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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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gesehen?»
    Auf dem Nasenbein war ein Fleck getrockneten Blutes.
    «Von der Reise. Die Reisetasche einer alten Dame», sagte Mike. «Ich wollte ihr behilflich sein, stand auf, und dann fiel das Ding auf mich rauf.»
    Brett machte ihm mit ihrer Zigarettenspitze Zeichen von der Bar her. Ihre Augen lachten.
    «Eine alte Dame», sagte Mike. «Ihr Gepäck fiel auf mich rauf.»
    «Komm rein zu Brett. Weißt du, sie ist schon eine Nummer. Brett, du bist eine schöne Frau. Wo hast du den Hut her?»
    «Freund gekauft. Gefällt er dir nicht?»
    «Es ist ein schrecklicher Hut. Kauf doch einen anständigen Hut.»
    «Ach, jetzt haben wir ja so viel Geld», sagte Brett. «Sag mal, hast du Bill denn noch nicht kennengelernt? Du bist ein fabelhafter Gastgeber, Jake.»
    Sie wandte sich an Mike. «Dies ist Bill Gorton. Dieser Trunkenbold ist Mike Campbell. Mr. Campbell ist ein Bankrotteur, der seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt hat.»
    «Schöner Kerl, was? Weißt du, daß ich meinen Expartner gestern in London getroffen habe, den Kerl, der mich reingelegt hat.»
    «Was sagte er denn?»
    «Bezahlte mir einen Drink. Dachte, könnte es ebensogut auch annehmen. Hör mal, Brett, du bist eine fabelhafte Nummer. Findet ihr nicht auch, daß sie schön ist?»
    «Schön? Mit der Nase?»
    «Es ist eine herrliche Nase. Los, streck sie mir nur entgegen. Ist sie nicht ein Prachtstück?»
    «Hätten wir den Mann nicht in Schottland lassen können?»
    «Hör mal, Brett, wollen früh nach Hause gehen, was?»
    «Sei nicht unanständig, Michael. Vergiß nicht, daß in dieser Bar auch Damen sind.»
    «Ist sie nicht eine Prachtnummer. Findest du nicht auch, Jake?»
    «Heute abend ist ein Boxkampf», sagte Bill. «Habt ihr Lust hinzugehen?»
    «Kampf», sagte Mike, «wer boxt denn?»
    «Ledoux und irgendwer.»
    «Ledoux ist ausgezeichnet», sagte Mike. «Ich würde ja wahnsinnig gern – » er machte eine Anstrengung und riß sich zusammen – «aber ich kann leider nicht gehen. Ich bin mit der da verabredet. -Wirklich, Brett, kauf dir einen neuen Hut.»
    Brett zog den Filzhut weit über ein Auge und lächelte darunter hervor. «Ihr zwei geht zum Boxen. Ich werde Mr. Campbell auf dem nächsten Weg nach Hause bringen müssen.»
    «Ich bin nicht besoffen», sagte Mike. «Vielleicht gerade ein bißchen. Hör mal, Brett, du bist ein Prachtstück.»
    «Also los, zum Boxen», sagte Brett. «Mr. Campbell wird schwierig. Was sollen diese Zärtlichkeitsergüsse, Michael?»
    «Und du bist und bleibst ein Prachtstück.»
    Wir sagten gute Nacht. «Tut mir leid, daß ich nicht mit kann», sagte Mike. Brett lachte. Ich sah noch mal von der Tür aus zurück. Mike hielt eine Hand auf der Bar und lehnte sich hinüber und sprach auf Brett ein. Brett sah ihn ganz kühl an, aber sie hatte ein Lächeln in den Augenwinkeln.
    Draußen auf dem Trottoir sagte ich: «Willst du zum Boxen gehen?»
    «Natürlich», sagte Bill. «Wenn wir nicht zu Fuß zu gehen brauchen.»
    «Mike hat sich ja mächtig für seine Freundin erhitzt», sagte ich im Taxi.
    «Nun», sagte Bill. «Kann man ihm eigentlich nicht verübeln.»

2
    Der Boxkampf zwischen Ledoux und Kid Francis war am 20. Juni abends. Es war ein guter Kampf. Den Morgen darauf erhielt ich einen Brief von Robert Cohn aus Hendaye. Er schrieb, er verlebe eine sehr stille Zeit: Schwimmen, ein bißchen Golf und viel Bridge. Hendaye hätte einen herrlichen Strand, aber er warte schon voller Ungeduld auf den Beginn unserer Angeltour. Wann ich käme? Wenn ich ihm eine doppelt gezwirnte Schnur mitbrächte, würde er mir die Unkosten dann unten ersetzen.
    An demselben Morgen schrieb ich Cohn vom Büro aus, daß Bill und ich, falls ich ihm nichts anderes depeschierte, am fünfundzwanzigsten Paris verlassen würden und ihn in Bayonne treffen könnten, um von da aus dann gemeinsam einen Omnibus über die Berge nach Pamplona zu nehmen. Am selben Abend, ungefähr um sieben Uhr, ging ich einen Augenblick im Sélect vorbei, um Michael und Brett zu sprechen. Sie waren nicht da, und ich ging hinüber ins Dingo. Sie saßen drinnen an der Bar.
    «‘n Abend, Lieber.» Brett streckte mir ihre Hand entgegen.
    «‘n Abend, Jake», sagte Mike. «Gestern abend soll ich besoffen gewesen sein.»
    «Wahrhaftig», sagte Brett. «Widerwärtig geradezu.»
    «Hör mal», sagte Mike, «wann willst du eigentlich nach Spanien? Wär’s dir recht, wenn wir auch mitkämen?»
    «Das wär fein.»
    «Wirklich, es wär dir recht? Du weißt, ich war schon mal in

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