Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
gewesen?”
Hier haben wir eine zufällige
Frage. „So weit ich weiß,
nur im Frühling.”
„Im
Herbst ist es am besten. Der Herbst ist ein Muss. Der Herbst ist der neue
Frühling. Sie müssen kommen. Versprechen Sie mir, dass Sie kommen. Ich besitze
dort ein kleines Ferienhaus – fünfzig Zimmer am Meer, fünfzehn
Bedienstete, drei Schwimmbecken, einen unbeschreiblichen Garten – aber
wir kommen zurecht.” Sie schaute zu Jack hinüber. „Wir haben genug Platz.”
„Gewiss,”
sagte Celina. „Lassen Sie uns irgendwann einmal zu Mitttag essen und uns unsere
Terminkalender abgleichen.”
„Meiner
ist unmöglich,” seufzte Lady Ioneco. „Mein Assistent hat alles auf einen von
diesen kleinen iPod-Dingern für mich getan, weil er der Meinung war, es könnte
ein Leben organisieren, das nicht organisierbar ist. Er weiß noch immer nicht,
wer ich bin. Er versteht noch immer nicht, dass es in der Welt, in der wir uns
bewegen, keine Ordnung gibt. Er glaubt, mein Leben kann in etwas Glänzendes und
Aufpoliertes gequetscht – ja, gequetscht! – werden. Und nun ist die
Lage natürlich schlimmer denn je.” Sie warf den Kopf zurück und gackerte die folgenden
Worte: „Technologie, mein Gott!”
In
einem Versuch, sie zu beschwichtigen, legte Anastassios eine Hand auf ihren
Rücken.
„Anastassios,”
sagte sie, indem sie ihren Kopf zur Decke hob. „Dieser Kronleuchter. Der ist
mir vorher nie aufgefallen. Er ist grandios.”
„Es
ist ein Lalique.”
„Er
ist terrifique!”
„Ist
es nicht Zeit für einen Drink?” fragte Jack Celina. Er schaute Lady Ionesco an.
„Wir sind gerade aus der Stadt gekommen, und ich muss sagen, dass ein Drink
jetzt angebracht wäre.”
„Probieren
Sie den Champagner,” sagte Lady Ionesco. „Er ist göööööttlich. Und versuchen
Sie dann einen Manhattan. Mein Gott, ich liebe Manhattans. Die sind so
Zwanziger Jahre. So wie jetzt. So wie immer.”
Celina
küsste Anastassios auf beide Wangen und wiederholte dasselbe für Lady Ionesco,
die laut sagte: „Die Türkei! Im Herbst! Mittagessen!”
Während
sie von ihnen weggingen und in der Menge untertauchten, sagte Celina: „Sie
haben sich wacker gehalten.”
„Ich
habe kaum etwas gesagt. Sie hingegen waren beeindruckend. Diese Frau ist voll daneben,
und der Mann ist ein gerissener Hurensohn.”
„Er
ist weit mehr als das,” sagte Celina. Sie folgten einer Welle von
Augenblicks-Berühmtheiten und Altem Geld zu einer Bar auf dem Achterdeck, wo
sich Leute tummelten, die darauf erpicht waren, den Anforderungen einer Welt zu
entkommen, in der sie alle lebten.
Während
Jack ihre Getränke bestellte, blickte sich Celina auf dem gebohnerten Deck um.
Die
erste Person, auf der ihr Blick haften blieb, war gleichzeitig die letzte, die
sie hier zu sehen erwartet hatte – Louis Ryan. Celina erinnerte sich,
dass Ryan – der von der Gesellschaft gemieden wurde, weil er sich
weigerte, Wohlfahrtsorganisationen Geld zu spenden – einer Zeitung einmal
mitgeteilt hatte: „Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, Wohltätigkeit beginnt
daheim. Wenn das stimmt, dann sage ich Folgendes: Ich besitze acht Häuser, und
dorthin fließt auch mein Geld.”
Sie
beobachtete Ryan und fragte sich, warum gerade er eine Einladung für diese
Veranstaltung erhalten hatte, in deren Rahmen man doch gewiss Geld von ihm
erwarten würde, um es im Kampf gegen diese in Vergessenheit geratene Krankheit
– HIV – einzusetzen, die innerhalb des Grüppchens der Wohltätigen
kürzlich wieder an Popularität gewonnen hatte. Er stand allein in der Nähe des
zwanzigköpfigen Orchesters, nippte an einem Glas Champagner und sah zu, wie die
Gäste kicherten, sich umarmten und einander zur Seite stießen.
Celina
hätte gerne gewusst, ob ihr Vater ihn schon gesehen hatte.
Sie
schaute sich nach George um und fand sich Auge in Auge mit Diana Crane, die
neben ihr stand, den Rücken der Bar zugewandt und ein Glas prickelnden
Champagners in der Hand. Eine Stille fiel über die beiden, während sie einander
ansahen, sich gegeneitig begutachteten. Dann tat Diana den ersten Schritt. „Hallo, Celina.”
Celina
nickte. Ihr fiel der abklingende blaue Fleck um Dianas Auge auf, der sorgfältig
verdeckte Kratzer auf ihrer Stirn und konnte sich nur schwer vorstellen, was
sie und Eric in der Nacht des Überfalls durchgemacht haben mussten.
„Das
ist eine wunderschöne Halskette, die Sie da umhaben,” sagte sie.
Diana
legte eine Hand an ihren Nacken und ließ ihre Finger über
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