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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Wind, und überquerte dann in einem gefährlichen Winkel abrupt die Straße. Ein silberner Passat hupte und bremste mit quietschenden Reifen, um sie nicht zu überfahren. Sie ging einfach weiter. Quentin folgte ihr.
    Sie führte sie fort von Chestertons Hauptgeschäftsstraße, sofern sie diese Bezeichnung überhaupt verdient hatte. Bald gelangten sie in ein reines Wohngebiet. Der Straßenlärm ebbte ab, und rechts und links ragten große Bäume und Häuser auf. Der Bürgersteig wurde holprig und uneben. Aus irgendeinem Grund schenkte Julia den Telefonmasten besondere Aufmerksamkeit. Jedes Mal, wenn sie an einem vorbeikamen, blieb sie stehen und studierte ihn.
    »Ist schon eine Weile her, seit ich das zum letzten Mal gemacht habe«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Quentin. »Irgendwo hier muss eines sein.«
    »Was denn? Wonach suchst du?«
    »Ich könnte es dir sagen, aber du würdest mir nicht glauben.«
    Julia steckte wirklich voller Überraschungen. Na ja, er hatte sowieso gerade nichts anderes vor. Fünf Minuten vergingen, dann blieb sie an einem bestimmten Telefonmast stehen. Er war durch mehrere Markierungen in leuchtend pinkfarbener Sprühfarbe gekennzeichnet, die möglicherweise ein schlampiger Leitungsleger hinterlassen hatte.
    Sie starrte sie an und bewegte geräuschlos die Lippen. Sie las ihre Umgebung in einer Art und Weise, von der Quentin nichts verstand.
    »Nicht ideal«, sagte sie schließlich. »Aber es wird reichen. Komm mit.«
    Sie marschierten weiter.
    »Wir gehen zu einem Safehouse«, fügte sie hinzu.
    Sie marschierten weiter durch das Vorortnachmittagslicht, drei Kilometer weit, bis sie die Stadtgrenze Chestertons überquerten und in das weniger schicke, aber ganz nette Örtchen Winston gelangten. Ab und zu blieb Julia stehen und studierte eine Kreidemarkierung auf dem Bordstein oder ein paar Wildblumen am Straßenrand. Dann eilte sie weiter. Quentin fragte sich, ob er sich Hoffnungen machen konnte, beschloss aber, einfach abzuwarten, ob Julias Plan aufginge, vor allem, weil er keinen eigenen hatte. Allmählich taten ihm die Füße weh, und fast hätte er vorgeschlagen, ein zweites Auto zu klauen, wenn es nicht strafbar gewesen wäre.
    Ebenso wie Chesterton war Winston ein alter Vorort typisch für Massachusetts, und einige der Häuser, an denen sie vorbeikamen, waren nicht nur im Kolonialstil erbaut, sondern stammten tatsächlich aus jener Zeit. Man erkannte es daran, dass sie kompakter waren, weniger luftig und großzügig, und dass sie vom Bürgersteig zurückgesetzt und etwas tiefer als das Straßenniveau im feuchten, modrigen Schatten hoher Fichten standen. Moosige Rasenfleckchen waren in einen endlosen Kampf gegen den Klammergriff der mit ätzenden Nadeln bewaffneten Bäume verstrickt. Die neueren Häuser dagegen, die vom Kolonialstil inspirierten geschmacklosen Kästen, waren hell und riesig, und ihre Rasenflächen hatten die Fichten in einem Überraschungsangriff derart dezimiert, dass nur noch ein oder höchstens zwei Exemplare, bebend und traumatisiert, die Kolonialatmosphäre zitierten.
    Das Haus, vor dem sie stehen blieben, gehörte zur ersten Sorte, den echten Kolonialvillen. Inzwischen dunkelte es schon. Julia hatte unterwegs einige weitere Telefonmasten-Farbkleckse registriert und einen davon näher untersucht. Dabei hatte sie eine Art visuellen Trick benutzt, den Quentin nicht mitbekommen hatte, weil sie es nicht wollte – sie verbarg ihn mit einer Hand, während sie ihn mit der anderen anwandte.
    Die Hauseinfahrt führte steil hinunter. Generationen von Kindern mussten sich schier umgebracht haben, wenn sie auf Skateboards oder Rollern runtergerast waren, vor der Garage abzubremsen versucht hatten und dann dagegengeknallt waren. Fahranfänger mussten sich mit dem Anfahren am Berg gequält haben.
    Sie stapften zu Fuß hinunter. Quentin fühlte sich wie ein Missionar der Adventisten des Siebten Tages oder ein überalterter Sternsinger. Zunächst glaubte er, das Haus sei dunkel, aber als sie näher kamen, erkannte er, dass alle Lichter eingeschaltet und nur die Fenster mit Packpapier verdunkelt waren.
    »Ich geb’s auf«, seufzte er. »Also, wer wohnt hier?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Julia fröhlich. »Schauen wir mal nach.«
    Sie klingelte. Der Mann, der die Tür öffnete, war etwa Mitte zwanzig, groß und dick, mit Topfschnitt und gerötetem Höhlenmenschengesicht. Er trug Jogginghosen, in die er ein T-Shirt gestopft hatte.
    Er reagierte völlig cool.
    »Was

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