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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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in Fillory?«
    »Ich glaube … das könnte es einmal gewesen sein.«
    »Und wie nennt ihr es jetzt?«, drängte Quentin.
    »Halt. Halt. Warte.« Humbledrum hob die Pfote und bat um Ruhe. Quentin spürte einen winzigen Stich des Mitleids. Der kolossale, haarige Idiot versuchte tatsächlich, nachzudenken. »Ja. Hier ist Fillory. Oder Loria? Ist hier Loria?«
    »Das hier muss Fillory sein!«, mischte sich Penny ein, der sich von der anderen Sitznische aus hinüberlehnte. »Loria ist das böse Land. Hinter den Bergen im Osten. Das ist doch ein Unterschied! Wie kannst du nicht wissen, wo du wohnst?«
    Noch immer schüttelte der Bär seine mächtige Schnauze.
    »Ich glaube, Fillory liegt woanders«, sagte er.
    »Aber das hier ist definitiv nicht Loria!«, entgegnete Penny.
    »He, wer ist hier der sprechende Bär?«, fuhr Quentin ihn an. »Du vielleicht? Bist du der sprechende Scheißbär? Genau. Also halt die Schnauze.«
    Draußen vor der Kneipe war die Sonne untergegangen. Nach und nach schneiten andere Wesen herein. Drei Biber saßen mit einer dicken, grünen, seltsam misstrauisch aussehenden Grille an einem runden Tisch und nippten an einer Gemeinschaftsschüssel. Allein in einer Ecke leckte eine Ziege an einem Getränk, das wie blassgelber Wein in einer flachen Schale aussah. Ein schlanker, schüchtern aussehender junger Mann, aus dessen blonden Haaren Hörner ragten, saß an der Bar. Er trug eine runde Brille und die untere Hälfte seines Körpers war mit dichtem Fell bedeckt. Die ganze Szene ähnelte einer Traumsequenz, als sei ein Chagall-Gemälde zum Leben erwacht. Ein Mann mit Ziegenbeinen kam vorbei, was Quentin beunruhigend fand. Zu sehr erinnerten ihn die nach hinten abknickenden Knie an verkrüppelte oder schwerbehinderte Menschen.
    Als sich das Gasthaus allmählich füllte, erhob sich die schweigende Familie und schlurfte aus ihrer Sitzecke heraus, die Gesichter noch immer bedrückt. Wo sie wohl hingingen? Quentin hatte keine Hinweise auf ein nahe gelegenes Dorf entdeckt. Es wurde spät und er fragte sich, ob sie noch einen langen Weg vor sich hatten. Er stellte sich vor, wie sie im Mondlicht über die ausgefahrene, unbefestigte Straße wanderten. Das Mädchen würde auf den Schultern des Vaters reiten, und später, wenn sie sogar dafür zu müde war, würde sie schläfrig auf seinen Jackenaufschlag sabbern. Ihre Ernsthaftigkeit wirkte ernüchternd auf ihn. Sie gaben ihm das Gefühl, nichts als ein wichtigtuerischer Tourist zu sein, der lärmend durch das Land zog, welches, wie er nur zu leicht vergaß, schließlich ihr Land war – ein echtes Land mit echten Bewohnern, keineswegs ein Roman. Oder irrte er sich? Sollte er ihnen hinterherlaufen? Welche Geheimnisse nahmen sie mit sich? Als die Frau mit den vornehmen hohen Wangenknochen die Tür öffnen wollte, sah Quentin, dass ihr der rechte Unterarm vom Ellbogen an fehlte.
    Nach einer weiteren Runde Schnaps und geistreichem Spott mit Humbledrum erschien auf einmal von werweißwoher die junge Birke und fädelte sich quer durch den Raum zu ihnen hin. Sie tappte auf Flechtwurzelfüßen daher, in denen teilweise noch Erdklumpen hingen.
    »Ich bin Farvel«, stellte sie sich zirpend vor.
    Im hellen Licht der Kneipe sah sie noch seltsamer aus, regelrecht wie eine Stockpuppe. In den Fillory-Bänden kamen sprechende Bäume vor, aber Plover hatte ihr Aussehen nie so genau beschrieben. Farvel sprach durch eine Art Querspalt in seiner Rinde, wie ein einziger Beilhieb ihn hinterlassen haben könnte. Seine Gesichtszüge wurden durch Büschel zarter Zweige mit zitternden grünen Blättern angedeutet. Sie bildeten die ungefähren Umrisse zweier Augen und einer Nase. Farvel sah aus wie das geschnitzte Bild des Grünen Mannes, jenes sagenumwobenen Naturgeistes, dessen Darstellung man da und dort in alten europäischen Kirchen fand. Sein flacher kleiner Mund verlieh ihm allerdings einen komisch säuerlichen Gesichtsausdruck.
    »Ich möchte mich für meine Unhöflichkeit vorhin entschuldigen. Ich war etwas aus der Fassung. Es kommt so selten vor, dass man Reisende aus anderen Ländern trifft.« Er hatte einen Barhocker mitgebracht und ließ sich nun in eine sitzende Position nieder. Dabei sah er selbst ein wenig wie ein Stuhl aus. »Was bringt dich hierher, Menschenjunge?«
    Endlich. Jetzt ging es los. Die nächste Ebene.
    »Oh, ich weiß es nicht«, begann Quentin und legte lässig einen Arm über die Trennwand zur Nachbarsitzgruppe. Offenbar entwickelte er sich allmählich

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