Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
dasitzen. Der Mann konnte ihn mit diesem Wissen erpressen.
„Was sagen Sie?” sagte Louis.
„Sind wir uns einig?”
KAPITEL
34
Leana
stand auf dem großen, halbkreisförmigen Balkon ihrer Ecksuite im Hotel de Paris
und sah auf den zum Bersten vollen Hafen von Monte Carlo hinunter. Es war ein
Spätnachmittag, die Sonne begann sich zu senken, und in einiger Entfernung
konnte sie auf einer herausragenden, felsigen Landspitze den Palast sehen, der
jenseits von einem tiefblauen Himmel und dem Mittelmeer eingerahmt war.
Die
kühle, saubere Luft roch nach Salz. Dutzende Jachten und Segelboote kehrten
nach einem Tag auf See in den Hafen zurück. Um sie herum boten die bezaubernden
Villen im Stil Edwards VII., die sie schon als Kind so sehr bewundert hatte,
eine willkommene Abwechslung von den Wolkenkratzern Manhattans.
Sie
konnte nach wie vor nicht glauben, dass sie erst gestern noch in New York
gewesen war, allein und in einem Alptraum lebend.
Hinter
ihr hörte sie das schwache Rascheln von Laken. Sie drehte sich um, schaute in
das Zimmer und auf das Bett und sah Michael, der sich auf den Bauch gelegt
hatte; seine Arme waren ausgestreckt, sein Gesicht ihr zugewandt. Er atmete
ruhig, und Leana fand, dass er wunderschön war.
Sie
war froh, dass er schlafen konnte. Ihr war das nicht möglich gewesen. Alles,
was dazu geführt hatte, dass sie über den Atlantik geflogen und in diesem
Hotelzimmer gelandet waren, begriff sie noch immer nicht so recht.
Es
kam ihr unwirklich vor, dass sie Michael erst diesen Morgen geheiratet hatte
und sie sich den ganzen Nachmittag über geliebt hatten. Vergangene Nacht hätte
Mario ihn beinahe getötet. Wenn sie nicht aus dem Rückfenster des Wagens
geschaut und Michael in dem Verkehr hätte stehen sehen, wenn sie Mario nicht
angeschrien hätte, nicht zu schießen, dann hätte es für sie keinen Zweifel
gegeben, dass entweder Mario oder einer seiner Leute abgedrückt hätten.
Und
dann wäre Michael jetzt tot.
Sie
wollte der Vorstellung, dass ihre Verbindung mit Mario Michael beinahe das
Leben gekostet hätte, nicht ins Auge sehen. Michael trat im dunkelsten Moment
in ihr Leben und hatte es aufgehellt. Die vielen Tage, die sie in ihrem
Apartment mit Saubermachen und Malen zugebracht hatten – und mit
Ausgehen, wann immer sie zu müde waren, um weiterzumachen – bedeuteten
alles für sie. Er hatte ihr Leben besser gemacht, und sie liebte ihn dafür.
Heute
war die Heirat zu Michael das richtige gewesen, egal, wie wenig sie ihn
eigentlich kannte. Leana wusste, dass sie nie eine Beziehung mit Mario haben
könnte. Sie wusste, dass er ihretwegen seine Frau nie verlassen würde. Sein
Vater würde es nicht gestatten. Wenn sie mit ihm zu der Wohnung gegangen wäre,
die er ihr angeboten hatte, wenn sie ihm erlaubt hätte, wie damals in ihrem
Leben aus- und einzugehen, dann wäre sie unglücklich geworden.
Also
war sie mit Michael weggegangen. Zu ihrem großen Erstaunen hatte Mario keine
Einwände. Stattdessen drückte er sie an sich, küsste sie und versprach ihr,
dass er sich um die Sache mit Eric Parker kümmern würde, während sie im Ausland
war. Leana wusste, was das bedeutete, und der Gedanke ließ sie erstarren.
Mario
hatte vor, ihn umzubringen.
* * *
Michael
machte ihr den Antrag in einem Taxi.
Nachdem
sie ihm von der Waffe, der Notiz und dem Mordauftrag erzählt hatte, den Eric
Parker gegen sie vergeben hatte, überraschte er sie, indem er zwei Flugkarten
aus der Innentasche seiner Jacke zog. „Ich weiß, dass ich dich liebe,” sagte
er. „Du bist zu klug, um das nicht zu wissen. Heirate mich. Wir fliegen nach
Europa. Dort wirst du sicher sein. Mit mir wirst du sicher sein. Wir lassen das
alles hinter uns und werden glücklich miteinander. Das verspreche ich dir.”
Es
war alles so leicht.
Leana
war so verängstigt durch all das, was in ihrem Leben geschah, so verwirrt und
besorgt um ihre Zukunft, dass sie erkannte, sie wollte New York verlassen und
so lange nicht zurückkehren, bis Eric Parker – und sein Auftragsmord
– der Vergangenheit angehörten. Andernfalls hätte sie zuviel Angst, dort
zu leben.
Ohne
noch weiter darüber nachzudenken, nahm sie die kleine Tiffany-Schatulle, die er
ihr gegeben hatte, öffnete sie und fand darin einen der größten
Solitaire-Diamanten, den sie jemals gesehen hatte. „Natürlich werde ich dich
heiraten.”
Am
Morgen kamen sie in Nizza an. Da sie von dem Flug ausgeruht waren, mieteten
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