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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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ging zu dem Kaninchen hin und hob das Schwert auf, das es nach ihnen geworfen hatte.
    »Da«, sagte sie stolz zu Dint. »Jetzt können wir es problemlos töten.«
    Glücklich wog sie das Schwert in einer Hand.
     
    Als Teenager in Brooklyn hatte sich Quentin oft ausgemalt, wie er selbst sich in heroischen Kampfszenen schlagen würde, doch nach diesem Zwischenfall wusste er, das er alles dafür tun, ja notfalls alles und jeden opfern würde, um nur nicht mit körperlicher Gewalt konfrontiert zu werden. Das war eine glasklare und unumstößliche Tatsache. Und er schämte sich nicht mal dafür. Scham spielte überhaupt keine Rolle. Unumwunden akzeptierte er seine neue Identität als Feigling. Er würde immer in die andere Richtung rennen. Er würde sich weinend hinwerfen und die Arme um den Kopf schlagen oder sich tot stellen. Egal, was er tun müsste, er würde es tun und seinen Frieden damit haben.
    Sie folgten Dint und Fen – was sind das eigentlich für bescheuerte Namen, Dint und Fen?, fragte er sich stumpf – durch den Eingang und weiter in den Hügel hinein. Quentin nahm seine Umgebung kaum wahr. Ein viereckiger Steinkorridor führte in einen weitläufigen offenen Saal, der fast den ganzen Hügel ausfüllen musste. Überhaupt schien dieser von innen praktisch hohl zu sein. Grünliche Sonnenstrahlen sickerten durch ein rundes Oberlicht in der Kuppel des Saales. Die Luft war mit Steinstaub erfüllt. Die Überreste einer gewaltigen Messing-Planetenmaschine standen in der Mitte des Raumes, die dünnen Arme ihrer Himmelskörper beraubt. Sie sah aus wie ein zerbrochener, kahler Weihnachtsbaum. Die zerschmetterten Kugeln lagen ihr zu Füßen wie herabgefallener Schmuck.
    Niemand bemerkte die große, etwa drei Meter lange grüne Eidechse, die wie erstarrt zwischen einem Durcheinander von kaputten Tischen und Bänken stand, bis sie sich plötzlich in Bewegung setzte und in die Schatten hinein davonhuschte. Ihre Krallen kratzten über den Steinboden. Das Grausen war fast angenehm: Es radierte Alice, Janet und alles andere aus und blieb als Einziges übrig, ein aggressiver, beizender Reiniger.
    Durch hallende Gänge wanderten sie von einem leeren Raum zum anderen. Die Konstruktion der Anlage war mehr als chaotisch. Das Mauerwerk veränderte alle zwanzig Minuten Stil und Muster an der Stelle, an der eine neue Maurergeneration die Arbeit aufgenommen hatte. Abwechselnd ließen sie kleine Flammen auf den Spitzen ihrer Messer, auf ihren Händen und diversen ungeeigneten Körperteilen aufleuchten, in dem Versuch, die Spannung ein wenig zu lockern.
    Nachdem sie Blut geleckt hatte, lief Anaïs Dint und Fen hinterher wie ein eifriges Hündchen und schnappte aufmerksam jeden Happen Information über Zweikampftaktiken auf, den sie erhaschen konnte.
    »Sie hatten überhaupt keine Chance«, stellte Fen mit professioneller Gleichgültigkeit fest. »Selbst wenn Dint den zweiten nicht übernommen hätte, selbst wenn ich allein gewesen wäre: Ein Bauernspieß ist einfach keine praktische Waffe für einen gemeinsamen Angriff. Dafür nimmt er einfach zu viel Raum ein. Der Große stellt sich gefechtsbereit auf und dann geht’s links, rechts, hoch, runter. Dabei kann er sich unmöglich noch nach seinem Kameraden umsehen. So was knöpft man sich einzeln im Zweikampf vor, einen nach dem anderen. Sie hätten sich zurückziehen, im großen Saal auf uns warten und uns aus dem Hinterhalt angreifen sollen.«
    Anaïs nickte, sichtlich fasziniert.
    »Warum haben sie das nicht getan?«, fragte sie. »Warum sind sie gerade auf uns zugerannt?«
    »Keine Ahnung.« Fen runzelte die Stirn. »Vielleicht irgendwie eine Frage der Ehre. Oder ein Bluff. Vielleicht haben sie geglaubt, wir würden fliehen. Oder sie standen unter einem Zauber und konnten nicht anders.«
    »Mussten wir sie unbedingt töten?«, stieß Quentin hervor. »Hätten wir sie nicht einfach, ich weiß nicht …«
    »Was denn?«, unterbrach Anaïs ihn höhnisch. »Sie gefangen nehmen sollen? Und anschließend resozialisieren?«
    »Keine Ahnung!«, antwortete er hilflos. So durfte es einfach nicht laufen! »Wir hätten sie doch fesseln können! Wisst ihr, ich habe einfach nicht gewusst, wie das wirklich ist. Andere Leute umzubringen.«
    Unwillkürlich musste er an den Tag denken, an dem das Ungeheuer aufgetaucht war. Er empfand dasselbe Gefühl der bodenlosen Verzweiflung, als sei alles verloren, als sei das Kabel gerissen und sie alle in freiem Fall.
    »Das sind keine Leute«, entgegnete

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