief, in dem er mich bat, ihm einen Paß auszustellen, damit er bei der Concierge vorbeikommen und mich manchmal abends besuchen könnte.
Ich ging in meine Wohnung hinauf und überlegte, was Brett wohl mit der Concierge angestellt haben mochte. Das Telegramm war von Bill Gorton mit der Nachricht, daß er auf der ‹France› ankommen würde. Ich legte die Post auf den Tisch, ging in mein Schlafzimmer, zog mich aus und duschte. Ich trocknete mich gerade ab, als ich die Glocke im Entree klingeln hörte. Ich zog meinen Schlafrock und meine Morgenschuhe an und ging zur Tür. Es war Brett. Hinter ihr stand der Graf. Er hielt einen großen Rosenstrauß.
«Tag, Liebling», sagte Brett. «Willst du uns nicht reinlassen?»
«Aber bitte, ich badete gerade.»
«Du bist ein Glückspilz: baden!»
«Nur eine Dusche. Setzen Sie sich, bitte, Graf. Was wollen Sie trinken?»
«Ich weiß nicht, mein Herr, ob Sie Blumen gern haben», sagte der Graf, «aber ich nahm mir die Freiheit, Ihnen diese
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