Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Katastrophe geben würde. Sie mussten nicht kämpfen. Quentin zitterten die Knie. Es war, als wäre er so weit von dem geordneten Leben, wie er es kannte, fortgesegelt, dass er auf der anderen Seite wieder dort herausgekommen war. Und dort wartete Josh auf ihn: eine Insel der Wärme und Vertrautheit.
Taktvoll löste sich Josh aus seiner Umarmung.
»Also«, sagte er, »willkommen in der alten Scheiße, Mann!«
»Was zum Teufel machst du denn hier?«
»Ich? Das ist mein Haus! Was macht ihr hier? Warum bist du nicht in Fillory?«
Josh war noch immer derselbe: rundgesichtig, übergewichtig, grinsend. Er glich einem bierbrauenden Abt. Seitdem ihn Quentin zum letzten Mal gesehen hatte, drei Jahre war es nun her, war er nicht sichtbar gealtert. Behutsam schloss Josh die Tür hinter sich.
»Man kann gar nicht vorsichtig genug sein«, erklärte er. »Ich habe einen Ruf zu verlieren. Hier geht so eine Art Zauberer-von-Oz-Ding ab, wenn ihr wisst, was ich meine.«
»Was sollte das mit der Schale?«
»Tja, ich hatte nicht viel Zeit. Ich fand’s einfach gruselig. Ihr wisst schon:
Sieh in die Schüssel … Sieh in die Schüssel …
« Er sprach mit der Stimme von eben.
»Josh, Julia. Ihr kennt euch ja schon.«
Die beiden hatten sich einmal getroffen, bei den chaotischen Vorbereitungen auf die große Rückkehr nach Fillory, bevor Josh sich allein auf den Weg in die Nirgendlande gemacht hatte.
»Hi, Julia.« Josh küsste sie auf beide Wangen. Er war wohl gründlich europäisiert hier drüben.
»Hi.«
Josh wandte sich Quentin zu, zog anzüglich die Augenbrauen hoch und wackelte mit ihnen, wie es physisch eigentlich gar nicht möglich sein sollte. Quentin begriff allmählich, was für ein unglaubliches Glück sie hatten. Josh musste den magischen Knopf besitzen. Er war ihre Rückfahrkarte nach Fillory. Die Zeit der Wanderung war vorüber.
»Weißt du was?«, sagte er. »Wir sitzen ganz schön in der Klemme.«
»Kann ich mir vorstellen, sonst wärt ihr nicht hier.«
»Wir wissen ja nicht mal genau, wo wir hier eigentlich sind.«
»Ihr seid in meinem Haus«, antwortete Josh mit einer großartigen Geste. »In einem riesigen, geilen Palazzo am Canal Grande.«
Er führte sie herum. Der Palazzo besaß vier Stockwerke, wovon die zwei unteren geschäftlich, die beiden oberen von Josh als Privatgemächer genutzt wurden. Dorthin zogen sie sich zurück. Der Fußboden bestand aus massiven, rosafarben gemaserten Marmorplatten, die Wände aus bröckeligem Stuck. Die Zimmer waren unterschiedlich geschnitten und verschieden groß, als seien sie so gebaut worden, wie man sie gerade brauchte, einer Reihe von schrulligen Einfällen folgend, die heutzutage nicht mehr nachvollbar waren.
Ihre Abenteuerfahrt nach Fillory in allen Ehren, aber sie brauchten eine Ruhepause. Julia verlangte nach einem heißen Bad, was sie ehrlich gesagt auch dringend benötigte. Quentin und Josh ließen sich im grandiosen Speisesaal nieder, der von einem einzigen bescheidenen Leuchter erhellt wurde. Über Tellern voller schwarzer Spaghetti erklärte Quentin, so gut er konnte, was geschehen war und wie sie hierhergeraten waren. Als er geendet hatte, berichtete Josh von seinen Erlebnissen.
Nachdem Quentin, Eliot, Janet und Julia sicher auf den Thronen Fillorys saßen, hatte Josh den Knopf genommen und sich auf eine Forschungsreise durch die Nirgendlande begeben. Er hatte von Fillory alles gesehen, was er wollte, und es war nicht schön gewesen. Außerdem hatte er es satt, immer im Schatten der anderen zu stehen. Er hatte keine Lust dazu, Vizekönig von Fillory zu sein, sondern wollte sich ein eigenes Leben nach seinen Wünschen aufbauen. Er wollte sein eigenes Fillory finden. Er wollte Sex haben.
Josh mochte in vieler Hinsicht nachlässig sein und sich wenig dafür interessieren, was er aß, anzog, rauchte, sagte oder tat, aber man wurde nicht in Brakebills aufgenommen, wenn man nicht in irgendeiner Weise ein Genie war. Wenn etwas Wichtiges auf dem Spiel stand, konnte Josh durchaus sehr methodisch, ja sogar akribisch sein, und da ihm die Nirgendlande wichtig waren, erkundete er sie äußerst sorgfältig.
Dabei hatte er sich Großes vorgenommen, denn soweit bekannt war, erstreckten sich die Plätze und Brunnen der Nirgendlande in jede Richtung bis ins Unendliche, ohne sich je zu wiederholen. Jeder Brunnen führte in eine andere Welt, vielleicht sogar in ein anderes Universum. Wie leicht konnte man sich verirren und nie wieder den Weg nach Hause
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