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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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nach dem Schlüssel zu suchen. Die Insel ist ziemlich ungefährlich, soweit Inseln das eben sind, aber sie ist die Absprungbasis. Fillory endet dort, Quentin.
    Das dort draußen«, fuhr sie fort und deutete hinauf auf das Meer, jenseits der gemütlichen Sturmlampen der
Muntjak
, jenseits der fernen, schwarzblauen Silhouetten der Palmen am Rande der Bucht, wo leise die Wellen rauschten, »ist nicht mehr Fillory. Dein Königreich endet hier. Hier bist du ein König und als solcher allmächtig. Aber dort draußen hast du keine Macht über irgendetwas. Dort draußen bist du nur noch Quentin. Bist du sicher, dass dir das genügt?«
    Er verstand sehr gut, was sie ihm sagen wollte. Sie befanden sich ganz am Rande Fillorys, wie auf einem Sims. Wie der Rand der Waldlichtung, auf der Jollyby gestorben war. Wie die Fensterbank in seinem Büro, auf der Eliot und die anderen gelandet waren, um ihn auf der Erde abzuholen. Hier war er mächtig. Was er dort war, wusste er nicht.
    »Natürlich bin ich mir nicht sicher«, erwiderte er. »Aber genau darin besteht doch der Reiz. Man macht sich auf den Weg, um herauszufinden, ob es genügt. Man muss nur sicher sein, dass man es herausfinden will.«
    »So ist es, Eure Hoheit«, sagte Elaine. »So ist es.«
     
    Quentin ging in jener Nacht als Letzter zu Bett und stand am nächsten Morgen als Letzter auf. Sein Zeitgefühl war in Fillory angenehm elastisch geworden, da er nicht wie in der realen Welt ständig mit blinkenden Digitaluhren konfrontiert wurde. Doch es war jedenfalls so spät, dass die Sonne bereits glühend brannte. Spät genug für die Scham, andere Leute ihre alltäglichen Aufgaben erledigen zu hören, während er selbst noch schlapp in seine verschwitzten Laken verheddert war. Sein Zimmer war luftig und äquatorial, die Bettwäsche kühles Leinen, die Fenster weit geöffnet, aber dennoch herrschte stickige Hitze.
    Der Rum, der ihm am Abend zuvor so köstlich erschienen war, so gut und notwendig, zeigte jetzt seine wahre Natur als furchtbares Gift, das den Mund austrocknete und das Gehirn erweichte. Quentin verfluchte seine frühere Inkarnation, die so viel davon getrunken hatte. Dann stand er auf und begab sich auf die Suche nach Wasser.
    Davon war überall reichlich vorhanden. Wenn es hier Käfer gab, die Gold schissen, dann vielleicht auch wunderhübsche Singvögel, die jeden Morgen literweise sprudelndes Quellwasser kotzten. Quentin ließ sich ein kühles Bad ein, setzte sich in die Wanne und trank in kleinen Schlucken Wasser, bis seine Kopfschmerzen besser wurden. Man kann sich kaum frischer und sauberer fühlen, als wenn man in einer kühlen Wanne mit Meeresblick badet.
    Die meisten Ereignisse des gestrigen Abends waren ausgelöscht oder nur noch als mentale Überwachungskameraaufnahmen in seiner Erinnerung vorhanden, körnige Gestalten mit verzerrten Stimmen, doch eines war ihm klar, deutlich und in hoher Auflösung im Gedächtnis geblieben: der goldene Schlüssel. Elaine hatte behauptet, es gäbe ihn wirklich. Doch worin bestand seine Magie? Was öffnete er? Hatte Elaine es ihm erzählt, und er hatte es vergessen? Nein, das war unwahrscheinlich. Doch sie hatte ihm gesagt, wo sich der Schlüssel befand: auf der Insel Jenseits. Er musste mehr darüber in Erfahrung bringen. Sie mussten sich entscheiden: weitersegeln oder nach Hause zurückkehren.
    Doch als er schließlich zum Frühstück herunterging, war Elaine bereits fort. Sie hatte ihm eine Nachricht hinterlassen, in der sie ihn daran erinnerte, die Truhe mit den Steuern nicht zu vergessen, und ihm Lebewohl wünschte. Außerdem hatte sie ihm ein dünnes graues Buch mit dem Titel
Die sieben goldenen Schlüssel
hinterlassen. Wo sie hingegangen war, hatte sie nicht erwähnt.
    Vermutlich würde sie ihm die Goldkäfer also doch nicht zeigen. Oder den tollen Stempel. Gut, dass er nicht versucht hatte, sie zu verführen.
    Auch ihre Tochter hatte Elaine zurückgelassen. Eleanor saß wieder am Tisch ihrer Mutter, genauso wie bei ihrer Ankunft, und dokumentierte mit leuchtenden Buntstiften in Primärfarben die Gewohnheiten der geflügelten Kaninchen auf dem offiziellen Zollamtbüttenpapier der Außeninsel. Es schien einen unerschöpflichen Vorrat davon zu geben.
    Quentin blickte ihr über die Schulter. Der Briefkopf war wirklich kunstvoll.
    »Guten Morgen, Eleanor. Weißt du, wo deine Mutter ist?«
    Quentin hatte in seinem Leben nicht viel Zeit mit kleinen Kindern verbracht. Meistens behandelte er sie daher wie Erwachsene.

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