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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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unmodern und erstickend an, und er sehnte sich verzweifelt danach herauszukommen. In den letzten vier Jahren hatte er den Campus kaum je verlassen. Mein Gott, er trug eine Schuluniform! Im Grunde hatte er bloß vier weitere Jahre in der Highschool verbracht! In Brakebills nahmen die Studierenden eine besondere Sprechweise an, affektiert, übermäßig präzise und quasi-britisch, das Ergebnis eines intensiven Stimmtrainings. Sie hörten sich an, als kämen sie gerade von einem Stipendiatenaufenthalt in Großbritannien und wollten es allen mitteilen. Quentin hätte manchmal am liebsten mit einer scharfen Waffe um sich geschlagen. Und dann diese Manie, allem einen Namen zu geben! In jedem Unterrichtsraum des Colleges stand das gleiche Lehrerpult, ein breitschultriges Monstrum aus Schwarzkirschholz. Irgendwann in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts musste einmal ein ganzer Posten davon geordert worden sein. Es besaß eine wabenartig angeordnete Vielzahl von kleinen Schubladen, Aussparungen und Fächern, von denen jede einzelne ihren eigenen bedeutsamen kleinen Namen besaß. Jedes Mal, wenn Quentin hörte, wie sich jemand auf die »Tintenfinte« oder das »alte Dekanohr« bezog, blickte er mit verdrehten Augen Alice an: Das kann doch nicht wahr sein! Wir müssen unbedingt hier raus!
    Doch wo genau würde er hingehen? Es war nicht üblich, sich angesichts der Abschlussprüfung ängstlich oder auch nur übermäßig besorgt zu zeigen, aber alles an der Welt außerhalb von Brakebills fühlte sich gefährlich unsicher und wenig konkret an. Die gelangweilten, verwahrlosten Gespenster von Alice’ Eltern suchten ihn heim. Was sollte er tun? Was genau ? Jedes Ziel, das er jemals im Leben angestrebt hatte, hatte er in dem Moment erreicht, als er in Brakebills angenommen wurde. Jetzt musste er sich mit viel Mühe ein neues suchen, das irgendwie in die Praxis umzusetzen war. Er war hier nicht in Fillory, wo es einen magischen Krieg auszufechten galt. Weder die Wächterin noch das große Böse mussten besiegt werden. Doch alles andere schien ohne das so profan und unbedeutend. Niemand traute sich, es offen auszusprechen, aber die weltweite magische Ökologie litt an einem ernsten Ungleichgewicht: zu viele Magier, zu wenige Ungeheuer.
    Was die Sache noch schlimmer machte, war, dass er offenbar der Einzige war, der darüber besorgt zu sein schien. Viele Studierende knüpften bereits aktiv Kontakte zu den etablierten magischen Organisationen. Surendra erzählte jedem, der es hören wollte, von einem Zaubererkonsortium. Auch wenn er bisher noch keine Antwort erhalten hatte, würden sie ihm ganz gewiss eine Praktikantenstelle anbieten. Sie hielten sich in suborbitalen Höhen auf und bewachten verirrte Asteroiden, übergroße Sonneneruptionen und andere potentiell planetenzerstörende Kräfte. Zahlreiche Studenten strebten die wissenschaftliche Forschung an. Alice erwog, ein weiterführendes Studium in Glasgow zu beginnen, obwohl beiden die Vorstellung einer räumlichen Trennung nicht besonders behagte. Doch auch die Vorstellung, dass Quentin notgedrungen Alice nach Schottland folgte, war nicht sehr attraktiv.
    Als schick galt es, in den Untergrund zu gehen und heimlich Regierungen, Expertenkommissionen und nicht-staatliche Organisationen zu unterwandern, ja sogar das Militär, um eine Position zu erobern, von der aus man die Geschehnisse in der wirklichen Welt aus den Kulissen heraus magisch beeinflussen konnte. Manche verbrachten damit Jahre ihres Lebens. Es gab auch noch exotischere Möglichkeiten. Einige Zauberer – besonders Illusionisten – nahmen gewaltige Kunstprojekte in Angriff, bei denen sie zum Beispiel Nordlichter manipulierten und Ähnliches. Jahrzehnte währende Zauber, die teilweise nie mehr als einen Zuschauer hatten. Auch gab es ein weit verzweigtes Netzwerk von Kriegspielern, die jährlich globale Konflikte mit beliebigen Operationszielen inszenierten. Nur so zum Spaß, Zauberer gegen Zauberer, in Mannschaften und frei zugänglichen Massenschlägereien. Sie spielten ohne Sicherheitsvorkehrungen, und es war bekannt, dass alle Jubeljahre einmal jemand getötet wurde. Aber gerade dieser Nervenkitzel machte den halben Spaß aus.
    Und so weiter, und so weiter, und das alles klang absolut, fürchterlich plausibel. Jede Einzelne von tausend Möglichkeiten versprach ihm – ja, garantierte im Grunde genommen – eine reiche, erfüllende, reizvolle Zukunft. Warum also fühlte sich Quentin, als suche er

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