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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Sonne versank hinter den Bäumen und sprenkelte das Gras mit Schatten. Der helle Himmel verdunkelte sich zu einem transparenten Aquamarinblau. Noch immer hatte die Luft Badewassertemperatur. Josh schlief auf dem Quadrat ein, das er eigentlich hätte verteidigen sollen, und streckte sich über eine ganze Reihe aus. Eliot äffte Janet nach und Janet tat so, als würde sie wütend. Alice zog die Schuhe aus und planschte mit den Füßen in einem derzeit nicht umkämpften Wasserquadrat. Ihre Stimmen stiegen empor und verloren sich im Sommerlaub. Der Wein war fast ausgetrunken und die leeren Flaschen dümpelten in den Zinkeimern, in denen das Wasser lauwarm geworden war. Eine ertrunkene Wespe schwamm darin herum.
    Alle taten so, als würden sie sich zu Tode langweilen, und vielleicht war das auch so, aber für Quentin galt das nicht. Er war unerwartet glücklich, obwohl er es instinktiv für sich behielt. Er war so erfüllt von Freude und Erleichterung, dass er kaum atmen konnte. Wie ein Gletscher, der sich allmählich zurückzog, hatte die Heimsuchung des Ungeheuers große Veränderungen hinterlassen; eine wüste, düstere, unwirtliche Landschaft war unter dem Eis zum Vorschein gekommen. Aber inzwischen sprossen wieder die ersten grünen Triebe aus der Erde. Foggs idiotischer Welters-Plan hatte tatsächlich funktioniert. Die graue Trostlosigkeit, die das Ungeheuer über die Schule gebracht hatte, verzog sich allmählich und das Leben wurde wieder exotisch und wundervoll. Sie durften wieder Teenager sein, jedenfalls noch für eine kleine Weile, und es war richtig so. Quentin fühlte sich, als sei ihm vergeben worden, obwohl er nicht recht wusste, von wem.
    Quentin stellte sich vor, wie sie von oben betrachtet wirken würden, wenn zum Beispiel jemand von einem tief fliegenden Flugzeug oder einem lenkbaren Luftschiff aus auf sie herabblickte: fünf junge Leute, verstreut über das ordentliche kleine Welters-Spielfeld auf dem Campus ihrer geheimen, exklusiven magischen Enklave, ihre fernen Stimmen leise und unverständlich. Für wie zufrieden und in sich selbst ruhend musste dieser Beobachter sie halten! Und der Beobachter hätte recht. So war es tatsächlich.
    »Ohne mich«, stellte Janet erneut voll grimmiger Schadenfreude fest, während sie sich mit dem Handballen die Lachtränen abwischte, »würdet ihr vollkommen untergehen!«
     
    Während Welters Quentin zu neuer Ausgeglichenheit führte, stellte es Josh vor ein ganz neues Problem. Sie trainierten den ersten Monat des Semesters hindurch, und Quentin gewann immer mehr an Sicherheit. Es ging gar nicht so sehr darum, die richtigen Zaubersprüche oder die Strategie zu beherrschen, obwohl beides durchaus grundlegend war. Doch am wichtigsten war es, die Zaubersprüche genau im richtigen Moment zu äußern – es ging um dieses Gefühl der Macht, das irgendwo tief in der Brust saß und das einen Zauber stark, vital und wirksam machte. Was immer es war – man musste fähig sein, in dem Augenblick darauf zurückzugreifen, wenn man es brauchte.
    Doch Josh wusste nie, was er finden würde. Einmal beobachtete Quentin ihn, wie er mit Eliot um die beiden Metallquadrate auf dem Feld konkurrierte. Sie bestanden aus oxydiertem, silbrigem Material – das eine aus Silber, das andere aus Palladium, was immer das sein mochte – mit feinen, verschnörkelten Linien und winzigen, eingravierten Wörtern in Kursivschrift. Die Metallquadrate waren Joker: Auf ihnen war praktisch jeder Spruch erlaubt.
    Eliot hatte sich für einen ziemlich simplen Zauber entschieden, der eine sanft glühende Kugel entstehen ließ. Josh versuchte einen Gegenspruch, den er halbherzig murmelte, begleitet von ein paar angedeuteten Bewegungen mit seinen dicken Fingern. Wenn er zauberte, wirkte es stets, als sei ihm irgendetwas peinlich, als glaube er nicht recht daran, dass seine Formeln tatsächlich funktionierten.
    Doch als er endete, verdüsterte sich der Tag und wurde sepiabraun, als seien Wolken aufgezogen oder als begönne eine Sonnenfinsternis.
    »Was ist das denn?«, fragte Janet und blickte mit zusammengekniffenen Augen hoch zum Himmel.
    Josh hatte das Quadrat erfolgreich verteidigt – er hatte Eliots Irrlicht abgewehrt –, aber er war dabei zu weit gegangen. Irgendwie hatte er das Gegenteil des Irrlichts erschaffen, ein schwarzes Loch: Er hatte einen Abfluss in den Nachmittag geboxt, in den das Tageslicht strudelnd hineingesogen wurde. Die fünf Physiker versammelten sich im bernsteinfarbenen Licht,

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