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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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mich ganz dunkel», sagte Bill, «erinnere mich an einen Boxkampf. Riesiger Wiener Boxkampf. Mit einem Neger. Erinnere mich ganz deutlich an den Neger.»
    «Nur weiter.»
    «Fabelhafter Neger. Sah wie Tiger Flowers aus, nur viermal so groß. Plötzlich fingen alle Leute an, Sachen zu schmeißen. Ich nicht. Neger hatte den Einheimischen k. o. geschlagen. Neger hielt seinen Handschuh hoch. Wollte reden. Riesig edel aussehender Neger. Fing an zu reden. Dann gab ihm der weiße Einheimische einen. Dann erledigte er den Weißen. Dann fingen alle an, mit Stühlen zu schmeißen. Neger haben wir in unserem Auto mit nach Hause genommen. Konnte seine Sachen nicht kriegen. Trug meinen Mantel. Erinnere mich jetzt an die ganze Sache. Großes Sportereignis.»
    «Was passierte dann?»
    «Borgte dem Neger Kleidung und ging mit ihm, wollte ihm zu seinem Geld verhelfen. Behauptungen, der Neger schulde ihnen Geld wegen Beschädigung der Halle. Wer das wohl alles verdolmetscht hat? Ich vielleicht?»
    «Du bestimmt nicht.»
    «Du hast recht. War ich gar nicht. War ein anderer Kerl. Glaube, wir nannten ihn den einheimischen Harvard-Vertreter. Erinnere mich jetzt an ihn. Studierte Musik.»
    «Und wie bist du da rausgekommen?»
    «Nicht so einfach, Jake. Ungerechtigkeit überall. Der Veranstalter behauptete, der Neger hätte versprochen, den Einheimischen nicht anzufassen. Behauptete, der Neger habe den Kontrakt verletzt. Kann in Wien keinen Wiener k. o. schlagen. ‹Mein Gott, Mr. Gorton›, sagte der Neger. ‹Ich habe wahrhaftig vierzig Minuten nichts getan, als mir Mühe gegeben, ihn nicht anzufassen. Der Weiße muß sich selbst verletzt haben, als er mir einen gab. Ich hab ihn überhaupt nicht angerührt.›»
    «Hast du Geld bekommen?»
    «Kein Geld, Jake. Alles, was wir bekommen konnten, waren die Sachen vom Neger. Außerdem hatte ihm jemand seine Uhr geklaut. Fabelhafter Neger. Riesenfehler, nach Wien zu gehen. Nicht so ganz erfreulich, Jake, nicht so ganz erfreulich.»
    «Was wurde aus dem Neger?»
    «Fuhr nach Köln zurück. Lebt da. Verheiratet. Hat Familie. Wird mir schreiben und das Geld, das ich ihm gepumpt habe, zurückschicken. Fabelhafter Neger. Hoffe, ich gab ihm die richtige Adresse.»
    «Hast du wahrscheinlich getan.»
    «Na, auf jeden Fall wollen wir essen», sagte Bill. «Außer wenn du noch mehr Reiseberichte hören willst.»
    «Nur los.»
    «Komm essen.»
    Wir gingen die Treppe hinunter und hinaus auf den Boulevard St. Michel. Es war ein warmer Juniabend.
    «Wohin wollen wir?»
    «Willst du auf der Insel essen?»
    «Gern.»
    Wir gingen den Boulevard hinunter. Wo die Rue Denfert-Rochereau den Boulevard kreuzt, steht ein Denkmal von zwei Männern in fliegenden Gewändern.
    «Ich weiß, wer sie sind.» Bill beäugte das Denkmal. «Herren, die die Heilkunde erfunden haben. Versuch nicht, mich in Paris zu veräppeln.»
    Wir gingen weiter.
    «Hier ist der Laden von einem Tierausstopfer», sagte Bill. «Willst du was kaufen? Vielleicht ein hübscher, ausgestopfter Hund gefällig?»
    «Komm man», sagte ich, «du bist blau.»
    «Reizende, hübsch ausgestopfte Hunde», sagte Bill. «Würden deine Wohnung unbedingt verschönern.»
    «Los, komm.»
    «Nur einen ausgestopften Hund», sagte Bill. «Man kann sie stehenlassen oder auch mitnehmen. Hör mal, Jake. Nur einen ausgestopften Hund, ja?»
    «Los, komm.»
    «Bedeutet dir alles in der Welt, sobald du ihn einmal gekauft hast. Einfacher Austausch der Werte. Du gibst ihnen Geld. Sie geben dir einen ausgestopften Hund.»
    «Wir kaufen einen auf dem Rückweg.»
    «Schön. Also, wie du willst. Weg zur Hölle mit ungekauften ausgestopften Hunden gepflastert. Nicht meine Schuld.»
    Wir gingen weiter.
    «Woher hast du plötzlich diese Vorliebe für Hunde?»
    «Immer gehabt. War immer ein großer Liebhaber von ausgestopften Tieren.»
    Wir hielten an und tranken was.
    «Trinke gern», sagte Bill. «Mußt mal versuchen, Jake.»
    «Du bist mir ungefähr um hundertvierundvierzig voraus.»
    «Sollte dich nicht entmutigen. Nie entmutigt sein. Geheimnis meines Erfolgs. Noch nie entmutigt gewesen. Noch nie in der Öffentlichkeit entmutigt gewesen.»
    «Wo hast du eigentlich getrunken?»
    «Hab im Crillon Station gemacht. Georges hat mir ein paar Jack Roses gemixt. Georges ist ein großer Mann. Weißt du das Geheimnis seines Erfolgs? Nie den Kopf hängenlassen.»
    «Noch drei Pernod, und du bist todsicher entmutigt.»
    «Nicht in der Öffentlichkeit. Wenn ich fühle, daß ich meine Sicherheit

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