Fillory - Die Zauberer
um das Schauspiel zu beobachten, als sei es ein ungewöhnlicher, vielleicht giftiger Käfer. Quentin hatte so etwas noch nie gesehen. Es war, als hätte irgendwo jemand ein schweres Gerät eingeschaltet, das alle Energie fraß und die Beleuchtung auf der ganzen Welt zum Schwinden brachte. Ein lokaler Lichtausfall.
Josh schien als Einziger unbeeindruckt.
»Was sagt ihr jetzt?« Er führte einen unbeholfenen Siegestanz auf. »Was? Was sagt ihr jetzt zum alten Josh?«
»Wow!«, sagte Quentin und wich einen Schritt zurück. »Was ist das, Josh?«
»Keine Ahnung, ich habe nur ein bisschen mit den Fingern gewackelt und schon …« Er wedelte mit den Fingern vor Eliots Gesicht herum. Eine leichte Brise kam auf.
»Okay, Josh«, sagte Eliot. »Du hast mich geschlagen. Und jetzt mach es wieder zu.«
»Reicht dir das? Oder ist das zu real für dich, magischer Überflieger?«
»Im Ernst, Josh«, wandte Alice ein. »Bitte lass dieses Ding wieder verschwinden, es macht uns Angst.«
Inzwischen war das ganze Spielfeld in düsteres Zwielicht getaucht, obwohl es erst zwei Uhr nachmittags war. Quentin konnte nicht direkt in das Loch über dem Metallquadrat blicken, aber die umgebende Luft sah wellig und verzerrt aus, das Gras dahinter weit weg und verschwommen. Darunter, in einem perfekten, wie mit einem Zirkel gezogenen Kreis, standen die Grashalme kerzengerade aufrecht, wie grüne Grassplitter. Der Wirbel trieb träge zu einer Seite, in Richtung Spielfeldrand, und eine nahe Eiche neigte sich mit einem monströsen Krachen ganz allmählich in seine Richtung.
»Josh, hör auf mit dem Mist!«, brüllte Eliot. Joshs Triumph war abgeflaut. Nervös betrachtete er sein Werk.
Der Baum ächzte und stand bereits gefährlich schief. Wurzeln zerrissen unter der Erde. Es klang wie gedämpfte Gewehrschüsse.
»Josh! Josh!«, schrie Janet.
»Schon gut! Schon gut!« Josh radierte den Zauber aus und das Loch im Raum verschwand.
Er sah blass, aber bedauernd, ja ärgerlich aus: Sie hatten ihm den Spaß verdorben. Schweigend standen sie im Halbkreis um die halb umgestürzte Eiche herum. Einer ihrer längsten Äste berührte fast den Boden.
Dekan Fogg organisierte sich eine ganze Reihe von Welters-Wochenend-Turnieren, die in einer Schulmeisterschaft am Ende des Semesters gipfelten. Zu ihrer Überraschung gewannen die Physiker die meisten Spiele. Sie schlugen sogar die snobistische, angeberische Psychogruppe, die üblicherweise Mängel in ihrem magischen Können durch prophetische strategische Instinkte wettmachte, die sie mit beinahe nachtwandlerischer Sicherheit einsetzte. Ihre Erfolgssträhne dauerte den ganzen Oktober hindurch an. Ihre einzigen ernsthaften Gegner waren die Botaniker, die trotz ihres pazifistischen Waldgeister-Ethos’ nervtötend überehrgeizig waren, wenn es um Welters ging.
Nach und nach schwand die Atmosphäre wohltuender Geistesverwandtschaft dahin, in dem Maße, wie die Nachmittage kälter und kürzer wurden und die Anforderungen des Spiels mit ihrem ohnehin schon erdrückenden Arbeitspensum kollidierten. Nach einer Weile wurde Welters zu einer Pflicht, wie alles andere auch, nur weniger bedeutsam. Je desinteressierter Quentin und die anderen Physiker wurden, desto heftiger und entschiedener ging Janet das Spiel an und desto weniger erreichte sie mit ihrer Antreiberei. Sie konnte nichts dafür, es lag einfach an ihrem neurotischen Bedürfnis, alles rund um das Spiel zu kontrollieren. Doch das machte es für die anderen nicht weniger lästig. Theoretisch hätten sie die Sache beenden können, in dem sie ein Turnier verloren – eines hätte genügt –, aber das taten sie nicht. Niemand hatte das Herz beziehungsweise den Mumm.
Leider verursachte Joshs Unbeständigkeit immer wieder Probleme. Am Morgen des letzten Spiels der Saison tauchte er gar nicht erst auf.
Es war ein Samstagmorgen Anfang November und sie spielten um die Schulmeisterschaft, die Fogg überschwänglich den »Brakebills Cup« getauft hatte, obwohl bisher noch kein Pokal existierte, der diesen Namen verdiente.
Auf dem Rasen rund um das Welters-Spielfeld war eine unüberdachte, zweireihige Holztribüne aufgebaut worden, die streng festlich wirkte und an alte Wochenschau-Aufnahmen von Fußballspielen erinnerte. Wahrscheinlich hatte sie jahrzehntelang in nummerierte Einzelteile zerlegt in einem unsäglich verstaubten Lager gelegen. Es gab sogar eine VIP-Tribüne, auf der Dekan Fogg und Professor Van der Weghe saßen. Die Dozentin trug rosa
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