Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
auf war, was nicht überraschte, denn es war erst kurz nach fünf.
Er
betrat den Fahrstuhl und wählte einen Flur. Während die Stockwerke
vorbeihuschten, dachte George erneut darüber nach, wie das Treffen mit RRK
verlaufen würde. Sollten sie entscheiden, ihn nicht zu unterstützen, würde er
schnell handeln müssen, um Ted Frostman von Chase für sein Vorhaben zu
gewinnen. Er hatte einfach zuviel investiert, um dieses Geschäft mit WestTex
platzen zu lassen.
Der
Fahrstuhl verlangsamte zu einem Halt. Die Türen öffneten sich, und George trat
hinaus. Er war zufrieden, dass die Eingangshalle fast wieder normal aussah. Der
Putztrupp war kurz nach dem Ende der Party eingetroffen und hatte die ganze
Nacht durchgearbeitet.
George
verließ das Gebäude, sah auf seine Uhr, macht seine Dehnübungen und setzte sich
Richtung Uptown in Bewegung. Bald schon lief er auf den nahezu leeren Pfaden
des Central Park und sann darüber nach, wie weit er es seit seinem
Harvard-Abschluss gebracht hatte.
Als
er 1977 graduierte und nach Manhattan zog, schien es, als ob alles, was er
anpackte, fehlschlug. Obschon George von einer Familie mit Geld kam, äußerten
die Banken dem Neuankömmling gegenüber Bedenken und wiesen seine Anträge um ein
Darlehen ab. Stattdessen gewährten sie den etablierten Unternehmern finanzielle
Unterstützung; der Anfänger ging leer aus. George wusste, dass er zurückgehen
und für seinen Vater arbeiten konnte, aber das hätte das Ende seiner Träume
bedeutet. Und so legte er sich weiter ins Zeug, den Erfolg fest und unbeirrt
vor Augen.
Er
wollte sich nicht einstellen. Je mehr George sich anstrengte, desto öfter
scheiterte er. Erst im Herbst 1977 ging es allmählich bergauf.
Louis
Ryan, ein alter College-Freund, rief an und erzählte ihm von den Pine Gardens,
einem Apartment-Komplex mit 1.000 Wohnungen, der zwangsversteigert werden
sollte. Wäre George an einer Partnerschaft mit ihm interessiert?
Georges
erster Fehler war, dass er Ja sagte; sein zweiter, dass er den Deal mit einem
Handschlag besiegelte. Was wie der Beginn seines Traums aussah, führte zu
einem jahrelangen Gerichtsprozess
gegen Louis Ryan – und er verlor ihn auf das Erbärmlichste.
Nach
knapp vierundzwanzig Minuten war er mit seinem Lauf fertig. Atemlos lehnte er
sich an den Stamm einer Ulme und dehnte die Beine, bevor er den Park verließ.
Die Stadt erwachte zu neuem Leben. Autos schossen die Fünfte hinunter, reiche
Witwen und schicke Neugeschiedene führten ihre wohlfrisierten Hunde an
Rolleinen aus, und die soeben aufgegangene Sonne vergoldete die Reihen der Kalksteingebäude
um den Central Park und tauchte ihre beigen Fassaden in einen schimmernden
Glanz.
Aus
einem Zeitungsautomaten kaufte er die Times ,
steckte sie sich – ohne auf die Schlagzeile zu achten – unter den
Arm und setzte sich die Avenue hinunter in Richtung seines Gebäudes in
Bewegung, das hoch über seine Nachbarn in den Himmel ragte.
Schon
allein es anzuschauen, erfüllte George mit Stolz. Der Baustil des neuen Redman
International-Gebäudes war in dem Maße extravagant, wie der seines Vorgängers
in der Madison Avenue konventionell war. Statt vier vertikale Seiten zu haben,
stieg das neue Gebäude sanft in die Höhe und verjüngte sich von seiner
Grundfläche bis zum Dach. Es übertrumpfte alles in der Fifth Avenue –
besonders Louis Ryans Manhattan Enterprises-Gebäude, welches zwei Straßen
weiter südlich lag.
Bevor
er das Redman International betrat, blieb George stehen und blickte auf Ryans
Gebäude. Trotz der vielen Jahre, die vergangen waren, spürte George noch immer
Wut in sich aufsteigen, wenn er es sah. Bis zum heutigen Tag konnte er Ryan vor
sich sehen, wie der dem Gericht versicherte, dass es nie eine Partnerschaft
zwischen ihm und George gegeben habe. Bis zum heutigen Tag konnte George Ryan
aufstehen sehen und ihn einen Lügner nennen hören, weil er das behauptet hatte.
* * *
Während
er darauf wartete, dass Michael zu ihrer acht Uhr-Verabredung erschien, stand
Louis Ryan in seinem Eckbüro hoch über der Fifth Avenue. Er hielt die Hände auf
dem Rücken, blickte durch die Fensterwand und machte eine Bestandsaufnahme
seines Imperiums.
Von
seinem Standort sah er die vielen Hotels, Eigentumswohnungen und Büroanlagen,
die er entweder schon seit Jahren besaß, oder die sich momentan im Bau
befanden. Da war das neue Hotel, das er an der Ecke der Fünften und Dreiundfünfzigsten
Straße baute. Es würde das größte in der
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