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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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bewusst, als habe er es fast vergessen, dass er sehr weit weg von zu Hause in einem Raum voller alkoholtrinkender Tiere saß.
    »Wir haben zu lange gelebt«, verkündete der Wirt erneut in düsterem Ton. »Die großen Zeiten sind vorbei.«
     
    Sie übernachteten in der Gaststätte. Die Räume waren wie Hobbitbehausungen in den Hügel hinter dem Schankraum gegraben worden. Sie waren gemütlich, fensterlos und still. Quentin schlief wie ein Toter.
    Am Morgen saßen sie an einem langen Tisch im Schankraum. Sie aßen frische Eier und Toast und tranken kaltes Wasser aus Steinkrügen. Ihre Rucksäcke türmten sich in einer der Sitznischen. Offenbar kam man mit Richards Goldzylindern ziemlich weit in Fillory. Quentin fühlte sich hellwach und erstaunlich unverkatert. Mit seinem wiedererwachten Verstand wertete er mit kaltem, neuem Eifer die kürzlich erlittenen, schmerzlichen Erlebnisse. Andererseits gelang es ihm dadurch im Grunde zum ersten Mal, seine körperliche Präsenz im echten Fillory richtig zu würdigen. Alles war so gestochen scharf und lebensecht im Vergleich zu seinen comic-haften Vorstellungen. Der Raum besaß das schäbige, peinliche Aussehen einer Kneipe bei hellem Sonnenlicht, schmierig und vielfach von Messer- und Klauenspuren gezeichnet. Der Boden war mit alten runden Mühlsteinen gepflastert, die mit einer dünnen Lage Stroh bedeckt und in den Zwischenräumen mit festgestampftem Lehm gefüllt waren. Weder Farvel noch Humbledrum, noch der Wirt waren irgendwo zu sehen. Bedient wurden sie von einem schroffen, aber ansonsten aufmerksamen Zwerg.
    Im Raum waren außer ihnen noch ein Mann und eine Frau, die einander gegenüber am Fenster saßen. Sie tranken Kaffee, sprachen kein Wort und sahen hin und wieder zum Brakebills-Tisch hinüber. Quentin hatte das untrügliche Gefühl, dass sie nur die Zeit totschlugen und darauf warteten, dass er und die anderen ihr Frühstück beendeten. Und er sollte recht behalten.
    Als der Tisch abgeräumt war, stellte sich das Paar vor. Der Mann hieß Dint, die Frau Fen. Beide waren in den Vierzigern und wettergegerbt, als würden sie aus beruflichen Gründen viel Zeit im Freien verbringen. Sie seien, erklärte Dint, die Führer. Sie würden die Gruppe zu Embers Grab bringen, auf der Suche nach Martins Krone. Dint war lang und dünn. Er hatte eine große Nase und dicke schwarze Augenbrauen, die zusammen den größten Teil seines Gesichts einnahmen. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet und trug ein langes Cape, offenbar als Ausdruck der extremen Ernsthaftigkeit, mit der er sich und seine Fähigkeiten betrachtete. Fen war kleiner, kompakter und muskulöser und hatte kurze blonde Haare. Eine Trillerpfeife um den Hals, und sie hätte für eine Sportlehrerin an einer Privatschule für Mädchen durchgehen können. Ihre Kleidung war weit geschnitten und praktisch, höchstwahrscheinlich, um in unvorhergesehenen Situationen genügend Bewegungsfreiheit zu bieten. Sie strahlte sowohl Härte als auch Freundlichkeit aus und trug faszinierend kompliziert geschnürte Stiefel. Wenn Quentin nicht alles täuschte, war sie lesbisch.
    Kühles Herbstsonnenlicht fiel durch die schmalen Fenster, die in die dicken Balkenwände des »Zwei Monde« hineingesägt worden waren. Jetzt, in nüchternem Zustand, war Quentin begieriger denn je, weiterzumachen. Er sah seine wunderschöne, geraubte Alice mit festem Blick an – seine Wut auf sie war wie ein harter Nugget, von dem er nicht wusste, ob er ihn jemals verdauen konnte, ein Nierenstein. Vielleicht, wenn sie Könige und Königinnen waren. Vielleicht konnte er Penny dann hinrichten lassen. Eine Palastrevolte, und ganz bestimmt keine unblutige.
    Penny schlug vor, dass sie zusammen einen Eid schwören sollten, um ihr gemeinsames hohes Ziel zu feiern, aber es erschien ihnen zu dick aufgetragen und er fand keine Mehrheit. Sie waren dabei, ihre Rucksäcke zu schultern, als Richard aus heiterem Himmel verkündete, dass sie hingehen könnten, wo sie wollten, er aber im Gasthaus bleiben werde.
    Keiner wusste, wie er reagieren sollte. Janet versuchte, ihn scherzhaft zu überreden, und als das nicht half, flehte sie ihn an, mitzukommen.
    »Jetzt sind wir einen so weiten Weg gemeinsam gegangen!«, sagte sie. Sie war wütend, versuchte es aber zu verbergen. Von ihnen allen hasste sie mangelnde Loyalität zur Gruppe am meisten. Jeden Riss in der kollektiven Fassade fasste sie als persönlichen Angriff auf. »Wir können jederzeit zurückkehren, wenn die

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