Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
weiter am Straßenrand
geparkt und mich im Wald in der Nähe ihres Hauses versteckt. Das Wetter war in
jener Nacht fürchterlich. Wir hatten einen Schneesturm. Ich muss in diesem Wald
Stunden zugebracht haben, bevor ich ihren Wagen die Straße herunterkommen sah;
während sie sich der Brücke näherte, geriet sie im Schnee ein wenig ins
Schleudern. Als ich abdrückte, war ich ebenso ruhig, wie ich es jetzt bin.
Daran kann ich mich genau erinnern. Ich war so wütend, dass mich nicht einmal
die Explosion des Schusses erschreckte. Und als ihr Wagen dann von der Brücke
stürzte, fühlte ich nichts als Erleichterung. Sie war aus unser beider Leben
verschwunden. Das Problem war gelöst. Ich eilte zu meinem Auto zurück und war
weg, bevor die Polizei eintraf.”
Jack
konnte nicht glauben, dass sie gerade ihm dieses Geständnis machte. „Sie haben
Anne Ryan getötet?” sagte er.
Elizabeth
lächelte. „Sie sind ein kluger Mensch, Mr. Douglas. Klüger, als ich Sie mir
vorgestellt hatte. Ja, ich habe sie umgebracht. Ich war verzweifelt, und
deshalb habe ich sie getötet. Es war das Beste und Schlechteste, was ich in
meinem Leben getan habe. Zwar mag es mir gelungen sein, Anne Ryan aus unserem
Leben zu beseitigen, doch ist meine Tochter jetzt wegen mir tot, und mein Mann
und meine andere Tochter befinden sich momentan in Gefahr.”
Jack
stand einfach nur wie vor den Kopf geschlagen da. „Sie hätten das stoppen
können.”
Falls
sie ihn verstanden hatte, so ließ sie es sich nicht anmerken.
„Ich
habe es George nie gesagt,” fuhr Elizabeth fort. „Aber ich glaube, er hat es
immer gewusst. Er hatte nur nie den Mut, mich zu fragen.” Sie schaute Jack an.
„Aber Sie werden das alles ändern, nicht wahr, Mr. Douglas? Sie werden es
George erzählen. Und Sie werden es der Polizei erzählen.”
„Ich
habe keine andere Wahl.”
„Natürlich
nicht,” sagte sie. „Sie sind ein ehrlicher Mensch.”
Es
wurde spät. Er musste Greenfield vor dem Hotel abfangen, bevor er und seine
Leute hineingingen. Er schritt an Elizabeth vorbei, als sie zu ihm sagte: „Ich
liebe meine Familie, Mr. Douglas. Ich habe Ihnen das ihretwegen erzählt, nicht
meinetwegen. Mir sind die Konsequenzen klar – wenn ich mich dazu
entschließen sollte weiterzuleben, dann komme ich ins Gefängnis. Aber es ist
den Tausch wert, wenn Sie rechtzeitig dort sind und verhindern können, dass
Louis Ryan ihnen Schaden zufügt.”
„Was
meinen Sie damit: Sollten Sie sich dazu entschließen weiterzuleben?”
„Genau
das, was ich gesagt habe. Gute Nacht, Mr. Douglas.”
KAPITEL
55
„Habe
ich Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie mich an meine Frau erinnern?”
Sie
befanden sich in einem der gläsernen Fahrstühle an der Außenseite des Gebäudes.
Jenseits der getönten Scheiben, die den Blick auf Manhattans Upper East Side
freigaben, rauschten die glitzernden Wolkenkratzer der Fifth Avenue vorbei.
Leana
schaute auf Louis, der sich an die Stadt zu lehnen schien. Seine Hände ruhten
auf dem Chromgeländer, und auf seinem Gesicht war kaum wahrnehmbar ein
nostalgischer Ausdruck zu erkennen. Obschon sie nie darüber gesprochen hatten,
wusste Leana, dass er einmal ihren Vater des Mordes an Anne Ryan bezichtigt
hatte.
Sie
hatte keine Ahnung, weshalb er das erwähnte, und sie würde ihn ganz gewiss
nicht darauf ansprechen – Leana hatte anderes im Kopf. Sie sah zu der
beleuchteten Anzeige des Fahrstuhls hinauf und sagte: „Wir sind gleich da,
Louis.”
Aber
Louis ignorierte ihren abweisenden Ton. „Ich glaube, Anne hätte der heutige
Abend gefallen,” sagte er. „Sie hat Partys immer gemocht. Sie war die perfekte
Gastgeberin – wunderschön, klug, witzig und kultiviert. Anne schloss
Freundschaften genauso leicht, wie ich mir Feinde mache.” Er lächelte der
Erinnerung an sie nach. „Wenn sie heute noch am Leben wäre, dann können Sie
ganz sicher sein, dass der Baron und die Baronin uns auf eine ihrer
Abendgesellschaften eingeladen hätten. Sie hätten sich ebenso in sie verliebt,
wie ich mich in sie verliebt habe. Alle mochten sie.”
Leana
wusste, dass sie darauf antworten sollte, aber sie wollte ihn nicht ermutigen.
Der Mann, der ihre Schwester ermordet hatte, war in ihrem Büro. Darauf wollte
sie sich konzentrieren, und nicht auf Louis Ryans Frau. Sie versuchte, den
Fahrstuhl allein durch ihren Willen schneller zu machen und erwiderte: „Das
klingt, als wäre sie eine wunderbare Frau gewesen, Louis. Sie müssen
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