Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
Ansprache, die sie heute Morgen umgeschrieben und auswendig gelernt
hatte. Indem Leana vor den Fenstern auf und ab schritt und sie laut lesend
durchging, fiel ihr ein winziger roter Punkt auf, der über ihren Ärmel huschte
und ihre Hand herunterlief, bevor er wieder verschwand.
Sie
blieb vor den Fenstern stehen.
Sie
schaute über die Dreiundfünfzigste Straße auf das Nachbargebäude, sah nichts
Außergewöhnliches, vernahm dann allerdings das schwache Geräusch eines Motors
und blickte hinauf zu dem Helikopter, der über der Stadt kreiste. Das
Sonnenlicht fiel auf seine funkelnden Rotoren und warf ein Licht aus allen
Farben des Regenbogens auf ihr Gesicht und ihren Körper. Sie schreckte vor der plötzlichen
Helligkeit zurück und hob eine Hand, um ihre Augen zu schützen.
Es
schien, als ob der Helikopter das Hotel umflog. Seine Tür war geöffnet, und sie
sah, wie sich jemand hinauslehnte – er hatte eine Videokamera auf der
Schulter. Es war offensichtlich, dass die Nachrichten die Veranstaltung aus der
Luft festhalten wollten. Leana hätte gerne gewusst, was es mit diesem kleinen
roten Punkt auf sich hatte, sah zum Helikopter hoch und kam zu dem Schluss, das
sich darauf spiegelnde Sonnenlicht musste wohl die Ursache dafür gewesen sein.
Sie
trat von den Fenstern zurück und widmete sich wieder ihren Aufzeichnungen.
* * *
Die
Nachmittagssonne fiel durch die schräg gestellten Jalousien und warf Streifen
von Licht auf das schmale Krankenhausbett, in dem Mario De Cicco lag. Sein
Körper war schweißgebadet.
Antonio
wandte den Blick von den Monitoren ab, die das Bett umgaben, und sah seine
beiden jüngsten Söhne Miko und Tony an. „Heute Abend,” sagte er, „wenn sie vor
den Kameras steht, werden wir sie uns nehmen, und die ganze Welt wird es
sehen.”
Die
zwei Brüder traten ans Bett.
„Ich
hab’ etwas herumtelefoniert,” sagte Antonio. „Sals Junge Rubio kennt ein paar
Typen, die an der Bar arbeiten während der Eröffnung. Um mir einen Gefallen zu
tun, hat er gesagt, er kann euch beide da ‘reinbekommen, hat versprochen, das
ist kein Problem.”
Einer
der Monitore fing an zu piepsen, und Antonio drehte sich zu Mario um, der blass
und bewegungslos im Bett lag. Seine Atmung war tief und gleichmäßig. Antonio
schaute auf den Monitor und dann wieder auf seinen Sohn in der Hoffnung, ein
Lebenszeichen in dessen Gesicht zu erkennen. Er konnte keins feststellen, und
Antonio fragte sich, ob Mario je wieder aufwachen würde.
Er
wandte sich wieder an Miko und Tony, und zum ersten Mal waren ihm seine
neunundsechzig Jahre anzusehen. „Alles, was ihr zu tun habt, ist, ein paar
Gläser zu spülen und zu warten, bis sie auf die Bühne tritt,” sagte er. „Wenn
sie mit ihrer Rede halb durch ist und alle auf sie schauen, ist es so weit;
dann macht ihr sie kalt. Wenn alles schnell geht und ihr euch in der Nähe des
hinteren Ausgangs aufhaltet, habt ihr sicher keine Probleme, schnell
‘rauszukommen.”
„Was
ist mit den Sicherheitskräften?” sagte Miko. „Dieser Ort wird voller Bullen
sein – von der Presse einmal ganz abgesehen. Jemand könnte uns erkennen.
Was ist unser Ausweichplan?”
Antonio
sah seinem Sohn direkt in die Augen. „Seit wann sorgst du dich einen Dreck um
Sicherheitskräfte?” fragte er. „Oder um die Presse? Sobald ihr anfangt, Redman
mit Blei vollzupumen, entsteht eine derart verdammte Aufregung, dass euch
niemand in die Quere kommen wird. Und wenn doch, dann knallt ihr sie nieder und
seht zu, dass ihr wegkommt.”
Er
nickte Nicky Corrao zu, der auf der anderen Seite des Zimmers auf einem blauen
Vinyl-Stuhl saß und ihrer Planung zuhörte. „Nicky wird fahren,” sagte er. „Er
wird am Eingang von der Dreiundfünfzigsten Straße auf euch warten und
losfahren, sobald ihr herauskommt.”
Er
schaute zu Mario hinüber. „Ich will, dass sie aus seinem Leben verschwindet,”
sagte er. „Wenn er aufwacht, möchte ich, dass das erste, was er sieht, ihr
Nachruf ist. Falls dem nicht so ist, wenn auch nur einer von euch mich
enttäuscht, dann werde ich das nie vergessen. Haben wir uns verstanden?”
Absolut.
„Dann
schlage ich vor, dass Ihr euch bewegt,” sagte Antonio. „Ruft jetzt Rubio an und
fragt ihn, was ihr anziehen und wo ihr euch mit ihm treffen sollt. Nicky, du
bleibst hier. Sobald Pauly kommt, sagst du ihm, er soll auf Mario aufpassen.
Wenn er aufwacht, will ich das sofort wissen.”
„Jawohl,
Sir.”
„Und
Nicky,” sagte Antonio, während er
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