Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
kleinen
Schätzen umgeben zu sein, Bedeutung für Sie hat – aber für mich sind sie
langweilig und überflüssig.”
„Es
tut mir Leid, dass Sie so denken.”
„Mir
ebenfalls. Aber es passt irgendwie nicht. Es ist schlichtweg furchtbar. Für den
Moment mag es angehen, aber nur so lange, bis ich mein eigenes Team von
Designern verpflichtet haben werde, den Raum völlig neu zu entwerfen.”
Sie
sah die stählerne Härte in seinen Augen, die kaum wahrnehmbare Veränderung in
der Stellung seines Unterkiefers und seufzte. „Wirklich,” sagte sie. „Wir sind
ein Hotel, nicht das Kunstmuseum. Wessen Idee war es denn, all diese
Sisley-Gemälde aufzuhängen?”
* * *
Als
sie allein war, nahm sie in dem ledernen Ohrensessel Platz und musste zu ihrer
Enttäuschung feststellen, dass er mit dem ledernen Ohrensessel ihrer Kindheit
nichts gemein hatte – dem bequemen Ledersessel, der in dem Büro ihres Vaters
gestanden und nach dessen Eau de Cologne gerochen hatte.
Wenn
sie sich nur nicht gestritten hätten! Sie sollte ihn jetzt anrufen und sich bei
ihm entschuldigen, dachte sie. Sie sollte ihren Stolz überwinden und ihm sagen,
dass es ihr Leid tue, dass sie ihn liebe und seine Unterstützung und
Freundschaft wünsche.
Allerdings
war es nicht die Nummer ihres Vaters, die sie wählte, als sie den Hörer in die
Hand nahm. Es war die Nummer von Marios Restaurant.
Seltsamerweise
nahm niemand ab, trotzdem es um die Mittagszeit war. Während sie sich in ihrem
Sessel zurücklehnte und hinüber zum Gebäude ihres Vaters blickte, kam ihr in
den Sinn, dass Dienstag nicht nur ein wichtiger Tag für sie sein würde, sondern
auch für ihren Vater, denn an diesem Tag würde WestTex zu Redman International
überwechseln. Sie fragte sich, wie sich das anfühlen würde, und ob die
Verwirklichung ihres Traumes ebenso süß sein würde, wie sie sich das immer
vorgestellt hatte.
Sie
dachte, ohne die Gegenwart ihrer Schwester und ohne die Zustimmung ihrer Eltern
würde das alles irgendwie anders sein. Und sie fragte sich erneut, ob es
ein Fehler war, diese Position
anzunehmen.
Erst
später am Abend, als sie sich zu Hause mit Michael auf dem Sofa entspannte, den
Fernseher einschaltete und die CNN-Nachrichten schaute, erfuhr sie von der
Explosion, die zwei Mitglieder des De Cicco-Verbrechersyndikats getötet hatte.
KAPITEL
47
Antonio
De Cicco hörte die Schlampe, bevor er sie sah.
Er
saß neben Marios Bett auf der Intensivstation des Bellevue Hospitals und hielt
dessen Hand, als er ihre Stimme hinter der geschlossenen Tür hörte. Ihre
Forderungen, seinen Sohn zu sehen, waren bestimmt, und sie erinnerte die
diensthabenden Ärzte und Krankenschwestern daran, dass ihr Vater Millionen in
dieses Krankenhaus investiert hatte, und wenn sie sie nicht sofort zu Mario
ließen, dann wären sie ihre Arbeit mit Ende der heutigen Schicht los.
Zornig
schaute Antonio von dem Wirrwarr an Schläuchen weg, die durch den Körper seines
Sohnes liefen. Er wusste nur zu gut, dass er seine Schwiegertochter, den
zuverlässigen Anwalt der Familie, der auch noch sein Vetter war, und sogar
beinahe den eigenen Sohn wegen Leana Redman verloren hatte.
Der
Schmerz von vorhin machte einer Wut Platz, die zu einer Entscheidung führte –
er würde sie zermalmen, wie er das Lucia zuvor schon versprochen hatte.
Und
dennoch war ihm das nicht möglich – zumindest nicht hier. Wenn er eine
Szene machte, ihr in der Öffentlichkeit drohte, gäbe es Zeugen – und der
Staatsanwalt, ein Mann, der schon seit Jahren darauf wartete, ihn hinter Gitter
zu bringen, würde sich in dem Moment auf ihn stürzen, in dem man Leana Redman
bei der Eröffnung des Hotel Fifth ermordete.
Er
saß einige Augenblicke in Gedanken versunken – er war sich der Gegenwart
der Schlampe und ihrer häufig erhobenen Stimme nun kaum mehr bewusst –,
bevor er eine Entscheidung traf und nach der Ruftaste neben seinem Sohn
griff.
Er
drückte darauf und wartete. Als die Schwester kam, erhaschte er einen kurzen
Blick auf Leana Redman, bevor sich die Tür zum Zimmer seines Sohnes schloss.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm an der Schwesternstation, gestikulierte mit den
Händen und debattierte mit einem der Ärzte.
„Ja,
Mr. De Cicco?”
Antonio
stand mit Mühe auf und bemerkte die Beklommenheit in den Augen der jungen Frau.
„Ich höre, wie eine Frau wegen meines Sohnes laut wird,” sagte er ruhig. „Wo
liegt das Problem?”
Die
Krankenschwester
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