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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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sei er kürzlich vom Blitz getroffen worden. »Aber das ist wirklich ein sehr guter Lokalisierungsspruch. Sehen Sie noch einmal nach.«
    »Tut mir leid, ich sehe nichts.«
    »Ganz recht. Und wo auf dem Campus wirkt noch nicht einmal ein sehr guter Lokalisierungsspruch?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Sein Unwissen sofort zuzugeben war die schnellste Art, etwas aus einem Brakebills-Dozenten herauszubekommen. »Versuchen Sie es in der Bibliothek.« Professor Brzezinski schloss wieder die Augen, wie ein altes Walross, das es sich auf einem sonnigen Felsen gemütlich macht. »In diesem Raum schwirren so viele Suchzauber herum, dass man rein gar nichts mehr findet.«
    Quentin hatte bis dato nur wenig Zeit in der Brakebills-Bibliothek verbracht. Kaum einer tat das, wenn er es irgendwie vermeiden konnte. Die Studierenden hatten im Laufe der Jahrhunderte derart aggressive Sprüche angewandt, um die benötigten Bücher zu finden und sie dann wieder vor rivalisierenden Kommilitonen zu verbergen, dass das ganze Gebiet für Magie praktisch undurchdringlich geworden war und einer Zaubertafel glich, so oft überschrieben, dass man nichts mehr entziffern konnte.
    Schlimmer noch: Einige der Bücher waren längst nicht mehr sesshaft. Im neunzehnten Jahrhundert hatte ein hochromantischer Bibliothekar von einer Bibliothek geträumt, in der die Bücher von selbst wie Vögel von Regal zu Regal flatterten und sich aus eigener Kraft spontan reorganisierten, wenn nach ihnen gesucht wurde. In den ersten Monaten musste der Effekt ziemlich dramatisch gewesen sein. Eine Darstellung der Ereignisse hatte als Wandgemälde hinter dem Ausgabeschalter überlebt. Großformatige Atlanten schwebten wie Kondore durch die Luft.
    Doch leider erwies sich das System als überaus unpraktisch. Schon allein der Verschleiß der Folianten durch das Knicken der Rücken kostete ein Vermögen und außerdem erwiesen sich die Bücher als furchtbar ungehorsam. Der Bibliothekar hatte sich vorgestellt, dass ein Buch auf seiner Hand landen würde, wenn er nur seinen Titel oder seine Signatur aufrief, aber dafür waren sie viel zu eigenwillig. Einige erwiesen sich sogar als raubgierig. Der Bibliothekar wurde alsbald ersetzt, und sein Nachfolger hatte alle Hände voll damit zu tun, die Bücher wieder zu domestizieren. Doch bis heute gab es Streuner unter ihnen, besonders in der Abteilung Schweizer Geschichte und Historische Architektur 300 – 1399, die dickköpfig unter der Decke herumflatterten. Ab und zu erhob sich sogar eine ganze Unter-Unterabteilung, die man längst gezähmt glaubte, unter ohrenbetäubendem Rascheln in die Lüfte.
    Daher war die Bibliothek meistens leer, und es war nicht schwer, Josh in einem Erker im zweiten Stock zu entdecken. Er saß an einem kleinen quadratischen Tisch; ihm gegenüber ein großer, fast skelettartig dünner Mann mit scharf hervortretenden Wangenknochen und einem schmalen Schnurrbart. Der Mann trug einen schwarzen Anzug, der an ihm herumschlackerte. Er sah aus wie ein Bestatter.
    Quentin erkannte den dünnen Mann: Es war der Hausierer, der ein-, zweimal im Jahr mit seinem Holzdekor-Kombi in Brakebills auftauchte, den Laderaum voller Truhen und Koffer, die bis obenhin mit einer bizarren Kollektion an Talismanen, Fetischen und Reliquien gefüllt waren. Niemand mochte ihn besonders, aber die Studierenden tolerierten ihn, wenn auch nur, weil er unfreiwillig komisch war und die Dozenten ärgerte, die immer wieder kurz davorstanden, ihn dauerhaft zu verbannen. Er selbst war kein Zauberer und konnte den Unterschied zwischen mächtigen Gegenständen und Müll nicht erkennen, aber nahm sich und seine Ware äußerst wichtig. Sein Name war Lovelady.
    Er war kurz nach dem Zwischenfall mit dem Ungeheuer wieder aufgetaucht und einige der jüngeren Studierenden hatten ihm Talismane abgekauft, mit denen sie sich bei einem neuen Angriff schützen wollten. Aber Josh war nicht so gutgläubig. Hatte Quentin zumindest bis jetzt gedacht.
    »Hey!«, sagte Quentin, aber als er sich ihnen näherte, stieß er sich den Kopf an einer unsichtbaren Barriere. Was immer es ein mochte: Es war kühl und es quietschte wie sauberes Glas. Außerdem war es schalldicht. Quentin konnte sehen, wie sich die Lippen der beiden bewegten, hörte aber keinen Laut.
    Dann entdeckte ihn Josh. Er wechselte rasch ein paar Worte mit Lovelady, der Quentin einen Blick über die Schulter zuwarf. Lovelady wirkte zwar nicht erfreut, griff aber nach einem Gegenstand, der wie ein schlichtes,

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