Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Ihnen dafür an. Ich bin ein König, in Fillory jedenfalls. Dort habe ich viele Besitztümer.«
»Ich habe dich nicht hierhergebracht, um dich prahlen zu hören.«
»Aber ich wollte nicht …«
»Ich lebe seit zehn Jahrhunderten in diesem Kanal. Alles, was hineingelangt, gehört mir. Ich besitze Schwerter und Kronen. Mein sind Päpste, Heilige, Könige und Königinnen. Ich habe Bräute an ihrem Hochzeitstag und Kinder an Weihnachten. Ich habe die Heilige Lanze und den Strick, mit dem Judas erhängt wurde. Ich besitze alles, was je verlorenging.«
Na schön. Quentin fragte sich, ob Byron je hier unten gewesen war. Wenn ja, war ihm bestimmt etwas Kluges eingefallen.
»Also gut. Aber warum haben Sie mich hierhergebracht, wenn Sie mir den Knopf nicht wieder verkaufen wollen?«
Die Pupillen des Drachen erweiterten sich, bis sie fast eine Unterarmlänge Durchmesser hatten. Er schien zu erwachen und Quentin zum ersten Mal richtig zu bemerken. Er hob den Kopf vom Schwanz. Nun war er so nah, dass er ein wenig schielen musste, um ihn anzusehen. Da sich Quentins Augen inzwischen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, konnte er nun die großen Schuppen auf dem Rücken des Drachen erkennen. Sie waren so dick wie Lexika, und einige trugen Gravuren, Siegel und Piktogramme, die Quentin nicht entschlüsseln konnte.
»Du wirst nicht noch einmal sprechen, Mensch, außer, um mir zu danken«, wies ihn der Drache zurecht. »Du willst ein Held sein, ohne zu wissen, was einen Helden ausmacht. Du glaubst, ein Held sei ein Gewinner. Doch ein Held muss darauf gefasst sein, zu verlieren, Quentin. Bist du das? Bist du darauf gefasst, alles zu verlieren?«
»Ich habe doch schon alles verloren«, erwiderte Quentin.
»O nein. Du hast noch so viel zu verlieren!«
Der Drache war wesentlich zänkischer, als Quentin erwartet hatte. Und enttäuschend rätselhaft. Irgendwo im Hinterkopf hatte er die Vorstellung gehegt, sie könnten Freunde werden und gemeinsam um die Welt fliegen und Aufgaben lösen. Doch die Chancen erschienen verschwindend gering. Quentin wartete ab. Vielleicht würde ihm der Drache etwas anderes geben, das ihnen nützlich sein konnte.
»Die alten Götter kehren zurück, um sich zu holen, was ihnen gehört. Ich werde meine Pflicht erfüllen. Und du solltest dich tunlichst darauf vorbereiten, die deinige zu tun.«
»Das hört sich ja gut an, aber wie genau …«
»Schweig! Der Knopf würde euch nichts nützen. Die Nirgendlande sind verschlossen. Aber die erste Tür steht noch offen. Seit jeher.«
Quentins Knie fühlten sich plötzlich steif an durch die Haltung im Schneidersitz. Er hatte das Bedürfnis, das Salzwasser auszuspucken, aber es gab nichts, wo er es hätte hinspucken können, außer ins Salzwasser. Der Drache schlenkerte den Schwanz unter dem Kinn hervor und wirbelte dabei eine Schlickwolke auf.
»Du darfst mir jetzt danken.«
Moment mal, wie bitte? Quentin öffnete den Mund, um zu sprechen – um dem Drachen des Canal Grande zu danken wie ein braver Junge oder um ihn zu fragen, was er meinte, oder um ihn zu beschimpfen, weil er in Rätseln sprach. Er würde es nie erfahren, weil er stattdessen würgte. Er konnte nicht atmen. Der Zauber war verwirkt, und er erstickte an dreckigem, eisigem Kanalwasser. Er ertrank.
Er ließ den Schuh, den er noch hatte, im Schlamm stecken und paddelte verzweifelt hinauf zur Oberfläche.
Kapitel 15
A h, die Rückkehr der verlorenen Tochter! Die Hingabe, mit der Julia zurück am heimischen Herd empfangen wurde! Die verweinten, strahlenden Gesichter ihrer Eltern ruhten auf ihr wie ein Paar regennasser Scheinwerfer, als sie, die geläuterte Sünderin, vor ihnen stand. Sie hatte sie so oft und in so vieler Hinsicht enttäuscht, dass sie kaum noch zu hoffen gewagt hatten. Die beiden hatten so viele Stadien der Trauer durchlitten, dass sie den Überblick verloren hatten.
Als Julia nun aus Chesterton zurückkehrte, bar jeder Hoffnung und bereit, wieder Teil der Familie zu sein, nahmen sie sie wieder bei sich auf. Ja, sie nahmen sie wieder auf. Mit einer Zärtlichkeit, die Julia selbst im tiefsten Inneren fremd war, fingen sie sie auf, obwohl sie es keineswegs verdient hatte. Das Wrack des guten Schiffs Julia aus Brooklyn, das die wertvolle Fracht ihrer Liebe trug, war bereit, vom Riff des Lebens geschleppt, geborgen und neu zu Wasser gelassen zu werden, und sie taten es. Sie nahmen sie ohne ein Wort des Vorwurfs wieder zu sich.
Jetzt war es an Julia, zu trauern, und sie ließen sie,
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