Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
Zuerst fielen ihr nur die Dekorateure auf, die
schon seit Tagen anwesend waren und die sich über Einzelheiten die Köpfe
zerbrachen, die ihr nie in den Sinn gekommen wären. In der Lobby standen nun
dreihundert Tische für jeweils sechs Personen, vier kunstvoll verzierte Bars,
die man zu diesem Zweck aus Hong Kong eingeflogen hatte, sowie eine
Lautsprecheranlage für höchste Ansprüche, die ihre Stimme Hunderten von
Menschen nahe bringen würde.
Dann
bemerkte sie zu ihrer Rechten einen großen und kräftig aussehenden Mann in
einem schwarzen Smoking. Er sprach in sein Revers, während er hinter den
Wasserfall trat. Hoch oben auf der dritten Etage fiel ihr ein anderer Mann auf,
der eines der Alarmsysteme überprüfte. Und hinter ihr lauschte das
Bedienpersonal auf das, was eine Gruppe von fünf identisch gekleideten Männern
zu sagen hatte.
„Wie
viele?”
„Dreißig,”sagte
Zack.
„Nicht
genug. Sprechen Sie mit deren Chef und sagen Sie ihm, ich will mindestens
zwanzig mehr. In ein paar Stunden wird dieser Raum mit einigen der
einflussreichsten Leute auf der ganzen Welt angefüllt sein. Ich will nicht,
dass ihnen etwas geschieht.”
Anderson
nickte, und als Leana ihn sich entfernen sah, fragte sie sich, ob ihre kleine
Auseinandersetzung von vor ein paar Tagen gefruchtet hatte. Er schien jetzt
irgendwie anders – nicht voreingenommen; bereit, Anweisungen
entgegenzunehmen; höflich. Sie wusste, dass ohne seine Hilfe nichts von all dem
so reibungslos ablaufen würde.
Sie
ließ einen letzten Blick durch die Lobby schweifen, nahm einen Fahrstuhl zu
ihrem Büro und rief Louis Ryan bei Manhattan Enterprises an.
„Leana
hier,” sagte sie. „Ich hoffe, ich störe nicht.”
„Keineswegs,”
sagte er. „Ich wollte Sie gerade anrufen. Haben Sie meine Blumen erhalten?”
Leana
bewunderte den riesigen Strauß Rosen auf ihrem Schreibtisch. „Ja, das habe
ich,” sagte sie. „Wie hätte ich sie nicht bemerken können? Sie nehmen den
gesamten Raum ein – und sie sind wunderschön. Vielen Dank.”
Sie
musste an etwas denken und lachte. „Wissen Sie,” sagte sie, „ich muss sie
vielleicht in die Lobby bringen lassen.”
„Gibt
es etwa Probleme mit dem Blumenhändler?”
„Das
kann man so sagen.”
„Machen
Sie sich keine Sorgen,” sagte er. „Es gibt immer etwas, das in der letzten
Minute schief geht, und dann löst sich das Problem wie von selbst. Der
Blumenhändler wird kommen, und alles wird seine Ordnung haben. Gibt es noch
etwas, das Ihnen Sorgen macht?”
„Nein,”
sagte sie. „Alles verläuft reibungslos.”
„Was
also kann ich für Sie tun? Brauchen Sie ein Beruhigungsmittel?”
Leana
lächelte. „Nervös bin ich eigentlich überhaupt nicht. Ich habe angerufen, um
herauszufinden, ob Sie bei der Suche nach dem Mann, der meine Schwester
umgebracht hat, Fortschritte gemacht haben. “
„Das
ist einer der Gründe, warum ich Sie anrufen wollte.”
Leana
legte die Hand auf ihr freies Ohr, um ihn besser verstehen zu können. „Haben
Sie ihn gefunden?”
„Nein,”
sagte Louis. „Aber ich habe jemanden angestellt, der ihn finden wird. Sein Name
ist Vincent Spocatti. Er ist einer der besten Privatdetektive weltweit, und er
ist sich sicher, dass er den Mann finden kann, der Celina getötet hat. Ich
möchte, dass Sie ihn nach der heutigen Party kennen lernen.”
Sie
dachte kurz an ihre Verabredung zum Essen mit Michael. Er würde es verstehen.
Das hier war wichtig.
„Ich
werde mich natürlich mit ihm treffen,” sagte sie. „Und danke, Louis. Das ist
sehr wichtig für mich – mehr als Sie glauben.”
Sie
legte den Hörer auf und ging nach hinten zu den Fenstern – sie würde
Michael zu dem Treffen bitten und danach mit ihm essen. Sie hatte den
plötzlichen Drang, Harold anzurufen, ihm die guten Neuigkeiten mitzuteilen,
doch dann fiel es ihr wieder ein – wie schon so oft –, dass das ja
gar nicht ging. Ihn gab es nicht mehr. Du
hättest zu mir kommen können. Hattest du nicht genug Vertrauen zu mir, um zu
wissen, es war mir egal, ob du schwul oder nicht schwul, fett oder dürr bist?
Sie
erwog die Möglichkeit, dass er es vielleicht nicht gewusst hatte und dass sie
ihn vielleicht daraufhin hätte ansprechen sollen, dass sie es wusste. Die
Vorstellung, dass er noch am Leben sein könnte, wenn sie gehandelt hätte, war
zu viel für sie – darüber konnte sie sich jetzt keine Gedanken machen.
Sie
griff nach den Karteikarten auf ihrem Schreibtisch. Auf ihnen war sauber
getippt die
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