Fight Club: Roman (German Edition)
nie jemanden geschlagen. Tyler sagte: »Dann raste mal aus, Mann.«
Ich sagte, schließ die Augen.
Tyler sagte: »Nein.«
Wie jeder Kerl in seiner ersten Nacht im
Fight Club,
holte ich Luft und schwang meine Faust mit einem wilden Schwinger auf Tylers Kinnlade, so wie in den vielen Cowboyfilmen, die wir gesehen haben, und meine Faust traf ihn seitlich am Hals.
Scheiße, sagte ich, das hat nicht gezählt. Ich versuch’s noch mal.
Tyler sagte: »Doch, es zählt« und schlug mich, geradewegs,
paff
, wie ein Boxhandschuh an einer Sprungfeder in den Zeichentrickfilmen am Sonntagvormittag, mitten auf die Brust, und ich fiel nach hinten gegen ein Auto. Wir standen beide da, Tyler rieb sich die Seite des Halses, und ich presste eine Hand auf die Brust, und wir wussten beide, dass wir irgendwo angelangt waren, wo wir nie zuvor gewesen sind, und wie die Katze und die Maus in den Zeichentrickfilmen lebten wir noch und wollten sehen, wie weit wir diese Sache treiben konnten und dabei am Leben bleiben.
Tyler sagte: »Cool.«
Schlag mich noch mal, sagte ich.
Tyler sagte: »Nein, du schlägst mich.«
Also schlug ich ihn, mit einem weit ausholenden Schwinger wie von einem Mädchen, genau unter sein Ohr, und Tyler stieß mich zurück und rammte mir den Absatz seines Schuhs in den Magen. Was als Nächstes geschah, geschah auch später ohne Worte: Die Bar schloss, und die Leute kamen heraus und feuerten uns auf dem Parkplatz an.
Anstelle von Tyler hatte schließlich ich das Gefühl, alles anpacken zu können, was im Leben schief lief, meine Wäsche, die mit zerbrochenen Kragenknöpfen aus der Reinigung kam, meine Bank, die behauptet, ich sei hunderte von Dollar im Minus. Mein Job, wo sich mein Chef an meinen Computer setzte und mit den DOS-Befehlen herumspielte. Und Marla Singer, die mir meine Selbsthilfegruppen gestohlen hatte.
Keines von diesen Problemen war gelöst, als der Kampf vorbei war, aber keines war noch wichtig.
Die erste Nacht, in der wir kämpften, war eine Sonntagnacht, und Tyler hatte sich das ganze Wochenende nicht rasiert, weshalb mir die Knöchel von seinem Wochenendbart übel brannten. Wir lagen auf dem Rücken auf dem Parkplatz und schauten hinauf zu dem einzigen Stern, der die Straßenbeleuchtung überstrahlte, und ich fragte Tyler, wogegen er gekämpft hatte.
Gegen seinen Vater, sagte Tyler.
Vielleicht brauchen wir keinen Vater, um uns zu vollenden.
Es liegt nichts Persönliches darin, gegen wen du im
Fight Club
kämpfst. Du kämpfst, um zu kämpfen. Man soll nicht über den
Fight Club
reden, aber wir redeten, und in den nächsten paar Monaten trafen sich Kerle auf dem Parkplatz, wenn die Bar zumachte, und als es kalt wurde, bot eine andere Bar das Tiefgeschoss an, wo wir uns jetzt treffen.
Wenn
Fight Club
ist, gibt Tyler die Regeln bekannt, die er und ich beschlossen haben. »Die meisten von euch«, brüllt Tyler im Lichtkegel in der Mitte des Kellers voller Männer, »sind hier, weil jemand die Regeln nicht befolgt hat. Jemand hat euch vom
Fight Club
erzählt.«
Tyler sagt: »Also, entweder ihr hört auf, herumzuerzählen, oder ihr macht einen neuen
Fight Club
auf, denn nächste Woche tragt ihr eure Namen in eine Liste ein, wenn ihr hier ankommt, und nur die ersten fünfzig Namen kommen rein. Wenn ihr reinkommt, macht ihr sofort euren Kampf aus, falls ihr einen wollt. Falls ihr keinen Kampf wollt – hier sind Jungs, die wollen einen, also solltet ihr vielleicht einfach zu Hause bleiben.«
»Wenn heute eure erste Nacht beim
Fight Club
ist«, brüllt Tyler, »dann
müsst
ihr kämpfen.«
Die meisten Kerle sind beim
Fight Club,
weil sie vor irgendetwas zu viel Angst haben, um dagegen zu kämpfen. Nach ein paar Kämpfen hier fürchtest du dich schon sehr viel weniger. Viele, die hinterher die besten Freunde werden, begegnen sich zum ersten Mal beim
Fight Club.
Heute gehe ich zu Besprechungen und Konferenzen und sehe an den Konferenztischen die Gesichter von Wirtschaftsprüfern, mittleren Angestellten oder Anwälten mit gebrochenen Nasen, die wie Auberginen unter ihren Verbänden hervorquellen, oder sie haben ein paar Stiche unter einem Auge oder einen verdrahteten Kiefer. Das sind die stillen jungen Männer, die zuhören, bis es Zeit ist zu entscheiden.
Wir nicken einander zu.
Später fragt mich dann mein Chef, wieso ich so viele von diesen Typen kenne.
Meinem Chef zufolge gibt es immer weniger Ehrenmänner im Geschäft und immer mehr Verbrecher.
Die Präsentation geht weiter.
Walter von
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