Filesharing - Rechtliche Fallen und Probleme
Strafverfahren
Die Ermittlung der Anschrift des Internetanschlussinhabers war vor der Gesetzesänderung 2008 nur im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu realisieren.
Der typische Ablauf war folgender: Einem Rechteinhaber wurde ein Urheberrechtsverstoß bekannt und er erhielt die IP-Adresse des „Täters“. Daraufhin erstattete er Strafanzeige „gegen unbekannt“ und beantragte Akteneinsicht, um auf diese Weise Einblick in die durch Staatsanwaltschaft und Polizei ermittelten Informationen zu erlangen. Irgendwo in der Akte befand sich in aller Regel u. a. auch die Anschrift des Anschlussinhabers. Mit diesen Erkenntnissen ausgerüstet, war der Rechteinhaber nunmehr in der Lage, eine zivilrechtliche Abmahnung versenden und dadurch insbesondere seine Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Im Zweifel mussten diese gerichtlich geltend gemacht werden, aber immerhin war jetzt die Gegenseite nicht mehr „unbekannt“, sondern hatte einen Namen und eine Adresse.
Das parallel laufende Strafverfahren verlief nicht selten im Sande, zumal der Rechteinhaber daran auch kein gesteigertes Interesse mehr hatte – inzwischen lagen ihm die entscheidenden Informationen ja vor. Und auch durch eine eventuelle Verurteilung des potenziellen Rechtsverletzers hätte der Rechteinhaber keine Möglichkeit gehabt, Schadensersatz zu erhalten. Die Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens diente einzig und allein dem Zweck, Name und Anschrift des Anschlussinhabers zu erlangen. Die negative Begleiterscheinung für den Filesharing-Nutzer war der Umstand, dass er ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten war und sich der Gefahr einer Verurteilung ausgesetzt sah. Das konnte im schlimmsten Fall zu einer doppelten Bestrafung führen, indem die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz bestand und zusätzlich eine Geldstrafe oder gar eine (allerdings eher in seltenen Ausnahmefällen verhängte) Freiheitsstrafe hinzunehmen war.
Die individuelle Strafe hängt von vielen Faktoren ab, u. a. davon, ob der Betroffene bereits einschlägig vorbestraft ist, wie hoch das Ausmaß des Schadens ist, wie hoch sein Einkommen bzw. seine finanziellen Verpflichtungen sind usw. Eine Verurteilung zu einer hohen Geldstrafe (90 Tagessätze oder mehr), die eine Vorstrafe zur Folge hat, oder gar die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ist wohl eher die Ausnahme. In aller Regel werden, wenn überhaupt Strafverfahren vor Gericht landen, vergleichsweise geringe Geldstrafen verhängt. Das Gericht orientiert sich stets an den finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen, sodass bei einer „geringen Geldstrafe“ auch schon mal ein recht hoher Gesamtbetrag herauskommen kann.
Heute: Auskunftsrecht
Das Risiko von solchen doppelten Sanktionen besteht inzwischen in dieser Form nicht mehr. Es ist zwar noch nicht gänzlich beseitigt, da Rechteinhaber nach wie vor die Möglichkeit haben, im Falle von Urheberrechtsverletzungen nicht nur zivilrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, sondern auch Strafanzeige zu erstatten. Allerdings sind sie seit der Reform des Urheberrechts im Jahre 2008 nicht mehr auf den strafrechtlichen Weg angewiesen, da mittlerweile ein direkter Auskunftsanspruch zugunsten der Rechteinhaber gegenüber Internetserviceprovidern, also der Telekom, Vodafone, 1&1, NetCologne & Co., im Gesetz verankert ist. Inzwischen, und das zeigt die Praxis sehr deutlich, ist die Einleitung von Strafverfahren nicht mehr „Ziel Nr. 1“ und daher eher die Ausnahme. Im Vordergrund steht ganz klar die Realisierung von Unterlassungs- und von Schadensersatzansprüchen auf dem Zivilrechtsweg.
Erlangung der Auskunft
Inzwischen existieren diverse Unternehmen, die ihre Einkünfte dadurch erzielen, dass sie als Dienstleister für Rechteinhaber und deren Anwälte die IP-Adressen von Teilnehmern an Filesharing-Tauschbörsen ermitteln. Derartige Dienstleistungen kann man bewerten, wie man möchte, sie sind jedenfalls generell zulässig.
Ein nicht geringer Teil deutscher Gerichte akzeptiert die auf diese Weise „gerichtsfest“ gewonnenen Erkenntnisse als taugliche Nachweise. Dazu gehören u. a. eidesstattliche Versicherungen der Mitarbeiter dieser Unternehmen oder auch Gutachten zur Funktionsweise der eingesetzten Recherchesoftware. Der Ablauf zur Ermittlung von IP-Adressen, über die urheberrechtlich geschützte Inhalte heruntergeladen bzw. für Dritte zum Download bereitgestellt werden, und letztlich auch zur Durchsetzung von
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